Handys, Kameras und iPod haben es vorgemacht: Wer groß rauskommen will, muss sich kleinmachen. Ein Trend, dem sich auch die SUV nicht verschließen können. Spritsaufende Blechburgen im Zweieinhalbtonnen-Format sind out, der neue Landhaus-Stil favorisiert kompakte Allradler. Mit dem X1 liegt BMW da voll im Trend. Der jüngste Spross der erfolgreichen X-Familie streckt sich auf gerade mal 4,45 Meter, seine vergleichsweise niedrige Dachlinie verleiht ihm schon im Stand Dynamik. Dass er eher wie ein hochgelegter Kombi auftritt, kommt nicht von ungefähr: Technisch basiert der X1 auf der Allrad-Plattform des 3er-Touring, Motoren und Interieur kennen wir vom 1er. Trotz des kostengünstigen Baukastenprinzips ist ein X1 xDrive 23d kein Sonderangebot: Denn den Top-Diesel gibt es nur mit Sechsstufenautomatik. Grundpreis: gar nicht kleine 38.800 Euro.

Hier geht es zur Modellseite BMW X1

Für 400 Euro mehr bietet Audi eine ähnlich gestrickte 4x4-Alternative: Den A4 allroad quattro 2.0 TDI, eine 37 Millimeter höhere Rustikal-Variante des A4 Avant. Hier sorgen lediglich ein mächtiger Kühlergrill und graue Plastikplanken für den angesagten Offroad-Look. Formal scheint der BMW die reizvollere Erscheinung zu sein. Gemessen am Premiumanspruch der Marke, enttäuscht jedoch die Materialqualität des X1. Während Audi mit piekfeiner Verarbeitung sowie handschmeichelnden Oberflächen ankommt und dem Interieur so eine behagliche Wohnzimmer-Atmosphäre verleiht, wirkt die BMW-Einrichtung mit reichlich Hartplastikanteil nüchtern und schmucklos wie ein Arbeitszimmer. Rund 27 Zentimeter mehr Außenlänge bescheren dem Audi auch spürbare Vorteile bei Platzangebot und Stauraum. Speziell hinten haben Große noch ausreichend Luft, im X1-Fond dagegen schubbern die Knie früher an den Rücksitzlehnen.

Hier geht es zur Modellseite Audi A4

Behaglich wie ein geschmackvoll eingerichtetes Wohnzimmer: Der Audi überzeugt mit klaren Anzeigen und hochwertiger Anmutung.
Behaglich wie ein geschmackvoll eingerichtetes Wohnzimmer: Der Audi überzeugt mit klaren Anzeigen und hochwertiger Anmutung.
Aus Pilotensicht bringt der X1 allerdings mehr Spaß ins Spiel. Klasse, wie der Allradler mit seiner präzisen Lenkung auf den Punkt genau durch Kurven zirkelt. Lästiges Untersteuern unterbindet "Performance Control" (150 Euro) durch gezielte ESP-Eingriffe am kurveninneren Hinterrad, außerdem hält die straffe Federung die Wankneigung bei Richtungswechseln in Grenzen. Ebenfalls aus dem obersten Regal: Der 204 PS starke Biturbo-Diesel. Ein Selbstzünder der Spitzenklasse, auch wenn er akustisch stets präsent ist. Schon aus Schritttempo schiebt er kraftvoll an, dreht dennoch locker und lustvoll bis an die 5000er-Marke, ohne sich einen Extra-Schluck zu genehmigen. Im Test reichten dem Zweiliter durchschnittlich 7,8 Liter. Dazu passt die komfortable, mit wenig Wandlerschlupf arbeitende Sechsstufenautomatik. Nett sind die Lenkradpaddel, allerdings auch unnötig. Die Steptronic findet selbst beim engagierten Kurvenräubern immer den richtigen Gang.
Im A4 allroad mit dem laufruhigen und noch etwas sparsameren 170-PS-TDI ist dagegen Handarbeit angesagt, eine Automatik gibt es nicht. Kein Problem, der Hebel flutscht leicht und exakt durch die sechs Gassen. So lässt sich der Audi trotz Leistungsdefizits und leichter Anfahrschwäche kaum abschütteln, Lenkpräzision und Wendigkeit stehen dem BMW nur wenig nach. Runzeligen Asphalt meistert der Audi ohne hin souveräner; Frostaufbrüche, Querfugen und Bodenwellen schluckt er wesentlich geschmeidiger als der BMW. Unbarmherzige Härte wie der X3 zeigt der X1 zwar nicht, die Runflat-Reifen des Testwagens im 18-Zoll-Format (560 Euro Aufpreis) rollen mit ihren steifen Flanken aber ziemlich hölzern ab. Noch unangenehmer: Tiefe Wellen lassen die unterdämpfte Hinterachse katapultartig ausfedern. Nicht nur sensible Naturen packt da schon mal der Schüttel-Frust. Am Ende muss der dynamische BMW deshalb klein beigeben. Weil ihm der Audi zeigt, wie man mit Komfort und Qualitätsanmutung stilvoll ans Ziel kommt.

Fazit

von

Uli Holzwarth
Etwas überraschend kann sich der Audi gegen den BMW durchsetzen. Der Allroad, eigentlich nur ein optisch aufgepeppter A4 Avant mit etwas mehr Bodenfreiheit, profitiert hier von seiner gelungenen Basis. Es sind die typischen Tugenden eines modernen Mittelklasse-Kombis, die den Ausschlag zugunsten des Audi geben: Komfort, Platzangebot, Laufkultur und Verarbeitung sind besser als beim BMW X1. Keine Schande für das kleine BMW-SUV, denn fahrdynamisch bleibt es unter seinesgleichen das Maß der Dinge.

Von

Uli Holzwarth