Grünes Image und voll im Trend: Für Elektroautos erhalten Kunden nicht nur satte Kaufprämien und Steuervergünstigungen. Auch beim Laden gibt es Kostenvorteile im Vergleich zum immer teurer werdenden Sprit an der Tankstelle. Und wie sieht's bei Wartungs- und Reparaturthemen aus? 
Kein Getriebe, kein Auspuff, keine komplizierten Nebenaggregate, dazu ein vergleichsweise simpler E-Motor – prinzipiell müssten Stromer gegenüber Verbrennern auch hier im Vorteil sein. (hier gibt's einen allgemeinen Kostenvergleich E-Auto/Verbrenner)
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Wir machen den Test – und schnappen uns dafür drei VW-Modelle. Mit dabei: ein gebrauchter Golf VII 1.6 TDI von 2016, ein ebenfalls gebrauchter e-Golf aus dem gleichen Baujahr – und der neue ID.3 (bei carwow mit bis zu 10.564 Euro Ersparnis) auf Basis der aktuellen modularen E-Plattform mit dem mittleren 58-kWh-Batteriepaket. Alle drei schicken wir zu Elbtor, eine Hamburger Vertragswerkstatt. Dreimal Inspektion, bitte! (erster Vergleich VW Golf 8 vs. ID.3)

E-Autos bei Wartung deutlich im Preisvorteil

Zwar fährt auch ein E-Auto nicht gänzlich wartungsfrei. Während aber eine kleine Wartung für den Diesel-Golf VII 393 Euro und eine große Wartung 547 Euro kostet, fallen für den Service am gleich alten e-Golf nur 161 Euro beziehungsweise 275 Euro an.
Auch ID.3-Fahrer sparen kräftig gegenüber dem Verbrenner: 235 Euro für den kleinen Service, 295 Euro für den großen. Macht einen Preisvorteil zwischen 40 bis 54 Prozent im Vergleich zum Selbstzünder. (Unterhaltskosten berechnen? Zum Kfz-Versicherungsrechner)

Kein Ölwechsel, weniger Verschleißreparaturen

VW Golf VII 1.6 TDI Comfortline
Der 1600er-TDI im Golf 7 mit seinen vielen Anbauteilen füllt den Motorraum nahezu aus.
Bild: Thomas Ruddies
Ein wesentlicher Grund für die günstige E-Auto-Wartung: Preistreibende Rechnungspositionen wie der Ölwechsel mit Longlife-Ölen zu Literpreisen sehr ordentlicher Rotweine sind Geschichte. Aufgrund der schlankeren Architektur eines Elektrofahrzeugs sinkt zudem die Wahrscheinlichkeit verschleißbedingter Reparaturen. Ein aufwendiger Zahnriemenwechsel inklusive Spannrollen und Wasserpumpe ist ebenso passé wie die Erneuerung von Partikelfilter und Endschalldämpfer. Auch Kupplung und Lichtmaschine gibt es nur bei Verbrennern. Und ein Austauschmotor kommt als E-Version ebenfalls günstiger.

Kostenvergleich VW Golf TDI vs. e-Golf vs. ID.3

Neupreis

Pfeil
VW Golf VII 1.6 TDI BMT (2016, EURO 6): 26.800 Euro
VW e-Golf (2016): 34.900 Euro
VW ID.3 Performance (MJ 2021, 58-kWh-Batterie): 34.995 Euro (9580 Euro Umweltbonus möglich)



VW Regelservice (brutto)

Pfeil
Kleiner Umfang (Serviceintervall)
Golf TDI: 393 Euro
e-Golf: 161 Euro
ID.3: 235 Euro
Großer Umfang (Serviceintervall)
Golf TDI: 547 Euro
e-Golf: 275 Euro
ID.3: 295 Euro

Reparaturen und Verschleiß (Material + Arbeit, brutto)

Pfeil
Anlasser (AT)
Golf TDI: 1035 Euro
e-Golf: 0 Euro
ID.3: 0 Euro
Endschalldämpfer
Golf TDI: 499 Euro
e-Golf: 0 Euro
ID.3: 0 Euro
Zahnriemen
Golf TDI: 890 Euro
e-Golf: 0 Euro
ID.3: 0 Euro
Wasserpumpe bei Zahnriemenwechsel
Golf TDI: 120 Euro
e-Golf: 0 Euro
ID.3: 0 Euro
Lichtmaschine
Golf TDI: 1084 Euro
e-Golf: 0 Euro
ID.3: 0 Euro
Partikelfilter
Golf TDI: 4350 Euro
e-Golf: 0 Euro
ID.3: 0 Euro
Kupplung
Golf TDI: 1780 Euro
e-Golf: 0 Euro
ID.3: 0 Euro
Starterbatterie
Golf TDI: 395 Euro
e-Golf: 461 Euro
ID.3: 215 Euro
Bremsscheiben vorn mit Belägen
Golf TDI: 572 Euro
e-Golf: 547 Euro
ID.3: 680 Euro
Kotflügel vorn links, in Unifarbe lackiert
Golf TDI: 715 Euro
e-Golf: 715 Euro
ID.3: 880 Euro
Sommerreifen
Golf TDI: 446 Euro
e-Golf: 510 Euro
ID.3: 1070 Euro
Austauschmotor
Golf TDI: 8705 Euro
e-Golf: 7182 Euro
ID.3: 4850 Euro
Akkupaket (AT)
Golf TDI: –
e-Golf: 36.715 Euro (einzelne Module billiger)
ID.3: 15.000 Euro (einzelne Module billiger)

Versicherung

Pfeil
Haftpflicht
Golf TDI: 509 Euro (17)
e-Golf: 292 Euro (13)
ID.3: 233 Euro (13)
Teilkasko
Golf TDI: 588 Euro (20)
e-Golf: 349 Euro (19)
ID.3: 264 Euro (16)
Vollkasko
Golf TDI: 834 Euro (17)
e-Golf: 563 Euro (18)
ID.3: 459 Euro (17)
Zudem halten Bremsscheiben und -beläge bei E-Autos deutlich länger. Der Grund: Durch Rekuperation verzögern E-Fahrzeuge beim Gaswegnehmen, um Energie zurückzugewinnen – statt sie über die Bremsanlage zu vernichten. Die Folge: Bremsen werden zukünftig wohl mit Laufleistungen zwischen 75.000 bis 100.000 Kilometern viel länger durchhalten als bei Verbrennern. Insgesamt ist damit das Reparaturkostenrisiko bei E-Mobilen deutlich geringer. Einzig die rollwiderstandsoptimierten Reifen von E-Autos sind etwas teurer.

Nach der Garantie drohen hohe Akkutauschkosten

VW ID.3
Deutlich kompakter als beim Diesel-Golf von 2016  baut die Technik beim ID.3 (2020).
Bild: Tom Salt / AUTO BILD
Und was ist mit dem Akku? Bei vielen Herstellern endet dessen Garantie nach acht Jahren. Dann könnten hohe Akkutauschkosten von 15.000 Euro und mehr drohen. In den meisten Fällen dürfte der Stromspeicher die Garantiezeit jedoch um Jahre überleben. Denn die konservative Kalkulation der Hersteller muss auch akkuschädliche Szenarien wie extreme Entladungen, Temperaturspitzen im Betrieb und unregelmäßiges Laden berücksichtigen. Außerdem ist bei neueren Elektroautos wie dem ID.3 inzwischen auch der Tausch einzelner Akkumodule möglich, was die Umweltbilanz verbessert und eventuelle Reparaturkosten deutlich re­duziert.

Tesla: Luft-Updates statt Werkstatt-Wartung

Kfz-Betriebe hören so etwas nicht gern, aber viele E-Fahrzeuge könnten theoretisch über Jahre ohne Werkstattbesuch auskommen. Dabei sind die Erträge aus diesem Geschäft für Autohäuser überlebenswichtig. Bislang beschreitet nur Tesla konsequent einen mutigen Weg: Der kalifornische Hersteller hat die Wartungsintervalle für seine Autos abgeschafft. Stattdessen verfügen sie über ein elektronisches OTA-System ("Over The Air") mit permanenter Computeranbindung der Bordrechner an die Firmenserver. In voll digitalisierten Prozessen kann Tesla seine Fahrzeuge auslesen, Software aktualisieren und Funktionen aktivieren beziehungsweise abschalten.

Auch VW testet OTA-Updates

VW ID.3       VW Golf 8 VIII 1.5 eTSI
Ende 2020 verglich AUTO BILD die Antriebskonzepte vom Golf 8 und dem ID.3.
Bild: Tom Salt / AUTO BILD
Auch VW hat angekündigt, bei Kundenfahrzeugen bald mit OTA-Updates zu beginnen. VW-E-Mobility-Sprecher Jochen Tekotte sagt: "Wir sind gerade noch in der Testphase, im Sommer wollen wir durchstarten und dann wie bei einem Smartphone im Zwölf-Wochen-Rhythmus Updates ausliefern." Werkstattbesuch? Überflüssig! Zunächst gehe es um die Behebung von Fehlern in der Software, sogenanntes Bugfixing. Im zweiten Schritt wolle VW aber auch Funktionen on demand anbieten. Technisch ist dies eine Herausforderung. Denn es braucht stabile Online-Verbindungen. Und die Fahrfunktion darf durch das Updaten nie gefährdet werden.
Wie sieht das Wartungskostenkapitel bei anderen Marken aus? Auch bei denen ist der Stromer im Vorteil: Für einen Renault Zoe Life R110 beispielsweise kostet der kleine Service in der Markenwerkstatt 220 Euro, der große Service 350 Euro. Ein im Format vergleichbarer Renault Clio SCe 65 mit Benzinmotor liegt zwischen 380 Euro und 480 Euro. Bei Hyundai ist das Bild ähnlich. Für den beliebten Kona mit 136-PS-E-Antrieb werden nur 100 Euro für die kleine Durchsicht aufgerufen, eine große ist mit 230 Euro kalkuliert. Gleicher Name, höhere Preise: Für den Kona mit 120-PS-Verbrenner werden 190 Euro für die kleine und 380 Euro für die große Wartung fällig. Beim Vergleich zwischen Volvo und Polestar liegt ebenfalls die E-Marke vorn. Polestar ist eine hausinterne Konkurrenz des schwedischen Herstellers, die mit reinem E-Antrieb gegen die Volvo-SUV antritt. Der Polestar 2 kostet in den ersten drei Jahren oder bis zum Kilometerstand 50.000 null Euro, während für den XC60 mit 190-PS-Diesel für einen Service je nach Umfang 189 bis 510 Euro verlangt werden. 

Sparpotenzial mehrere Tausend Euro

Endlich mal gute Nachrichten an der Neuwagenfront also: Neben grünem Image und langsam konkurrenzfähige Anschaffungskosten bieten Elektroautos offenbar noch einen weiteren Vorteil gegenüber Verbrennern: Auch bei den Folgekosten spart der Kunde. Der Kostenvorteil bei Elektrofahrzeugen ist auf längere Sicht erheblich: Niedrigere Servicepreise und weniger mögliche Defektquellen verbilligen den Unterhalt langfristig um mehrere Tausend Euro. Aber Achtung: Akkudefekte außerhalb der Garantiezeit können je nach Fahrzeug teuer werden!