Früher war alles anders. Sogar das Tempo. 200 km/h – das war wie eine Schallmauer! Die wenigsten Autos schafften es. Und überhaupt: maximal im tempofreudigen Deutschland, eine exklusive Sache für Linke-Spur-Fahrer. Außerdem ein Psycho-Ding mit Garantie auf schwitzige Hände, moralisch bedenklich und – da gibt's nix zu deuteln – tatsächlich gefährlich.

200 km/h sind längt keine magische Grenze mehr

VW Golf
Solide: Auch ein Golf 1.5 TSI schiebt seine Nase mit bis zu 216 km/h durch den Wind – und strengt kaum an.
Heute ist das anders. Zumindest aus technischer Sicht. Aktuelle Autos leisten – im Durchschnitt aller Neuwagen – rund 140 PS. Schnipps, schon fliegt der Zeiger auf 200. So etwas schaffen inzwischen sogar Kleinwagen (etwa der 230 km/h schnelle Opel Corsa OPC). Selbst Busse (ein VW T6 2.0 TDI schafft 203 km/h) knacken die magische Grenze quasi im Vorbeirauschen. Dennoch: So viel Tempo bleibt eine heikle Sache. Auch wenn in Sachen Motorleistung die linke Spur meist kein Problem ist, die Physik heizt immer noch mit. Windwiderstand, Bremsen, Spurtreue, Reaktionsvermögen des Fahrers – Tempo 200 muss ungleich zuverlässiger beherrscht sein als Richtgeschwindigkeit. Schließlich legt ein Fahrzeug bei 200 km/h in einer Sekunde 19 Meter mehr Strecke zurück als bei 130 km/h.

Nicht jeder Testkandidat kommt mit hohem Tempo gut zurecht

Porsche 911 Turbo S
Fahrmaschine: Dass ein Porsche 911 Turbo S die 200 km/h ganz locker beherrscht, ist keine Frage.
Uns interessiert in dieser Story, was mit Autos bei 200 Sachen so alles passiert. Macht das Tempo der Technik zu schaffen? Wie fühlt sich der Fahrer? Und: Was kostet der Spaß – die Umwelt und an der Tankstelle? Wir haben zehn Typen über die Bahn gescheucht. Vom Gebrauchten (Mercedes C 180 K mit 420.000 Kilometer Laufleistung) bis zum Supersportler (580 PS starker Porsche 911 Turbo S) mussten die Kandidaten Erkenntnisse über den Verbrauch, die Lärmentwicklung oder auch das Bremsvermögen liefern. Nicht allen Typen haben wir das gesamte Messprogramm zumuten wollen oder können. Unsere alte, weiße C-Klasse durfte ihre betagten Bremsen schonen. Der mächtige Dodge Ram Pick-up ist vom Hersteller aus Sicherheitsgründen auf 195 km/h eingebremst. Und die V-Klasse von Mercedes hat es auf unserer 2,6 Kilometer langen Testbahn schlicht nicht geschafft, auf 200 km/h zu beschleunigen.
So haben wir getestet: Vollbremsung aus 200 km/h, Lärmentwicklung und der Verbrauch bei diesem Tempo – das sind die wichtigsten Kriterien, die wir geprüft haben. Weitere Werte: Die zehn Kandidaten mussten auch ihr Beschleunigungsvermögen unter Beweis stellen. Außerdem haben wir anhand satellitengestützter Technik die Tachoabweichungen geprüft sowie die im jeweiligen letzten Gang erreichten Drehzahlen des Motors erfasst. Neben der Sprintprüfung haben wir zudem die Dauer der Zwischenspurts von Tempo 130 auf 200 ermittelt. Subjektive Aspekte unseres Tests: Geräuschempfinden und Geradeauslauf.
Wie unsere zehn Testkandidaten abgeschnitten haben, erfahren Sie in der Bildergalerie.

Fazit

Mit Schmackes auf der linken Spur – klar, politisch nicht korrekt. Wir wollten jedoch wissen: Wie sicher oder unsicher ist das? Fest steht: Tempo 200 ist heute problemlos machbar. Ob es sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt.

Von

Berend Sanders