E-Fuels: Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid, Test, Chile, Herstellung
Wie fährt sich ein E-Fuel-betankter Porsche Panamera?

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Im Süden Chiles produziert ein Werk mit Porsche-Beteiligung E-Fuels aus grüner Windenergie. Wie gut fährt sich ein damit betankter Panamera? Und wieviel E-Fuel soll in Chile produziert werden? Hier der Report.
Bild: Porsche
Am Ende der Welt scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. In Patagonien, im Süden Chiles, führt das Wetter nicht nur innerhalb eines Tages alle vier Jahreszeiten vor, sondern zeigt sich auch die Natur von ihrer schönsten Seite. Doch auch hier werden die Folgen der Klimakrise bereits sichtbar.
Im Kampf gegen den Wandel, gegen CO2 und Erderwärmung, soll das Elektroauto Heilsbringer sein, ab 2035 sollen in der EU quasi nur noch Batterie- und Wasserstoffautos zugelassen werden. Doch gleichzeitig stellt sich die Frage: Was passiert mit den rund 1,3 Milliarden Autos mit Verbrennungsmotor, die es derzeit auf der Welt gibt? Stand heute sind sie vor allem eins: ein Problem. Sie brauchen ständig frisches Öl, das wir aus der Erde holen, und pusten immer mehr neues CO2 in die Luft.

Rund 70 Prozent aller jemals gebauten Porsche fahren noch, insgesamt gibt es 1,3 Milliarden Verbrenner auf der Erde. Mit E-Fuels betrieben würden sie zumindest kein "neues" CO2 mehr in die Atmosphäre pusten.
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Können E-Fuels die Mobilität sichern?
Die Antwort auf diese Frage könnte E-Fuels heißen und hier in Chile gegeben werden. In Punta Arenas, direkt an der Magellanstraße, die sich vorbei an unzähligen Inseln ihren rund 600 Kilometer langen Weg durch den lateinamerikanischen Kontinent bahnt, hat HIF eine E-Fuels-Fabrik gebaut. Sie soll Verbrenner vom Problem zum Teil einer Lösung machen – mit Kraftstoff aus Wind. Das noch junge Unternehmen HIF gehört zu fast drei Vierteln dem chilenischen Energieversorger AME, zwölf Prozent hält Porsche, ebenso viele Anteile hat sich der Energie-Kapitalinvestor EIG gesichert.
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Die Geschichte der E-Fuel-Fabrik liest sich wie die Gründung eines Start-ups: Ende 2018 meldet sich Rolf Schumacher, ein ehemaliger Siemens-Manager, den es 2008 nach Chile und vier Jahre später zu AME verschlagen hat, bei einem alten Studienfreund – der bei Porsche schafft. Der bringt ihn mit Karl Dums zusammen, damals für die Antriebsvorentwicklung verantwortlich, zu der auch die Betriebsstoffe gehören; Porsche tüftelt schon länger auch an alternativen Treibstoffen.
Dums und Schumacher treffen sich zum Lunch – und entwickeln mit der Zeit eine konkrete E-Fuels-Idee. Im Herbst 2021 erfolgt der Spatenstich für die Pilotanlage, kurz darauf wird das neue Unternehmen HIF gegründet. Gemeinsam mit weiteren Partnern wie Siemens Energy, Gasco und Exxon wird Haru Oni aufgebaut, Ende 2022 wird die Anlage offiziell eingeweiht.

Die E-Fuels-Fabrik Haru Oni liegt in Punta Arenas, tief im Süden, auf dem 53. Breitengrad. Die Straßen heißen hier "Fin delMundo" – und der Wind weht fast immer kräftig.
Bild: Porsche
Haru Oni, der Name der ersten eFuels-Fabrik, kommt aus den indigenen Sprachen Selk'nam und Tehuelche und bedeutet "windiges Land". Dass es hier windig ist, merkt man schon beim Anflug auf den kleinen Flughafen von Punta Arenas. Unsere Maschine wird ordentlich durchgeschüttelt, wackelt kurz vor dem Landen heftig mit den Flügeln.
Genau diesen Wind, der hier fast das ganze Jahr über stramm weht, nutzt Haru Oni, um Strom zu erzeugen. Strom, der für die Elektrolyse benötigt wird, die Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufspaltet. Im Grunde der umgekehrte Weg einer Brennstoffzelle, die, zum Beispiel im Toyota Mirai, aus Wasserstoff Strom und Wasser macht.
Von Wasserstoff zu E-Methanol zu E-Fuel
Dieser grün hergestellte Wasserstoff wird, mit CO2 vereint, zu Methanol; genauer gesagt E-Methanol, was die Herstellung aus Strom verdeutlichen soll. E-Methanol ist das Ausgangsmaterial, quasi das "grüne Rohöl", aus dem später E-Fuels für Autos, aber auch E-Kerosin für Flugzeuge hergestellt werden kann. Im Schiffsverkehr ließe sich E-Methanol sogar direkt einsetzen, die bisher genutzten Dieselmotoren können umgerüstet werden. Und auch für die chemische Industrie könnte es zum wichtigen Rohstoff werden.
Damit der Treibstoff im Auto verwendet werden kann, braucht es noch ein paar Schritte. MtG nennt sich das Verfahren, also Methanol-to-Gasoline, das das Methanol in Treibstoff umwandelt; zunächst in schweres und leichtes Benzin, nachbehandelt und neu gemischt in einen 93-Oktan-Kraftstoff; nach Zugabe diverser Additive kommt Sprit mit 97 Oktan heraus, der der DIN EN 228 entspricht – genau wie das Benzin, das wir heute schon an der Tankstelle zapfen. In der Haru-Oni-Anlage konzentriert man sich auf die Herstellung von Ottokraftstoff, mit leicht anderen Verfahren ist auch die Produktion von E-Diesel kein Problem.
So fährt der Porsche Panamera mit E-Fuel betankt
Der Beweis, dass die in Punta Arenas produzierten E-Fuels problemlos in jedem Ottomotor verbrannt werden können, ist Papaya-Orange und hat 571 PS. Den Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid, mit dem wir auf der Ruta del Fin del Mundo, auf der Straße zum Ende der Welt, und anderen Ausläufern der legendären Panamericana unterwegs sind, haben wir wenige Stunden zuvor bei Haru Oni mit künstlich hergestelltem Sprit betankt.

Tanken wie immer: E-Fuels lassen sich genauso handhaben wie herkömmliches Benzin oder Diesel.
Bild: Porsche
Die rund 50 Kilometer elektrische Reichweite sind auf unserer Fahrt nach Norden, in Richtung Torres-del-Paine-Nationalpark, schnell aufgebraucht, seither übernimmt der vier Liter große Achtzylinder im Bug den Vortrieb und schiebt uns gelassen brummend durch die Anden. Dass er kein klassisches Öl-Benzin, sondern E-Fuel verbrennt – genauer gesagt: ein Gemisch aus beiden, denn ganz leer war der Porsche an der Tankstelle nicht –, stört den V8 nicht im Geringsten.
Wer meint, im Fahrbetrieb auch nur den feinsten Unterschied spüren zu können, zu merken, dass der Benziner auch nur ein My weniger kraftvoll ans Werk ginge, der kann auch die Farbe von Buntstiften am Geschmack erkennen.
Schäden an den Leitungen oder Einspritzdüsen sind nicht zu befürchten
Genau darauf sind die E-Fuels-Macher so stolz: Der aus Wind, Wasser und CO2 hergestellte Sprit lässt sich genauso handhaben wie herkömmliches Benzin und beliebig damit mischen. Es braucht weder neue Motoren noch neue Tankstellen, und auch Schäden an den Leitungen, Ventilen oder Einspritzdüsen sind nicht zu befürchten.
Der einzige Unterschied: Aus dem Auspuff kommt nur das CO2 wieder raus, das zuvor bei der E-Methanol-Herstellung eingebracht wurde. Ein Kreislauf, der Autofahren ermöglicht, ohne die Welt mit zusätzlichem fossilen CO2 zu belasten.

Egal ob nur E-Fuels oder gemischt mit Benzin: Ottomotoren haben mit dem künstlichen Kraftstoff kein Problem.
Bild: Porsche
Klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Und in der Tat steckt die E-Fuels-Industrie erst in den Kinderschuhen. Mit Haru Oni will HIF demonstrieren, dass es funktioniert. Noch sind die Mengen allerdings überschaubar: Gerade mal ein Windrad mit 3,4 Megawatt Leistung steht auf der Anlage, noch läuft sie nicht rund, hat mit Müh' und Not die ersten 800 Liter für die kleine Panamera-Flotte ausgespuckt.
Wieviel E-Fuel wird in Haru Oni produziert?
Wenn im Frühjahr der Regelbetrieb startet, sollen hier überschaubare 350 Tonnen E-Methanol und daraus 130.000 Liter E-Fuel pro Jahr erzeugt werden. Die hat sich Porsche gesichert, zunächst für den Mobil 1 Supercup (circa 65.000 Liter pro Jahr) und die hauseigenen Experience Center.
Dazu kommt: Die Additive, mit denen die benötigte Spritqualität und Oktanzahl erreicht wird, sind aktuell noch fossilen Ursprungs, die jetzt hergestellten E-Fuels also nur zu rund 70 Prozent CO2-neutral; zukünftig sollen auch diese Zusätze komplett grün sein.
Auch wie man an das CO2 in Großserie herankommt, ist noch offen. Ziel ist es, das Kohlenstoffdioxid vor Ort aus der Luft zu filtern, derzeit werden verschiedene Verfahren geprüft. Bis das soweit ist, kommt das CO2 aus einer nahe gelegenen Brauerei, dort fällt es als Nebenprodukt bei der Maische-Fermentierung an; immerhin grün.
Drei E-Fuel-Fabriken in Planung
Dass sich diese Herausforderungen lösen lassen, ist sich HIF sicher. Der Bau einer großen Anlage in Punta Arenas wird gerade angeschoben, dafür sollen neben Haru Oni 60 weitere Windräder installiert, die neue Fabrik elf Kilometer weiter, direkt am Wasser angesiedelt werden. Warum? Weil zum einen zukünftig das für die Elektrolyse benötigte Wasser (circa drei Liter pro Liter E-Fuels) direkt aus dem Meer kommen soll; es muss dann nur entsalzt werden, den nötigen Strom dafür liefern die Windräder gratis mit.
Zum anderen, weil die E-Fuels hinaus in die Welt sollen – und müssen. Die Vision: Mit grünem E-Methanol betriebene Schiffe verteilen den Sprit klimaneutral über den ganzen Globus. Die Alternative: Man verschifft das E-Methanol direkt. Der energieaufwendige Part, weswegen das windreiche Patagonien so geeignet für eine derartige Anlage ist, ist die Elektrolyse. Die Weiterverarbeitung des Methanols könnte, ähnlich wie heute mit Rohöl in den lokalen Raffinieren, auch anderswo geschehen.

Die E-Fuels-Anlage in Punta Arenas ist ein Pilotprojekt. Doch schon in wenigen Jahren sollen hier rund 50 Millionen Liter pro Jahr produziert werden.
Bild: Porsche
Die neue Anlage in Chile soll, wenn alles nach Plan läuft, 2026 an den Start gehen, jährlich 260.000 Tonnen CO2 aus der Luft filtern und rund 50 Millionen Liter E-Fuel erzeugen. Schon zwei Jahre später könnte die nächste Ausbaustufe folgen, dann ist von über 500 Millionen Litern pro Jahr die Rede. Zu den 60 Windrädern müssten dann noch einmal 600 hinzukommen, Platz im Nirgendwo gäbe es genug, Wind auch.
Parallel plant HIF bereits den Bau weiterer E-Fuels-Anlagen, in Texas und Australien. Zusammen könnten sie gegen Ende des Jahrzehnts fast 1500 Millionen Liter E-Fuels herstellen. Klingt nach viel, reicht aber noch lange nicht, um alle Benziner CO2-neutral fahren zu lassen. Selbst wenn von den geschätzten 1,3 Milliarden Autos nur 800 Millionen Ottos sind und jedes Auto nur einen Liter am Tag schluckte – der Vorrat wäre nach zwei Tagen aufgebraucht.
Für E-Fuel fällt keine CO2-Abgabe an
Lassen Sie uns noch über Geld reden. 74 Millionen US-Dollar hat HIF in Haru Oni investiert, sagt Geschäftsführerin Tatiana Alegre. Ein Preis für die ersten, exklusiven Liter E-Fuels lässt sich kaum errechnen (hier eine Prognose zum Preis von E-Fuels). Fest steht: Sie sollen zukünftig wettbewerbsfähig sein, also auf dem Niveau von herkömmlichem Benzin.
Zugute kommt den E-Fuels, dass für sie keine CO2-Abgabe, derzeit circa 8,4 Cent pro Liter, anfällt. Um die gut 65 Cent Energiesteuer und die Mehrwertsteuer kommt aber auch das Wind-Benzin nicht herum. Hier sieht Dums, inzwischen Mr. E-Fuels bei Porsche, durchaus Möglichkeiten, mit denen der Staat das Thema voranbringen könne.
Geringerer Wirkungsgrad als beim E-Auto
Wenn er das denn will. Noch wird das Thema E-Fuels stiefmütterlich behandelt, die von der EU beschlossene Regelung für Neuwagen schenkt ihm keinerlei Beachtung, die positiven Effekte für die Bestandsfahrzeuge werden kaum öffentlich diskutiert. Zumal Kritiker gern auf den hohen Energieeinsatz bei der Herstellung und den schlechteren Wirkungsgrad verweisen. Zu Recht: Beim Batterieauto kommen bis zu 80 Prozent der Ausgangsenergie an den Rädern an, beim Verbrenner mit E-Fuels sind es nur bis zu 40 Prozent.
Das Gegenargument der E-Fuels-Befürworter: Solange die Energiequelle, der Wind, im Überfluss vorhanden sei, spiele das keine Rolle. Auch den weiten Transport, von Chile nach Europa sind es viele Tausend Kilometer, klagen die einen an; mit Schiffen, die wie geplant grünes E-Methanol verbrennen, sei auch das kein Problem, sagen die anderen.
Hat der 911er noch eine Chance?
Immerhin erhielt die EU-Kommission inzwischen den offiziellen Auftrag, sich mit dem Thema zu beschäftigen, und in zwei Jahren soll die jetzt beschlossene Null-Gramm-CO2-Strategie noch einmal geprüft werden. Jüngst hat auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) angekündigt, ein Veto in Brüssel einzulegen, wenn die Nutzung von E-Fuels zukünftig nicht berücksichtigt wird.
Sollten E-Fuels tatsächlich eine Chance bekommen, und das sogar nicht nur für Bestandsfahrzeuge, sondern auch für Neuwagen, könnte sich Porsches Engagement – vom finanziellen Gewinn einmal abgesehen – doppelt lohnen. Die Zuffenhäuser würden mithelfen, die Welt ein bisschen grüner zu machen. Und sie könnten den 911er auch in Europa weiterhin mit Verbrenner anbieten.
Diese Reise wurde unterstützt von Porsche. Unsere Standards zu Transparenz und journalistischer Unabhängigkeit finden Sie unter go2.as/unabhaengigkeit.
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