E-Auto: Winter, Reichweite, Akku
Diese E-Autos verlieren im Winter am wenigsten Reichweite
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Im Winter sinkt die Reichweite von Elektroautos – bei einigen wenig, bei anderen rapide. Woran das liegt, welche E-Autos bei Kälte am weitesten kommen und Tipps für mehr Reichweite!
Bild: Toni Bader / AUTO BILD
Inhaltsverzeichnis
- Wie stark sinkt die Reichweite von E-Autos im Winter?
- Der weltweit größte Elektroauto-Test
- Mega-Test von Recurrent Auto
- Wintertests von ADAC und AAA
- Warum schrumpft die Reichweite von E-Autos im Winter?
- Nebenaggregate und Heizung kosten Reichweite
- Wärmepumpe belastet den Akku weniger
- Tipps für mehr Reichweite im Winter
● Elektroautos verlieren im Winter wegen der Kälte an Reichweite. ● Schuld daran sind zusätzliche Nebenaggregate und vor allem die Heizung. ● Die Reichweitenverluste von E-Autos im Winter sind unterschiedlich groß. ● Eine Wärmepumpe kann bei kalten Temperaturen hilfreich sein.
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Jeder kennt es vom Smartphone: Batterien halten bei Kälte nicht so lange durch wie bei warmen Außentemperaturen. Das gilt natürlich auch für die Akkus von Elektroautos (so wird der E-Auto-Kauf gefördert). Nur: Wie stark sinkt die Reichweite von E-Autos im Winter bei niedrigen Temperaturen?
Der norwegische Automobilclub NAF (Norwegian Automobile Federation) und die Zeitschrift "Motor.no" haben mit 29 Elektroautos den "Verdens Storste Elbiltest" ("Der weltgrößte Elektroauto-Test") durchgeführt, über den auch das österreichische ADAC-Pendant ÖAMTC berichtete. In Norwegen, dem europäischen Vorzeigeland für E-Mobilität, wurden bei winterlichen Verhältnissen die Reichweiten-Differenzen zwischen Herstellerangaben, WLPT-Werten und den Ergebnissen in der Realität untersucht. Die Temperatur bewegte sich dabei zwischen 0 und minus 19 Grad Celsius.
Erschreckend: Bei den Modellen Mercedes EQE 300, Skoda Enyaq Coupé RS und Toyota bZ4x 2WD wurde ein Reichweitenverlust von über 33 Prozent gegenüber ihren offiziellen Angaben festgestellt. Insgesamt verloren rund drei Viertel der untersuchten Fahrzeuge mehr als ein Fünftel an Reichweite.

Der Tesla Model S schlug sich im Reichweiten-Test bei winterlichen Temperaturen gut.
Bild: Toni Bader
Gewinner war das chinesische E-SUV Maxus Euniq 6 (nicht in Deutschland angeboten), das unter winterlichen Bedingungen 317 statt wie angegeben 354 Kilometer weit kam, was einem realen Reichweitenverlust von rund 11 Prozent entspricht. Ebenfalls akzeptabel schnitten Tesla Model S Standard (-16,40 %), MG Marvel R (-16,76 %), MG 5 (-17,63 %), Kia EV6 GT (-17,69 %) und Tesla Model X Plaid (-18,23 %) ab.
Auch das auf Akku-Analysen spezialisierte US-Unternehmen Recurrent Auto hat sich die Batteriedaten von Tausenden Elektroautos im realen Alltagsbetrieb vorgenommen. Dabei kam heraus: E-Autos schaffen bis zu 32 Prozent weniger Reichweite bei Temperaturen unter null Grad.

Den besten Wert ermittelte Recurrent Auto für den Jaguar i-Pace: Bei Frost büßt sein Akku nur drei Prozent Reichweite ein.
Bild: Tobias Kempe / AUTO BILD
Am besten schlug sich dabei der Jaguar I-Pace: Sein großer Akku (95 kWh) verlor nur drei Prozent. Auch dem Akku des Audi e-tron blieb bei Temperaturen unter null Grad noch relativ viel Saft, er büßte acht Prozent ein. Referenzwert war die Reichweitenberechnung laut EPA, das US-Pendant zum WLTP.
Auch sehr gut: E-Autos von Tesla. Die vier analysierten Modelle (Model S mit 100-kWh-Akku, Model X mit 75-kWh-Akku, Model 3 Long Range mit 75-kWh-Akku und Model Y Long Range AWD) verloren im Test nur zwischen 15 und 19 Prozent Reichweite.
Am schlechtesten war das Ergebnis des Chevrolet Bolt: Er büßte bei Minusgraden fast ein Drittel (32 Prozent) seiner Reichweite ein. Doch auch der Ford Mustang Mach-E mit großem 99-kWh-Akku und der VW ID.4 sahen nicht gut aus, beide verloren 30 Prozent an Reichweite.
So schrumpft die Akku-Reichweite von Elektroautos bei Kälte
E-Automodell
Reichweitenverlust im Winter
Jaguar I-Pace
Audi e-tron
Tesla Model X (75D)
Tesla Model Y (LR AWD)
Tesla Model 3 (LR 75 kWh)
Tesla Model S (P100D)
Hyundai Kona
Nissan Leaf (62 kWh)
VW e-Golf (36 kWh)
BMW i3 (42 kWh)
Mustang Mach-E (AWD 99 kWh)
VW ID.4
Chevy Bolt
Kaum besser waren die Ergebnisse im Praxis-Test des ADAC: Dabei wurde eine 10 bis 30 Prozent kürzere Fahrstrecke bei Kälte festgestellt, im Extremfall auch mehr. Und im Test der American Automobile Association (kurz "AAA", das US-Pendant zum ADAC) büßten E-Autos im Winter sogar bis zu 41 Prozent ihrer Reichweite ein.

Der Nissan Leaf schnitt im Wintertest der AAA noch mit am besten ab. Er verlor bei Minusgraden "nur" 31 Prozent an Reichweite.
Bild: Daimler AG
Im Test mit fünf Autos errechnete die AAA 2019 den Durchschnitt des Reichweitenverlustes von BMW i3, Chevrolet Bolt (hierzulande Opel Ampera-e), Nissan Leaf, Tesla Model S 75D und VW e-Golf. Sie alle mussten sich auf einem Rollenprüfstand bei unterschiedlichen Wintertemperaturen beweisen. Bei minus sieben Grad Celsius zeigte sich die nachlassende Kapazität besonders.
Bei Temperaturen unter null Grad sank die elektrische Reichweite im AAA-Test um durchschnittlich zwölf Prozent, wenn die Innenraumheizung nicht eingeschaltet war. Mit aktivierter Heizung schrumpfte sie im Schnitt um 41 Prozent!
Im Vergleich verlor der BMW am meisten Reichweite, bei etwa minus sieben Grad Celsius und eingeschalteter Heizung kam er nur noch halb so weit (50 Prozent). Am besten schnitten Nissan Leaf und VW e-Golf ab, die nur 31 bzw. 36 Prozent verloren.
Da die Abwärme eines Verbrennungsmotors nach dem Start fehlt, zieht die elektrische Heizung Strom aus dem Akku, um den Innenraum für die Insassen aufzuwärmen. Etwas energiesparend wirkt da eine Wärmepumpe, aber auch die braucht Strom. Der Fahrakku muss ebenfalls beheizt werden, auch das kostet etwas Energie.
Nicht alle Elektroautos haben eine Wärmepumpe an Bord – und nicht alle haben einen großen Akku. Bei solchen Modellen kommt der grundsätzliche Nachteil des Elektroautos zum Tragen: Der Motor produziert nahezu keine Abwärme, sodass zum Heizen der Fahrakku belastet wird – Energie, die eigentlich für den Vortrieb reserviert ist.
Die Fahrzeugheizung zieht also Strom aus dem Akku: 1,5 bis 2 Kilowatt pro Stunde, je nach Fahrzeugtyp. Damit nicht genug, verbraucht auch die Fahrzeugelektronik mit Lade- und Batteriemanagement etc. permanent Strom, ca. 0,5 kWh. Front- und Heckscheibenheizung verbrauchen sogar etwa 0,8 kWh! Sind all diese Verbraucher aktiviert, kann ein 20-kWh-Akku ohne Wärmepumpe bereits nach einigen Stunden leer sein. Daher sollten Elektroautofahrer im Winter grundsätzlich sparsam mit zusätzlichen Verbrauchern wie Heckscheibenheizung, Musikanlage oder Gebläse sein.
Es gibt ein paar Tricks, mit denen die Reichweite von E-Autos im Winter gesteigert werden kann. Wer kann, sollte beispielsweise per App den Innenraum am Stromnetz hängend vorheizen. Ein Platz in einer warmen Garage tut natürlich auch der Reichweite gut, ebenso der richtige Fahrmodus und eine vorausschauende Fahrweise.
Und wer in einem E-Auto im Schnee stecken bleibt, braucht auch keine Angst zu haben: Die Heizung hält einen bei winterlichen Verhältnissen länger warm, als man denkt.
Tipps zum E-Auto-Fahren im Winter
Wie heizt man das E-Auto vor der Fahrt auf?
Am besten wärmt man den Innenraum schon vor Fahrtantritt am Ladekabel hängend auf. So senkt das Heizen die Reichweite eines Elektroautos nicht allzu sehr, weil man den Bordakku nicht mit der Heizleistung belastet. Das Auto holt sich dann die benötigte Energie aus dem Stromnetz. Tipp: Das Vorheizen oder Kühlen (im Sommer) am Stecker lässt sich meist per App oder Programmierung steuern. Das gilt auch fürs Schnellladen. Immerhin geht das Heizen schnell, weil keine Abwärme von einer Antriebskomponente benötigt wird.
Wann ist der beste Zeitpunkt, um im Winter den Akku zu laden?
Elektroautos der neuesten Generation haben ein Batteriemanagement, das für bestmögliche Ladebedingungen sorgt. Das bedeutet: Wird das E-Auto mit eiskaltem Akku an den Ladestrom gehängt, passiert erst mal nichts – der Akku wird nicht geladen, sondern der Ladestrom geht komplett in die Batterieheizung. Sie heizt den Akku auf und bereitet ihn damit aufs Laden vor. Erst bei optimaler Batterietemperatur beginnt der Ladevorgang. Insofern spielt es für die Gesundheit des Fahrakkus ("State of Health") keine Rolle, ob er vor dem Laden kalt oder durch eine vorherige Fahrt noch warm ist. Es spart lediglich Energie. Andererseits ist es nicht gut für den Akku, mit voller Ladung längere Zeit ungenutzt herumzustehen. Am besten: die Ladezeit programmieren, sodass der Energiespeicher unmittelbar vor dem Abfahren voll ist.
Warum sollte man E-Autos in einer Garage parken?
Wer kann, der sollte das E-Auto in der kalten Jahreszeit geschützt abstellen – dann friert es möglicherweise gar nicht oder zumindest nicht so stark zu. Das bedeutet wiederum, dass das Enteisen der Scheiben und das Heizen des Innentraums durch die Standklimatisierung nicht so lange dauert – das spart Energie aus dem Bord-Akku. Außerdem kühlt die Batterie weniger aus, somit ist die Energieausbeute höher – und folglich auch die Reichweite.
Was taugt besser zum Scheiben-Abtauen als die Lüftung?
Steht das E-Auto draußen, kann es bei nächtlichem Frost außen überfrorene und innen beschlagene Scheiben haben. Eiskratzen ist nur der erste Schritt: Bei einem Verbrenner würde man jetzt nach dem Losfahren die Lüftung und Heizung voll aufdrehen, um die Scheiben freizupusten. Beim E-Auto geht das natürlich auch, es verlangt aber einen hohen Energieaufwand zulasten der Reichweite. Besser: Die beheizbare Frontscheibe aktivieren – viele Elektroautos sind serienmäßig damit ausgestattet. So wird die Scheibe in kürzester Zeit frei, und es bleibt mehr elektrische Energie zum Fahren.
Warum ist die Sitzheizung besser als die Autoheizung?
Klimaautomatik, die Heizung für Sitze, Lenkrad, Außenspiegel und Scheiben – in der kalten Jahreszeit schaltet man nur allzu gern alles an, was das Wageninnere heizt oder für gute Sicht sorgt. Aber: Je mehr Verbraucher man zuschaltet, desto mehr reduziert sich die Reichweite des E-Autos. Schließlich zieht der Wagen die meiste Energie aus der Traktionsbatterie. Bei einem Auto, das abends noch 150 Kilometer Reichweite anzeigt, sind es nach erfolgreicher Klimatisierung schnell nur 100 Kilometer oder weniger. Tipp: Wenn Sie alleine fahren, aktivieren Sie lieber nur die Lenkradheizung und die Sitzheizung, statt die Autoheizung voll aufzudrehen. 19 Grad Innentemperatur reichen aus. Kommt die Autoheizung doch zum Einsatz, dann am besten im Umluftmodus.
Wie spart man mit dem Eco-Modus Energie?
Während der Fahrt sollte gerade im Winter die Belastung des Akkus so niedrig wie möglich gehalten werden. Tipp: Dafür ist der Eco-Fahrmodus am besten geeignet, denn durch die geringere Motorleistung reduziert sich der Verbrauch. Außerdem müssen so die Regelsysteme weniger oft eingreifen, was ebenfalls den Energiehunger des Autos reduziert.
Muss man im Stau Angst vor dem Erfrieren haben?
Auch bei einem längeren Stau im Winter besteht für E-Auto-Fahrer kein Grund zur Sorge. Ein ADAC-Versuch bewies, dass die Heizung eines E-Autos auch bei eisiger Kälte problemlos mehrere Stunden auf Wohlfühltemperatur laufen darf. Mit der 52 Kilowattstunden großen Batterie eines Renault Zoe Z.E. konnte man ungefähr 17 Stunden und mit den 32,3 kWh eines VW e-Up 15 Stunden ausharren. Tipp: Es ist immer sinnvoll, überflüssige Stromfresser abzuschalten, eine warme Jacke einer voll aufgedrehten Heizung vorzuziehen sowie Türen und Fenster nicht unnötigerweise zu öffnen.
Welche Sonderausstattungen eines E-Autos können helfen?
Manche Elektroautos haben eine Wärmepumpe im Ausstattungspaket. Sie verdichtet Kältemittel unter hohem Druck und produziert so Wärme, ohne die Batterie allzu sehr zu belasten. Und sie heizt beim Ansteuern einer Ladestation den Akku für einen optimalen Ladevorgang vor. Wie viel Reichweite man mit einer Wärmepumpe gewinnen kann, hängt von technischen Details ab. Als Daumenregel gilt: Mit einer Wärmepumpe reicht – gegenüber einer herkömmlichen Heizung– ein Drittel der Elektroenergie zum Heizen des Autos aus. Zudem kann nicht nur in einigen E-Autos die Heizung so reguliert werden, dass bei Alleinfahrten nur ein Platz im Cockpit beheizt wird.
Besteht die Gefahr, dass bei Winterkälte der Akku zusammenbricht?
Man kennt das vom Verbrenner: Nach einer kalten Nacht streikt oft die Starterbatterie. Kaputte Energiespeicher sind laut ADAC Jahr für Jahr die Pannenursache Nummer eins. Bei Fahrakkus von Elektroautos sieht die Sache jedoch ganz anders aus: Sie sind ungleich größer und daher erheblich widerstandsfähiger. Während eine durchschnittliche Starterbatterie weniger als 1 Kilowattstunde Kapazität hat, bringt es der Fahrakku des kleinen Dacia Spring auf 26,8 kWh, also mehr als das 27-Fache! Die Gefahr, dass ein E-Auto nach einer Frostnacht keinen Mucks mehr macht, ist also äußerst gering. Anders verhält es sich bei der Starterbatterie für E-Autos – denn die gibt es auch! Die 12-Volt-Batterie ist für klassische Systeme an Bord zuständig, z. B. für Zentralverriegelung und Innenbeleuchtung. Fällt sie aus, geht nichts mehr. Daher sollte man bei älteren E-Autos im Herbst diese Batterie checken lassen – also genau wie beim Verbrenner.
Wie kann ich außerdem Energie sparen?
Die Winterkälte kann die Akku-Kapazität erheblich kürzen. Umso wichtiger, mit der Energie auch beim Fahren sparsam umzugehen. Das bedeutet: im Verkehr mitschwimmen, indem man unnötige Überholmanöver und Beschleunigung vermeidet. Stattdessen fährt man vorausschauend. Stehen mehrere Fahrmodi zur Verfügung, aktivieren Sie den Eco-Modus. Der spart locker fünf Prozent Energie, indem er Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung begrenzt, die Rekuperation erhöht und die Heizleistung reduziert. Ein weiterer Aspekt: Wer im One-Pedal-Modus fährt, spart noch mehr Energie. Dieser Modus stellt die Rekuperation so hoch ein, dass das Bremspedal nur noch im Notfall bedient werden muss, weil das Auto durch die Rekuperationsbremse bereits stark verzögert wird. Dann fahren sie nur noch mit dem Gaspedal – und sobald sie den Fuß wegnehmen, lädt die Batterie per Rekuperation nach.
Wie lange hält mein E-Auto mich im Winter warm?
Es passiert regelmäßig im Winter: Schneechaos führt auch in Deutschland dazu, dass immer wieder Autofahrer für Stunden oder eine ganze Nacht auf der Autobahn ausharren müssen, bis die Straße vor ihnen freigeräumt wird. Für Verbrenner kein Problem, weil ja der Motor automatisch Abwärme erzeugt, die für die Heizung genutzt werden kann. Und E-Autos? Da sieht es nicht schlechter aus. Je nach Fahrzeugtyp benötigt die Heizung ein bis zwei Kilowatt pro Stunde, mit einer Wärmepumpe kann es unter 1 kW sein. Hinzu kommen maximal 0,5 kW für die Bordelektronik. Ein VW ID.3 Pro S hat 77 kWh nutzbare Batteriekapazität. Bei pessimistischer Schätzung könnte man also mehr als 30 Stunden im beheizten Auto verbringen, bis der Akku leer ist.
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