Vorstellung: 911 Speedster ohne Verdeck

Die neue Porsche 911-Baureihe 992 ist da – trotzdem kommt noch ein letztes Modell der Generation 991, ein 911 Speedster. Am 7. Mai 2019 beginnt der Vorverkauf, Ende des Jahres rollt das auf 1948 Stück limitierte Sondermodell auf den Markt – allerdings vorerst nur auf den US-amerikanischen.
Porsche 911 (991) Speedster
Am Heck sind die mächtigen Höcker hinter den Sitzen zu erkennen.
Beim 991 Speedster sind sowohl die Front- als auch die Seitenscheiben verkürzt. Und anders als beim Cabrio verzichtet Porsche auf ein Verdeck. Als Wetter-Schutz dient lediglich eine Persenning – also eine Abdeckung für den Innenraum. Hinter den Passagieren ragen die typischen Höcker heraus. Das Heck ziert eine Doppelauspuffanlage. Die Felgen mit Zentralverschluss leiht sich der offene Porsche vom GT3. Serienmäßig ist die Carbon-Keramik-Bremse PCCB.

Innenraum: Sportsitze wie eine zweite Haut

Porsche 911 (991) Speedster
Die Klimaanlage ist im Speedster optional. Serienmäßig ist nur eine Lüftung verbaut.
Um dem 509 PS starken Saug-Aggregat des 911 Speedster möglichst wenig Speck auf die Hüften zu packen, gilt beim Speedster (wie auch bei den GT3-Modellen) die Maxime: Weniger ist mehr! So fällt zuerst ins Auge, dass auf eine Klimaanlage verzichtet wurde. Die gibt's optional zwar kostenlos, aber hey: Wo bleibt da der Purismus? Zudem sorgen Netze statt Staufächer, Türschlaufen innen statt Griffe und ganz viel Carbon für zusätzliche Gewichtsreduzierung. Geschaltet wird – heureka – per manuellem Sechsganggetriebe, das wir aus dem 911 R kennen. Es ist rund vier Kilogramm leichter als die manuelle Siebengangschaltung und fast 18 Kilogramm leichter als das Porsche-PDK aus dem regulären Elfer.
Die Bedienelemente sind auf den Fahrer ausgerichtet. Hier steht kompromissloser Fahrspaß im Vordergrund und kein umständliches, hoch entwickeltes Bedienkonzept. Die optionalen roten Ziernähte in Kombination mit dem serienmäßigen schwarzen Leder-Outfit verleihen dem Speedster einen diabolisch-sportlichen Look. Überhaupt dominieren im Innenraum Leder und Carbon. Das Sportlenkrad ist wunderbar griffig, die Sportsitze mit den riesigen Seitenwangen schmiegen sich, ganz Porsche-like, wie eine zweite Haut an den Körper. Da möchte man am liebsten gleich kurvenreich losdonnern. Das Notverdeck sitzt hinten unter der Karosserie und wird initial elektrisch geöffnet und geschlossen, zusätzlich jedoch per Hand in die jeweilige Endposition gebracht. Auch das spart unnötige Pfunde.

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Preis und Motor: Immer mit manuellem Getriebe

Porsche 911 (991) Speedster
Der Vierliter-Boxer-Motor aus dem Porsche GT3 erzeugt im Speedster 510 PS und 470 Nm.
Der Speedster erhält den bis 9000 U/min drehenden Vierliter-Boxer-Motor aus dem Porsche GT3. Der Sechszylinder-Sauger mobilisiert im offenen Modell 510 PS und 470 Nm. Die Kennlinie des Gaspedals wurde nochmals verschärft, damit ein noch größeres Rennwagen-Feeling aufkommt. Der 991 Speedster ist ausschließlich mit manuellem Sechsgang-Getriebe erhältlich. Gegenüber einem automatisierten PDK soll das bis zu 20 Kilogramm Gewicht sparen. Im Vergleich zur nur 356 Mal gebauten Speedster-Version des 997 ist die Neuauflage fast schon Massenware, denn der 991 Speedster wird 1948 Mal gebaut. Der Preis liegt bei 270.000 Euro – für die zweifarbige Heritage-Edition auf den Bildern werden noch mal 21.634,20 Euro zusätzlich fällig. Auch dieses Porsche-Sondermodell ist natürlich schon lange vor Marktstart ausverkauft.

Fahrbericht: In Kurven brennt der Speedster ein Feuerwerk ab

Porsche 911 (991) Speedster
Nomen est Omen: In schlanken vier Sekunden sprintet der 911 Speedster auf Tempo 100.
Ersten Gang einlegen – und staunen. Obwohl die Schaltbox 470 Newtonmeter verarbeiten muss, lässt sich der Hebel mit erstaunlicher Leichtigkeit in den engen Gassen bewegen. Fast so wie beim ersten Mazda MX-5 schnipst man den ersten Gang ganz lässig aus dem Handgelenk an die richtige Position. Kupplung kommen lassen, der Speedster nimmt ganz lässig Fahrt auf. Nicht wie bei den frühen Elfern, wo du üben, üben, üben musstest, um den Porsche nicht wie ein Fahranfänger entweder abzuwürgen oder mit kreischendem Motor loszuhoppeln. Was dann folgt, kann kein anderes Auto auf der Welt. Der Motor dreht so leichtfüßig in den roten Bereich (bei 9000 Touren!) wie ein Motorrad, untermalt von einer Klangkulisse von sämig brabbelnd über böse fauchend bis zornig kreischend. Ein kurzer Tipp mit dem rechten Fuß aufs Gaspedal – und schon stehen die kleinen Härchen auf dem Unterarm in Sekundenbruchteilen stramm wie die Kompanie beim Morgenappell. Blitzschnell rauscht plötzlich die Welt an dir vorbei, in vier Sekunden stehen 100 auf dem (zum Glück noch analogen) Tacho, nach gut zwölf schon 200. Untermalt von dem zornigen Motorsound reift die Erkenntnis: Im Auge des Orkans ist es wirklich nicht immer ruhig. Zumindest wenn er Speedster heißt.
Porsche 911 (991) Speedster
Den Grenzbreich werden die meisten Speedster-Fahrer wohl nicht antasten – das erfordert viel Mut.
Und weil der GT3 nicht nur die leichten Kotflügel und die Fronthaube aus Carbon, sondern auch das Fahrwerk spendiert hat, machen Kurven noch mehr Spaß als die brachiale Beschleunigung. Fast scheint es, als habe der Porsche das Gehirn des Fahrers angezapft. Du denkst gerade, welche Linie die beste ist – und schon huscht der Roadster genau dort entlang. Ohne Seitenneigung, dank Allradlenkung leichtfüßig wie ein Carving-Ski. Und immer, wirklich immer viel zu schnell. Sich selbst schwindelig fahren? Eine der leichtesten Übungen, die der Porsche seinem Fahrer ermöglicht. Tatsächlich kann man mit dem Speedster eine Erfahrung machen, die es sonst nur auf dem Beifahrersitz gibt, mit einem Rennfahrer am Steuer: Vor einer Kurve, wenn das Kleinhirn breeeeeeemsen schreit, einfach noch auf dem Gas bleiben – bis man sich am Rande einer Nahtoderfahrung wähnt. Und dann einfach kurz anbremsen – und staunen, dass das Auto völlig unbeeindruckt die enge Biegung nimmt. Auch für Nicht-Profis, der Porsche bleibt neutral, gutmütig, immer relaxed bis zur letzten (Titan-)Schraube. Der Speedster als Speedstar. Nie hat man sich dem Himmel so nah gefühlt.

Von

Stefan Voswinkel
Boris Pieritz