Wasserstoff-Nutzfahrzeuge: das sind saubere Brennstoffzellen-Transporter
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Opel übergibt den ersten Wasserstoff-Vivaro-e, Renault bringt mehrere Prototypen heraus: Immer mehr Autohersteller testen Wasserstofftechnik. Taugt die Brennstoffzelle für kleine Last- und Lieferwagen?
Hohe Preise, wenige Tankstellen, geringer Wirkungsgrad, schwierige Lagerung: Viele Probleme machen eine strahlende Zukunft des Wasserstoffs in Pkw eher unwahrscheinlich. In Lkw dagegen wird die Brennstoffzelle als Antriebsmedium sehr wohl als Alternative zum schweren und teils voluminösen Elektrostrang mit Batterie gesehen.
Quasi dazwischen liegen leichte Nutzfahrzeuge. Genau die nehmen immer mehr Hersteller als Versuchsballon für den Wasserstoffantrieb mit Brennstoffzelle, meist in Verbindung mit einer Plug-in-Ladelösung. So lässt Stellantis, der Mutterkonzern von Opel, Peugeot und Citroën, in den kommenden zwei Jahren in Rüsselsheim eine Kleinflotte von 2000 Fahrzeugen von Elektro auf Wasserstoff umrüsten, jeweils mit einer WLTP-Reichweite von 400 Kilometern.
In Deutschland wurde jetzt erstmals ein Wasserstoff-Nutzfahrzeug dieses Typs an einen externen Kunden übergeben: Ein Opel Vivaro-e HYDROGEN fährt ab sofort für den Waschmaschinenhersteller Miele. "Die Produktion der Wasserstofffahrzeuge wird damit hochgefahren", so ein Opel-Sprecher. Miele testet mit dem Vivaro-e HYDROGEN die praktische Verwendbarkeit, bevor eventuell weitere Fahrzeuge bestellt werden.
Der Opel Vivaro-e Hydrogen kann 400 km weit fahren, das Auffüllen der Wasserstofftanks dauert drei Minuten.
Bild: Opel
Opel Vivaro-e Hydrogen mit 400 Kilometern Reichweite
Es handelt sich dabei um einen modifizierten Elektro-Vivaro mit Brennstoffzellenantrieb und Plug-in-Batterie. Die 45-kW-Brennstoffzelle liefert Power, ein 10,5-kWh-Lithium-Ionen-Akku deckt Lastspitzen beim Start oder Beschleunigen ab. Die Antriebsbatterie vom Vivaro-e im Unterboden wird durch drei 700-bar-Tanks für 4,4 Kilogramm Wasserstoff (bis zu 6,1 Kubikmeter) ersetzt. Deren Auffüllen dauert drei Minuten. Bremsenergie kann im Vivaro-e Hydrogen per Rekuperation zurück in die Batterie fließen, die bei Bedarf auch extern für 50 Kilometer rein batterieelektrische Fahrt aufladbar ist – wie bei einem Plug-in-Hybriden.
Miele setzt den Lieferwagen im täglichen Außendienst im Rhein-Main-Gebiet ein. Die Reichweite bei gefüllten Druckflaschen und geladener Batterie beträgt bis zu 400 km.
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Wichtig in diesem Segment: Das Ladevolumen des Vivaro von 5,3 bis 6,1 Kubikmeter (Karosserievarianten M und L) schrumpft mit der neuen Technik an Bord nicht. Die Nutzlast steigt auf 1,1 Tonnen, als Anhänger können noch mal 1000 Kilogramm hinzukommen.
Peugeot e-Expert und Citroën ë-Jumpy Hydrogen
Die gleichen Werte bringen die Konzernbrüder Peugeot e-Expert Hydrogen1 (Foto oben) und Citroën ë-Jumpy Hydrogen mit. Auch sie nutzen das "Mid-Power-Plug-in-Wasserstoff-Brennstoffzellen-Elektro"-System, sind 4,95 oder 5,30 lang, fahren mit 45 PS bis zu 130 km/h schnell und können von hinten oder von der Seite be- und entladen werden. Die Auslieferung an erste Flottenkunden erfolgt Ende 2021 oder Anfang 2022.
Der Citroën ë-Jumpy Hydrogen hat wie der Peugeot e-Expert Hydrogen1 1,1 Tonnen Nutzlast.
Bild: Citroën/Stellantis
Renault ist bei Joint Venture Hyvia dabei
Renault ist bei Handwerkers Lieblingen ebenfalls aktiv, 2022 sollen erste Brennstoffzellenfahrzeuge auf den Markt kommen. Im Rahmen ihrer neuen H2-Strategie gründeten die Franzosen mit dem Brennstoffzellen-Spezialisten Plug Power im Juni 2021 das Joint Venture Hyvia ("Hy" steht für Wasserstoff, "Via" für Straße) für Produktion, Speicherung und Verteilung von grünem Wasserstoff. Bereits im Februar wurde die Partnerschaft mit Zulieferer Faurecia verkündet. Den Anfang macht ein Kastenwagen auf Master-Basis. Ladevolumen des Transporters: zwölf Kubikmeter.
Den Renault gibt es auch als Bus. Der Wasserstoff-Master lässt sich in nur fünf Minuten volltanken.
Bild: Renault Deutschland AG
Renault Master H2-TECH macht den Anfang
Renault hat neben dem Kasten zwei weitere Prototypen mit Wasserstoffantrieb am Start. Es handelt sich um das Master-Fahrgestell für diverse Aufbauten und eine Bus-Version vom Master. Der "Master City Bus H2 Tech" soll Platz für 15 Passagiere bieten. Er verfügt ebenso wie das Fahrgestell über eine 33-kW-Batterie als Pufferspeicher. Der Akku allein ermöglicht 100 Kilometer Reichweite.
Der Renault Kastenwagen H2-Tech von Hyvia war das erste Wasserstoff-Modell auf Master-Basis.
Bild: Renault Deutschland AG
Eine 30-kW-Brennstoffzelle speist den Energiespeicher kontinuierlich mit elektrischer Energie, das soll noch einmal 200 Kilometer zusätzlich ermöglichen. Die insgesamt vier Wasserstofftanks à 1,5 Kilogramm Volumen sind jeweils in nur fünf Minuten gefüllt. Der Wasserstoff als Sprit wird laut Renault entweder vor Ort durch Wasserelektrolyse erzeugt oder mit Tankanhängern angeliefert.
Hyundai reitet auf der "Hydrogen-Wave"
Ein Pionier der Technologie ist Hyundai. 2013 wurde der ix35 FCEV enthüllt, 2018 brachten die Koreaner die nächste Generation des Brennstoffzellen-SUVs Nexo auf den Markt, ein Jahr später folgte der weltweit erste schwere Brennstoffzellen-Lkw Xcient Fuel Cell. Nun will das Unternehmen im Rahmen seiner "Hydrogen-Wave"-Vision seine Nutzfahrzeugpalettebis 2028 vollständig mit Brennstoffzellensystemen ausstatten.
Mittlerweile läuft die Serienproduktion einer stark verbesserten Version des Xcient Fuel Cell, auf dessen Basis auch eine Zugmaschine entwickelt wird, die 2024 Markstart feiern soll. Konkrete Modelle aus dem Bereich leichte Nutzfahrzeuge nennt Hyundai nicht, nur so viel: Der Konzern wird ein fünf bis sieben Meter langes Brennstoffzellen-PBV (Purpose Built Vehicle = Zweckgerichtetes Fahrzeug) entwickeln, das auf diesen globalen Markt abzielt. 2030 soll der jährliche Absatz bei sieben Millionen Fahrzeugen und der Preis auf Elektroauto-Niveau liegen.
Peugeot lässt seinen Brennstoffzellen-Transporter ebenso wie Citroën in Rüsselsheim bei Opel bauen.
Bild: Peugeot
Studie zeigt gute CO2-Bilanz im Lebenszyklus
Welches Potenzial die Brennstoffzellen-Technologie im Segment leichte Nutzfahrzeuge besitzt, zeigte im Frühjahr 2021 die Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV) mit einer Emissions-Analyse alternativer Antriebe. Dabei wurde der anzunehmende CO2-Fußabdruck in drei Fahrzeugklassen für das Jahr 2030 untersucht. Ein Ergebnis: Bei der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus' eines Fahrzeugs (von der Rohstoffgewinnung über die Logistikkette, Produktion, Montage und Nutzung bis hin zum Recycling) hatte die Brennstoffzelle bei einem Transporter mit 500 Kilometern Reichweite und 200.000 km Fahrleistung gegenüber dem reinen Batterieantrieb und dem Wasserstoffverbrennungsmotor die Nase vorn.