Innerhalb von etwas mehr als einem Jahr hat sich der Anteil von Elektroautos fast verdreifacht. Mit der E-Mobilität zieht zumindest eine neue Gefahr in Tiefgaragen und Parkhäuser ein: Ein brennendes Elektroauto kann schlimmstenfalls das ganze Gebäude zerstören. Müssen sie deshalb bald draußen parken
In Kulmbach (Bayern), Leonberg und Göppingen (Baden-Württemberg) sperrte die Stadtverwaltung nach verheerenden Bränden von Autos mit Verbrennungsmotoren über mehrere Monate Tiefgaragen für Elektroautos. Politiker, Brandschutzexperten und Feuerwehren sind alarmiert. "Für die Erneuerung der Bausubstanz mussten wir nach einem Fahrzeugbrand 300.000 Euro investieren, 18 Autos wurden beschädigt, ein Wohnkomplex musste wegen der Rauchgasgefahr geräumt werden", erklärt Frank Hörter (CDU), Kommunalpolitiker und Parteivorsitzender in Pfinztal bei Karlsruhe. 
Jetzt wolle die Mehrheit im Rathaus nur noch E-Autos anschaffen. Das könnte die Arbeit der Feuerwehr künftig erschweren. Laut Hörter habe die in den 1980er-Jahren erbaute Tiefgarage nur gut zwei Meter Geschosshöhe. Zu wenig, um mit einem Bergungsfahrzeug ein brennendes Elektroauto rauszuschleppen. "Wir wollen wegen möglicher Brandfolgen keine Elektroautos mehr in Parkgaragen", sagt Hörter, der auch Feuerwehrmann ist.
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Zehnfaches der elektrischen Ladung als Wärme

Elektro- und Hybridautos mit ihren Lithium-Ionen-Batterien brennen zwar nicht häufiger als Benziner oder Diesel, aber sie brennen anders. Nach einer Beschädigung, wenn die Batterie durchgeht (Thermal Runaway), gibt sie das bis zu Zehnfache der elektrischen Ladung als Wärme frei. Tests ergaben: In weniger als einer Minute brennt der gesamte Innenraum, Stichflammen wie im Abgasstrahl eines Düsentriebwerks führen zu einem Inferno. Dabei entstehen Temperaturen von mehr als 1000 Grad Celsius.

Ladesäulen können ebenfalls zur Gefahr werden

Auch Ladesäulen können Ursache für einen Brand im Parkdeck sein. "Häufiger geht nach Vandalismus, einem technischen Defekt oder einem Kabelbrand eine Gefahr von Ladestationen aus", erläutert Matthias Bohnert, Brandschutzexperte beim Sicherheitsspezialisten Securiton. Entscheidend für das Ausmaß des Schadens sei die Brandlast des Autos, die abgegebene Wärme bei der Verbrennung: Kunststoffverkleidungen im Innenraum, Plastikabdeckungen im Motorraum und breitere Reifen führen zu einer etwa dreimal höheren Brandlast als noch vor 30 Jahren.
Solch komplexe Brandherde fordern Feuerwehren heraus. Rund 22.000 Liter Wasser sind laut Brandexperten nötig, um die Batterie eines Tesla S herunterzukühlen. "Aus einem Liter Wasser werden circa 1700 Liter heißer Wasserdampf", so Matthias Bohnert, "und der kann die Sicht auf den Brandherd deutlich einschränken." So musste die Feuerwehr im holländischen Alkmaar bei einem Tiefgaragenbrand wegen dichtem Rauch und Hitze einen Löschroboter einsetzen.

Brandschutzvorschriften nicht gut genug

"Das Brandschutzproblem in Tiefgaragen ist technisch nicht wirklich gelöst", sagt Susanne Schütz, Bauexpertin und Landtagsabgeordnete der FDP in Niedersachsen. Extreme Hitze und Löschwasser mit stark giftigen Schwermetallen könnten die Bausubstanz angreifen und die Statik von Häusern gefährden. Und viele Tiefgaragen liegen im Innenstadtbereich oder unter Wohn- und Bürogebäuden. "Greifen die Flammen auf eine Hausfassade mit Dämmmaterialien über, droht eine Katastrophe", befürchtet Architektin Schütz, "es gibt keine verbindlichen baulichen Vorgaben zum Brandschutz speziell bei Elektrofahrzeugen und Ladesäulen." Schon seit Jahren berät die Bauministerkonferenz über eine Anpassung der Muster-Garagenverordnung von 2008, an der sich die Bundesländer orientieren.

Einbeziehung der Gebäudeversicherer

Der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (BVS) plädiert für sensible Rauchmelder, Brandschutzbegehungen und eine Einbeziehung der Gebäudeversicherer. Der Brandschutz müsse bereits bei der Installation der Lademöglichkeiten in Betracht gezogen werden, betont der BVS. Bei Fehlfunktionen könnten aufgrund der großen Strommengen sonst Brände entstehen. Auch im Freien sei das möglich, wenn etwa eine Hausfassade nicht ausreichend feuerfest gedämmt worden ist.
Im gewerblichen Neubau wird der Brandschutz für E-Autos und Wallboxen in der Regel bereits vom Brandschutzplaner mitgedacht. Da sei es auch für private Bauherren und Immobilienbesitzer gut, sich vom Profi beraten zu lassen. Auch wenn formal keine Anforderungen an die Verbesserung des Brandschutzes bestünden, sei es aus Eigeninteresse sinnvoll, letzteren zu verbessern. Schlussendlich gelte es, die Gebäudeversicherung über die geplante Installation von Lademöglichkeiten für E-Autos zu unterrichten.

Von

Egon Morawietz