Fünf-, sechs-, siebentausend. Der Drehzahlzeiger zittert, das Saugrohr hechelt, der Motor plärrt, doch noch immer keine Aufforderung zum Gangwechsel. Und noch immer Schub. Erst bei 7250/min erstrampeln die Kolben des Zweiliters im $(LB337687:Renault Clio Sport)$ ihre volle Leistung. 197 Pferde liegen an, drohen gegen den Begrenzer zu rennen. Jetzt mahnt die Schaltanzeige. Zaghaft flackert ein Lämpchen, bettelt schüchtern nach einem Riss am Schaltstock, um die johlende Drehorgel ohne spürbare Zugkraftunterbrechung vor die nächste Übersetzung zu spannen. Großes Saugmotor-Entertainment in Regionen, die Kleinwagenfahrer eigentlich nur vom Hörensagen kennen. Drehzahlen um 7000 plus würden den zwangsbeatmeten Vierzylindern in Mini Cooper S, $(LB219811:Opel Corsa OPC)$ und $(LB389331:VW Polo GTI Cup Edition)$ wohl Kurbelwelle, Pleuel und Kolben zu Metallgehacktem verwursten. Stattdessen lauern fleischige Drehmomentpakete nur eine Zehenbewegung vom Standgas entfernt. Kraft bündeln statt zu dehnen, lautet das Credo der Laderfraktion. Turbo oder Freisauger? Welcher sticht im Spaßquartett?

Erst in höheren Drehzahlen wird der Renault richtig munter

Renault Clio Sport R27
Wacht über 5000 Touren erst richtig auf: der Renault Clio Sport.
Leistungsmäßig vermag keiner der Turboknilche dem Clio die Spitzentrumpfrolle abzujagen. Kein Grund für Starallüren: Vor allem im Alltag, beim Rushhour-Gewusel grummelt der Zweiliter eher diskret dahin. Flink, reaktiv, aber nicht euphorisch. Erst jenseits der Ortstafeln, wenn er bei 5550/min seine 215 Newtonmeter freilegen darf, knackt er den Glückshormonspeicher. Und lässt Connaisseure französischen Automobilbaus an seiner Abstammung zweifeln. Keine Spur vom schwammigen Renault-Charakter: Gerade die Lenkung, beim Standard-Clio so aufreizend-sportlich wie Gérard Depardieu, attackiert schon um die Mittellage direkt, kommandiert proportional und umklammert Kurvenradien ebenso beharrlich wie die Recaroschalen den Pilotenkörper. Was bleibt, ist das wabbelige Schaltgefühl. Zwar stöpselt die Box die Ganganschlüsse so formschlüssig ineinander wie fabrikfrische Legosteine, beim schnellen Durchklicken verirrt man sich allerdings schon mal in den langen Gassen. Gleiches bemängelt der ebenfalls Recaro-geschalte Fahrer des 2100 Euro günstigeren Corsa OPC. Dabei lässt sich das langwegige Schalten aber noch leichter verschmerzen als der bügeleisengroße Knauf, der irgendwie nicht zur ansonsten eher feinmotorischen Auslegung passen will. Umso mehr darf der feiste 1,6-Liter beklatscht werden, aus dem ein Lader überaus saftige 192 PS presst – das ist eine Literleistung knapp unter Porsche-Turbo-Niveau.

Das Turboloch ist dem Mini gänzlich unbekannt

Mini Cooper S
Gewinner unter der Haube: Der Mini wird vom "Motor des Jahres" befeuert.
Und der nach einem zögerlichen Hopser über sein Turboloch vorwitzig in die Lenkwinkel fummelt, zugleich aber die Opel-Besatzung zwischen 1980 und 5850/min vehement ins fein vernähte Lederimitat presst. Ein Kunststück, das der 1,8-Liter im Polo GTI der Cup Edition seit Jahren beherrscht. Verglichen mit dem Jungdynamiker im Opel, erscheint er wie der Franz Beckenbauer der Turbo-Vierzylinder. Dauererfolgreich, sportlich kompetent, meinungsbildend. 180 PS und maximal 235 Newtonmeter wirken auf die Nutzer der schaumgummiweichen Karositze jedenfalls so überzeugend wie ein Plädoyer des "Kaisers" auf die Bayernfans. Trotzdem schwingen mittlerweile andere das Zepter. Solche wie der 1,6-Liter-Vierzylinder des Cooper S. Mittels Overboost schaufelt dessen Twin-Scroll-Lader zwischen 1600 und 5000/min bis zu 260 Newtonmeter auf die wahlweise mechanisch gesperrte Vorderachse. Scheinbar immun gegen physikalische Trägheitsgesetze, beginnen die beiden Turbinenräder standgasnah zu rotieren, wirbeln den Kultbriten, zart mit den Gummis pfeifend, aber kraftschlüssig nach vorn. Um in Tateinheit mit seinem doppelflutigen Laderrohr Geschichten über klaffende Turbolöcher geradewegs ins Reich der Fabeln zu verfrachten. Dass das 174 PS starke Gemeinschaftsprodukt zwischen BMW und Peugeot völlig zu Recht den Titel "Motor des Jahres" einheimste, reibt er seinen PS-üppigeren Rivalen jedenfalls Sprint für Sprint unter die Nase.
Für amouröse Zuwendungen ist so viel Technikperfektion aber gar nicht vonnöten: Der Mini, ganz gleich ob als One oder Cooper S, ist der Star vom Boulevard. Possierlich, knuddelig, ein rollendes Schoßhündchen mit starkem Retro-Einschlag. Wobei vom einstigen Mini-Gedanken des leichtgewichtigen Kurvenwuselers angesichts der 1206 Kilo Ruhelast – sein Urahn wog die Hälfte – nur die kompakten Abmessungen geblieben sind. Während man bei Opel mit dem aggressiv zugespitzten, retroresistenten OPC-Overall Zukunft musiziert, wurzelt auch der Stammbaum des Clio in der sportlichen Markentradition. Pausbackig, mit breiter Spur, kokettiert er optisch mit dem Renault R5 Turbo der frühen Achtziger, jenem einzig zu Homologationszwecken erschaffenen Kleinwagenmonster mit hemmungslos aufgeladenem Heckmittelmotor und Hinterradantrieb. Und erinnert so an Zeiten, zu denen Volkswagen und Sportautos so viel verband wie Wolfsburg mit Monte Carlo. Die Buchhalteraura ist mittlerweile aber ebenso weitestgehend aus den Köpfen verschwunden wie Vokuhila-Frisuren, Yps-Heftchen und Rubikwürfel. Geblieben ist indes die VW-typische Alltagskompetenz. Mit 23.275 Euro happig ins Portemonnaie langend, kursiert der Polo GTI als Cup Edition gekonnt im Spannungsfeld zwischen Markenpokalcharme und Pragmatismus.
Wo er mit logisch platzierten Schaltern und Reglern selbst Neuwagennovizen unterfordert, verkomplizieren seine Konkurrenten Selbstverständliches: Da verschachtelt Opel die Klimaaktivierung im Infotainment-Submenü. Renault stutzt Blinker- und Scheibenwischerhebel, überfrachtet die stummeligen Überbleibsel. Und der Mini verwirrt mit seiner fragilen Dreh-Drück-Schiebe-Pipette, die den aus BMW-Modellen bekannten Aluknopf poppig ersetzen soll, sogar iDrive-Routiniers. 
Den kompletten Vergleich mit allen Tabellen gibt es im Heftarchiv als pdf. Wie das Duell der vier potenten Kleinen ausgegangen ist, erfahren Sie oben in der Bildergalerie.

Von

Stefan Helmreich