Wer zu spät kommt, den bestraft der Kunde. Und der kauft bisher Peugeot 2008, Renault Captur oder einen Seat Arona. Bei diesen kleinen Hochsitzen, die immer beliebter werden, hatte VW lange nichts zu bieten. Bis zum T-Roc, diesem modischen Grenzgänger irgendwo zwischen SUVs und Kompakten. Aber kaum hat die VW-Kundschaft den ungewohnten Namen gelernt, da kommt schon der nächste T-Bindestrich um die Ecke: Der T-Cross wurde Ende Oktober 2018 vorgestellt und drängt sich ab April 2019 im Showroom zwischen die vertrauten Volkswagen. Das wird rappelvoll. Treten sich die Neuheiten etwa gegenseitig auf die Füße?

Bei den Abmessungen tun sich T-Roc und T-Cross nicht viel

VW T-Cross
Von wegen Respektabstand: Der T-Cross ist nur eine Handbreit kürzer als der große Bruder T-Roc.
Bestimmt, wenn man allein die Abmessungen betrachtet. Der neue T-Cross wahrt keinen Diskretionsabstand, sondern ist mit 4,11 Meter Länge nur eine Handbreit kürzer als der T-Roc. Und die Breite? Oder Höhe? Alles Unterschiede im Millimeterbereich, da werden die Verkäufer ganz schön um Worte ringen müssen. Und sicher auf das "individuelle Design" der beiden verweisen: hier der größere T-Roc mit kräftigeren Radhäusern und der höheren Gürtellinie, dort der T-Cross im Stil eines Tiguan XS mit seiner bulligen Nase, den höheren Fenstern und einem breiten Reflektorband quer übers Heck. Mag ja alles sein, aber frisch, anders und für VW ungewohnt muskulös sind sie beide. Sie wollen halt als SUV durchgehen. Das gelingt dem kleineren T-Cross beim Einsteigen überzeugender, denn der Fahrer nimmt ein paar Zentimeter höher Platz als im T-Roc, peilt nach vorn über die breite, hohe Haube und freut sich über angenehme Rundumsicht.
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Nur beim Kofferraum überragt der T-Roc den T-Cross

VW T-Cross
Vorteil T-Cross: Beim Raumgefühl liegt das kleine VW-SUV eindeutig vorne – der T-Roc wirkt enger.

Der Neuling hat sogar ein ordentliches Heckfenster! Wer sagt denn, dass moderne SUVs immer so kleine Schießscharten haben müssen? Dieses gedrückte, coupéartige Raumgefühl wartet eher im T-Roc. Gefühlt hat der Große kaum mehr Platz, nur sein Kofferraum (445 bis 1290 Liter) fasst eine Tasche mehr (385 bis 1281 Liter). Sagen wir mal so: Der T-Cross ist ein größerer Polo, der T-Roc ein kleinerer Golf. So treffen sich die beiden VW fast in der Mitte, was auch fürs Interieur gilt: Dort regiert Wolfsburger Knauserbarock. Praktisch, leicht zu bedienen, alles akkurat eingepasst. Aber das Plastik ist grundsätzlich hart, wohin man auch greift. Sind freundlichere, weiche Kunststoffe nur den etablierten Modellen vorbehalten? Führt VW mit den modischen SUVs eine neue Abspeckklasse ein? Den Fehler, an der Qualität sparen zu wollen, hat BMW schon bei den ersten X1 und X3 gemacht, um ihn später aufwendig zu korrigieren.
Der Griff ins große, weite VW-Regal beschert dem T-Cross jedenfalls modernste Technik, auf Augenhöhe mit dem T-Roc. Serienmäßig fahren im T-Cross 16-Zoll-Stahlräder mit, Radio, die verstellbare Rückbank und Fahrhilfen von Fußgängererkennung bis zum Spurhalte- oder Ausparkassistenten. Die nächsthöhere Version Life bringt etwa Klimaanlage, Aluräder oder Einparkhilfe mit, das Topmodell Style schließlich LED-Scheinwerfer und Sportsitze.

Im Innenraum geht es auf Wunsch farbig zu

VW T-Cross
Nicht zu bunt: Wer möchte, kann farbige Dekors ordern – der deutsche Kunde mag es aber eher grau.
Vergessen wir also die angestaubten Trend- bis Comfortlines, der T-Cross übernimmt vom T-Roc die neue Level-Staffel. Zu den Grundversionen kann der Kunde Design- und R-Pakete dazubestellen, unser Fotoauto in "Makena Türkis" trägt außen R-Line: von gleichfarbigen 18-Zoll-Rädern bis zum Zacken im vorderen Kotflügel. Auf Wunsch ziehen farbige Dekors ins Auto, doch mit solchen Experimenten haben früher schon Toyota RAV4 oder Audi A1 Schiffbruch erlitten. Im Zweifel ordern deutsche Kunden lieber Grau und Schwarz und sind, ähm ... sorry, älter, als es die Werbung weismachen will. Es ist eher der T-Roc, der noch auf die farbenfrohe jüngere Klientel zielt, dort ist das farbig abgesetzte Dach zu bekommen, das VW im kleineren T-Cross gestrichen hat. So wenig die beiden VW bei Platz und Protz unterscheidet, bei der Power rangiert der Große standesgemäß eine halbe Etage höher. Der T-Roc leistet mindestens 115 PS als Diesel oder Benziner, reicht derzeit hinauf bis 190 PS und hält für die stärksten Versionen Allrad bereit – nicht für Offroad-Ausflüge, die sich bei der geringen Bodenfreiheit dieser Möchtegern- SUV verbieten, sondern auch später für stärkere Motoren bis zu 300 PS.
Den 4Motion wird der T-Cross nie bekommen. Er basiert auf dem Polo, daher startet der kleinere Hochbeiner schon mit 95 PS als Benziner oder Diesel. Zum Händlerdebüt im April ist bei 115 PS Schluss, Ende 2019 folgt ein 150 PS starker Benziner. Vielleicht setzt VW die 200 PS wie im Polo GTI obendrauf. Reicht doch, wenn die Preise so viel günstiger ausfallen, wie es im Moment aussieht: Zum Verkaufsstart geht es bei 17.975 Euro los – der T-Roc (mit 115 PS) kostet in der Basis 2425 Euro mehr. Gut möglich, dass spätes Kommen sich doch noch auszahlt.

Fazit

von

Joachim Staat
Der T-Cross will der praktische Hochbeiner bei den kompakten VW sein: ähnlich geräumig, sicher und flott wie der T-Roc, dafür variabler und günstiger. Da bleibt dem Größeren nur die Rolle als modische Golf-Alternative.

Von

Joachim Staat