Sensation im Vergleichstest: Die neue Mercedes A-Klasse gewinnt die Eigenschafts-Wertung deutlich, ist besser als der Golf – aber auch teurer.
Wer A sagt, muss auch Golf sagen. So jedenfalls legen wir das neuerdings für die Hersteller aus. Die A-Klasse von Mercedes hat jüngst einen Vergleich gegen die etablierten Super-Kompakten Audi A3 und BMW 1er gewonnen. Dabei hat ein A 180 d bewiesen: Er fährt sehr ordentlich und hat eine Menge Technik und Komfort zu bieten. Ergo: Eine A-Klasse sollte am Ende auch das Zeug haben, gegen den Alleskönner VW Golf zu bestehen. Das dürfte nicht einfach werden, letztlich ist der Wolfsburger bekanntlich der Kompaktkönig, ein rundum sorgloser Alltagsheld mit besten Fahrmanieren. Außerdem kostet ein VW deutlich weniger.
Teuer: Im Testwagenornat kostet der A 180d satte 41.876 Euro – hat dann aber auch fast alles an Bord.
Wir stellen die beiden Dieselvarianten mit 1.6er-Vierzylinder gegenüber. Der Mercedes A 180 d hat in dieser Klasse 116 PS, ein Golf 1.6 TDI muss mit einem Pferdchen weniger galoppieren. Ein Unterschied, den wir besten Gewissens unter Rundungsdifferenz verbuchen können. Nicht so die Unterschiede bei den Kosten. Einen fünftürigen Golf in der einfachsten Ausstattungslinie Trendline und mit Schaltgetriebe bestückt gibt es für 23.675 Euro. Für unseren Test relevante Zusatzausstattung inklusive 17-Zoll-Bereifung sowie die bessere Linie Comfortline verteuert die Angelegenheit jedoch – am Ende kommt der VW auf 27.345 Euro. Mercedes geht die Sache nochmals selbstbewusster an. Zu den mindestens 31.398 Euro für eine schlichte A-Klasse addieren sich Zusatzausstattungen des Testwagens auf schmerzhafte 41.876 Euro. Immerhin gibt es einen fetten Batzen Luxus und extraviel Sicherheit für das Geld. Zum Beispiel steckt im Mercedes so ziemlich alles an Assistenzsystemen, was die Liga zu bieten hat.
Die Abstimmung der A-Klasse ist sportlich geraten
Dynamiker: Die aktuelle A-Klasse wirkt lebendig und zielorientiert – ein echtes Fahrer-Auto.
Spurhaltefunktion, Notbremssystem, Verkehrszeichenerkennung – ein A 180 d kümmert sich geradezu rührend um die Sicherheit der Passagiere. Auch um deren Wohlbefinden. Das Thema Luxus hakt Mercedes über eine absolut moderne Multimediaversorgung (inklusive beeindruckend verständiger Sprachbedienung aller Systeme) ab, verwöhnt zudem über verstellbare Stoßdämpfer oder klimatisiert den Innenraum in zwei Zonen. Ebenso im "Mehrpreis" des Technik-Pakets enthalten: die bissigere Bremsanlage mit vergrößerten Scheiben. Sie versteckt sich räumlich und preislich hinter größeren Rädern, wirkt aber. Mit dem Tritt auf die Bremse springen wir direkt ins Fahrduell. Aus Tempo 100 ankert der Mercedes rund eineinhalb Meter eher als der VW Golf. Auch sonst ist nix vom Opa-Image der Urvariante zu spüren. Der A 180 d wirkt lebendig und zielorientiert, verklettet sich beruhigend berechenbar mit dem Asphalt. Gleichzeitig schlucken die recht kurzen Federn des Fahrwerks die meisten Bodenunebenheiten erfolgreich weg. Nicht so schön: Die Arbeit der Achsen hört der Fahrer als Poltern, gelegentliche derbe Schläge quittiert der Mercedes mit hartem Krachen.
Der Golf (mit Standardfedern ohne variable Stoßdämpfer) brummt zwar hör- und messbar lauter über Landstraßen, rollt dafür fast genauso universal auf schlechten Straßenoberflächen und ist gleichzeitig ebenso mit der Asphaltdecke verbunden wie der Mercedes. Poltergeräusche aus dem Fahrwerk kennt er nicht, und unangenehmes Aufsetzen der Karosserie an Bordsteinen oder Parkhausrampen ist ihm ebenfalls fremd – beides übrigens echte Alltags-Störfaktoren der stark tiefergelegten A-Klasse.
Familien sind mit dem Golf deutlich besser bedient
Der bessere Reisewagen: Im Golf gibt es mehr Platz als in der A-Klasse – und der Einstieg gelingt leichter.
Immerhin hilft Letzterer die geduckte Grundstellung beim Verbrauch. Der Mercedes begnügt sich mit 4,7 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Nicht schlecht – doch auch der Golf bleibt unter fünf! Der VW ist zudem der bessere Reisewagen. Weil er auch mehr als zwei Erwachsene luftig genug befördert. Man kann einigermaßen elegant in den Fond gelangen und fühlt sich dort passabel aufgehoben. Beim A 180 d gleicht es einem verrenkenden Kletterspielchen, überhaupt ins Auto zu kommen. Gleichzeitig geht es hier viel enger zu, die Sitzbank ist sehr flach ins Auto montiert – puh, hinten ist das nix für lange Kerls! Fahrer und Beifahrer sitzen dafür umso besser. Die Multikontursitze stützen erstklassig, die Polsterung ist angenehm stramm und schmeichelnd zugleich ausgefallen – dagegen haben die Standardsessel des Wolfsburgers Reisebus-Charakter. Das ist natürlich übertrieben – zumindest die Passform stimmt, der Seitenhalt langt. Aber im Mercedes sitzt es sich vorn besser.
Die A-Klasse gewinnt die Eigenschafts-Wertung deutlich
Noch etwas Kleinkram zum Schluss: Der Tankstutzen der A-Klasse liegt links, der Wählhebel für die Automatik ist nicht wertig, das Gurtband am Rücksitz klemmt leicht in der Verriegelung ein, fast alle der hinter "Glas" gesetzten Anzeigen und Tasten reflektieren helles Licht. Und trotzdem steht am Ende eine faustdicke Überraschung: Der Mercedes gewinnt die Eigenschafts-Wertung deutlich, ist besser als der Golf. Aber auch teurer. Und verliert knapp über den Preis.
Die A-Klasse gefällt uns abgesehen von kleinen Macken richtig gut. Aber zu welchem Preis? Die moderne Ausstattung ist so teuer, dass am Ende ein VW Golf doch wieder die bessere Wahl ist.