Wer läuft und läuft und läuft? Klar, der Käfer. Was ist eine tolle Kiste? Auch logisch, der Panda. Und schöne Kombis heißen? Keine Frage: Avant. Abwarten! Auch wenn Audis Werbespruch so eindringlich nachhallt wie Käfer-Reklame oder Fiat-Slogan – so uneingeschränkt können wir das nicht mehr hinnehmen. Denn nun lässt Opel den Insignia Sports Tourer los – und der kann es locker mit den schicken Kombis von Audi aufnehmen. Opel verpasst – sicher nicht ganz zufällig – der Mittelklasse neben neuem Namen ein völlig neues Auftreten. Statt kantiger Caravan-Optik lockt der Vectra-Nachfolger mit rassiger Linie, scharfer Bügelfalte im Blech und opulenter Hingucker-Chromspange am prallen Po. Dazu zieht mit Frontkamera und schlauem Allradsystem moderne Technik ein, der schicke Innenraum und solide Verarbeitung im Detail bestärken zusätzlich die Premium-Ambitionen der Rüsselsheimer.

Der Opel-Motor schöpft seine Kraft aus einem kleineren Hubraum

So viel edler Anspruch schreit geradezu nach einem Abgleich mit Audi. In dieser Klasse gelten die Ingolstädter modisch als Maßstab. Also: Zur ersten Ausfahrt mit dem Insignia Sports Tourer ist der A4 Avant dabei, als 2.0 TFSI mit 180 PS für mindestens 33.250 Euro. Leistungsmäßig kann der Sports Tourer gegenhalten, sein 1.6-Turbo schafft ebenfalls 180 PS. Allerdings liefert der 1.6er des Opel deutlich weniger Drehmoment als der 2.0 des Audi – 230 Newtonmeter stehen 320 Newtonmeter bei geringeren Drehzahlen gegenüber. Dafür gibt es die Power bei Opel unter dem Strich zu einem günstigeren Preis. Für rund 2000 Euro weniger packt Opel darüber hinaus auch noch einiges an Luxus obendrauf. Unter anderem ein Navigationssystem sowie einen Temporegler. Das fein arrangierte Cockpit des Opel kennen wir bereits aus der Limousine – hier dürften sich auch eingefleischte Audi-Piloten wohl fühlen. Das gilt ebenfalls für die straff gepolsterten Sitze inklusive gutem Seitenhalt, zudem ist die Sitzposition vor dem weit verstellbaren Lenkrad einwandfrei. In der zweiten Reihe verwöhnt der Insignia dazu mit üppigem Platzangebot und viel Kopffreiheit – da kann der A4 nicht mithalten.

Der deutlich kleinere Audi kann beim Ladevolumen durchaus mithalten

Audi A4 Avant
Beim Blick in den offenen Kofferraum würden sich aber nicht nur Audi -Fahrer ratlos am Kopf kratzen. Hier glimmen in den Ecken zusätzliche Rück- und Blinkleuchten. Das ist nötig, weil die regulären Lampen zusammen mit der Heckklappe nach oben schwenken und der Insignia sonst verbotenerweise komplett im Dunkeln dastünde. Eine schlaue Lösung, aber Nutzwert hat das nicht unbedingt. Überhaupt stand dieses Thema irgendwo weit hinten im Lastenheft der Insignia-Entwickler. Nicht nur, dass der Kofferraum im Vergleich mit dem Vorgänger Vectra ordentlich zusammengeschrumpft wurde (auf maximal 1530 statt 1850 Liter). Viel ärgerlicher ist, dass man sich beim Beladen schmutzige Hosenbeine holt. Der Abstand zwischen Stoßfängerabschluss und Frachtabteil ist riesig. Zudem lässt sich das Trenn-Rollo nicht direkt hinter den Vordersitzen einhängen, dazu muss ein Extra-Netz mit Gurten befestigt werden. Auch die Rücksicht überzeugt nicht. Die geschwungene Heckscheibe und das kleine hintere Seitenfenster sind schuld. Als echter Kombi hatte der alte Caravan mehr Talent – auch wenn jetzt eine Dachreling zur Serienausstattung gehört und gegen Aufpreis Niveauregulierung (plus 635 Euro) sowie Gepäck-Fixierset (plus 150 Euro) zu haben sind. Sogar der kleinere A4 Avant kann da mit brauchbarer Nutzlast und passablen Volumen-Angaben mithalten.
Fest steht also: Der Sports Tourer ist kein Parade-Kombi mehr. Und damit: Opel-Stammkunden werden murren. In Rüsselsheim trösten sie sich damit, dass die Optik ganz neue Käufer anlockt. Und natürlich der Name. Sports Tourer – das verspricht einiges. Auf dem Papier zumindest. Immerhin stehen ja ein präzises Sechsganggetriebe und Turbo-Dampf bereit, der den Opel auf 220 km/h Spitze beschleunigt. In der Praxis fehlt dem Insignia allerdings die Souveränität, zu angestrengt muss sich der hubraumschwache Benziner mit dem 1,6-Tonnen-Kombi abmühen. Zu einer kleinen Anfahrschwäche leistet sich der Vierzylinder noch einen unausgeschlafenen Turbolader und Dröhnfrequenzen im oberen Drehzahlbereich. In dieser Liga hält Audi mit dem 2.0 TFSI einen geschmeidigeren, durchzugsstärkeren – und sparsameren – Zweiliter-Direkteinspritzer bereit. So kommt es, dass der leichtere A4 bei besseren Fahrleistungen über einen Liter weniger Sprit braucht.
Immerhin: Beim Fahrverhalten holt der Sports Tourer auf, speziell mit dem adaptiven Fahrwerk (930 Euro Aufpreis) liegt das 4,90 Meter lange Schiff satt und sicher. Im sanften "Tour"-Modus federt der Insignia gelassen, da kommt Oberklasse-Gefühl auf. Das Flex-Ride-Premium-Fahrwerk ist schon aus diesem Grund eine Empfehlung wert. Gleichzeitig lassen sich Stoßdämpfer und Lenkung per Elektronik schärfen, das Gaspedal anspitzen – so wird auf Knopfdruck aus dem schönen Kombi doch tatsächlich noch ein sportlicher Laster. Moment mal, heißen die nicht Touring? Aber das ist eine andere Geschichte.
Technische Daten Opel Insignia Sports Tourer 1.6T: Vierzylinder, Turbo, vorn quer • Hubraum 1598 cm³ • Leistung 132 kW (180 PS) bei 5500 U/min • max. Drehmoment 230 Nm bei 2200 U/ min • Vorderradantrieb • Sechsganggetriebe • Länge/Breite/ Höhe 4908/1858/1520 mm • Tankinhalt 70 l • 0–100 km/h in 9,2 s • Spitze 220 km/h • EU-Verbrauch 7,9 l Super • CO2 186 g/km • Preis: ab 31.245 Euro
Technische Daten Audi A4 Avant 2.0 TFSI: Vierzylinder, Turbo, vorn längs • Hubraum 1984 cm³ • Leistung 132 kW (180 PS) bei 4000 U/min • max. Drehmoment 320 Nm bei 1500 U/ min • Vorderradantrieb • Sechsganggetriebe • Länge/Breite/ Höhe 4703/1826/1436 mm • Tankinhalt 65 l • 0–100 km/h in 8,1 s • Spitze 228 km/h • EU-Verbrauch 6,8 l Super • CO2 159 g/km • Preis: ab 33.250 Euro

Fazit

Neuer Name, neuer Typ: Mit dem Sports Tourer hat Opel nun statt Arbeitskombi einen Lifestyle-Laster im Programm. Nicht die schlechteste Taktik im Kampf um Kunden, die nicht nur nach Zahlen urteilen – bei Audi funktioniert das ja auch.