Wer die Elektromobilität noch immer für eine Randerscheinung hält, der sollte sich die Neuwagen-Verkaufszahlen der vergangenen Monate anschauen: Rund 167.000 Elektroautos wurden in den ersten fünf Monaten des Jahres 2023 neu zugelassen. Und im Mai hatten E-Autos bei den Neuzulassungen – trotz der gesunkenen Förderprämie – fast schon den gleichen Marktanteil wie Diesel-Pkw.

Sieben günstige E-Autos

Ausgewählte Produkte in tabellarischer Übersicht
Smart EQ fortwo
UVP ab 18.370 EUR/Ersparnis bis zu 9162,00 EUR
Dacia Spring Electric
UVP ab 22.550 EUR/Ersparnis bis zu 7403,00 EUR
Renault Twingo Electric
UVP ab 23.790 EUR/Ersparnis bis zu 10.229,00 EUR
Renault Zoe
UVP ab 29.990 EUR/Ersparnis bis zu 11.287,00 EUR
Fiat 500 Elektro
UVP ab 30.990 EUR/Ersparnis bis zu 8858,00 EUR
Nissan Leaf
UVP ab 33.400 EUR/Ersparnis bis zu 10.650,00 EUR
Opel Corsa-e
UVP ab 33.895 EUR/Ersparnis bis zu 9592,00 EUR

CAR: E-Autos doppelt so wertstabil wie Verbrenner

Eine Unsicherheit bleibt: Wie, beziehungsweise zu welchem Preis wird man sein ehemals neues Elektroauto, nun ein E-Gebrauchtwagen, später wieder los? Dazu hat Prof. Ferdinand Dudenhöffer, Chef des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg, jetzt eine Analyse von Verkaufspreisen veröffentlicht. Die Kurzfassung: Elektroautos haben bisher einen sehr niedrigen Wertverlust. Er ist im Schnitt nur etwa halb so groß wie der Wertverlust von Verbrennern.
Das CAR wählte für seine Untersuchung einen Zeitraum zwischen 2020 und 2023, weil Leasingverträge mehrheitlich über 36 Monate laufen. Die Marktforscher verglichen die Top 15 der beliebtesten Elektroautos mit den Top 30 der Verbrenner. Im Schnitt belief sich der Wertverlust der Verbrenner in dem Zeitraum bei 29 Prozent. 2020er-Neuwagen mit Verbrennungsmotoren haben also nach drei Jahren fast ein Drittel ihres Werts eingebüßt. Demgegenüber die Elektroautos lagen bei nur minus 15 Prozent.

So sehr beeinflusst die Förderprämie den Restwert

Doch man sollte sich nicht zu früh freuen: Für eine Vergleichsrechnung hat CAR die Umweltprämie herausgerechnet, da sie ein Incentive darstellt und Ende 2024 ersatzlos wegfällt. Das Resultat ist verblüffend: Ohne Förderung sinkt der durchschnittliche Restwert von Elektroautos nach den drei Jahren im Schnitt auf ein ähnliches Niveau wie der von Verbrennern. Im Mittel beläuft sich der Wertverlust bei allen beobachteten Top 15 der beliebtesten Elektroautos auf 31 Prozent. Bei Verbrennern beträgt der Wertverlust 29 Prozent.
Mit Umweltprämie dagegen verlieren einige E-Automodelle während der drei Jahre kaum an Wert. So hat der VW e-Up dank staatlicher Förderung nach drei Jahren null Wertverlust. Zieht man die Umweltprämie nicht ab, sinke dagegen sein Restwert laut CAR um 28 Prozent.
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Oder der Tesla Model 3 in der Version "RWD Plus": Die staatliche Umweltprämie bringt es zustande, dass der Restwert nur zwei (!) Prozent unter dem damaligen Neuwert liegt. Subtrahiert man die Umweltprämie, beträgt der Wertverlust immerhin 16 Prozent. 
Ähnlich sieht es beim Porsche Taycan aus: Sein Restwert liegt 18 Prozent unter dem Neupreis. Da der Taycan aufgrund seines hohen Listenpreises keine Förderprämie bekommt, hat dieses Incentive keinen Einfluss auf den Wertverlust. 
Das macht deutlich: Nicht jedes Elektroauto profitiert gleichermaßen von der Subvention. Je geringer der Kaufpreis, um so stärker der Einfluss der Förderprämie. Aber auch die Popularität bzw. Nachfrage spielt offenbar eine Rolle: Das zeigt der errechnete Restwert des Zweisitzers Smart Fortwo EQ. Zieht man die staatlichen Förderung ab, kommt er auf einen katastrophalen Wertverlust von 51 Prozent. Mit Umweltbonus dagegen sind es 23 Prozent.

Was die Restwert-Rechnung für Tesla bedeutet

"Beeindruckend ist die hohe Wertstabilität der beiden Tesla-Modelle, aber auch des Porsche Taycan", stellt Dudenhöffer fest. Beiden Automarken werde offenbar eine hohe Technikkompetenz zugesprochen, das erhöht die Popularität und dementsprechend die Nachfrage. Insbesondere für Tesla, die in jüngster Vergangenheit mit Überkapazitäten zu kämpfen haben, seit diese offensichtliche Wertstabilität ermutigend.
Allerdings wirken die Incentives die Tesla zunehmend zur Verkaufsförderung einsetzt, dem entgegen, warnt Dudenhöffer. "Tesla könnte so zum billigen Jakob werden." Die Restwerte der Zukunft würden zeigen, wie stark dieser Effekt durchschlägt. Gleichwohl zeige die Analyse, Tesla sei als "sehr starke Marke [...] aus der Autowelt nicht mehr wegzudenken".

CAR ist für die Zukunft pessimistisch

Wie werden sich die Restwerte von Elektroautos allgemein entwickeln? Bisher ist das Angebot an gebrauchten E-Autos marginal: Der Marktanteil beträgt hier nur 1,1 Prozent. Das werde sich in den kommenden Jahren normalisieren. Da ein knappes Gut erfahrungsgemäß höher nachgefragt und darum teurer ist, rechnet Dudenhöffer bei einem wachsenden E-Auto-Gebrauchtwagenmarkt und entsprechend größerem Angebot mit sinkenden Restwerten. Das könnte noch beschleunigt werden durch den galoppierenden Fortschritt bei Akku- und Lade-Technologie, der ältere Modelle rasch entwertet.
Dudenhöffer folgert, dass eine Verlängerung der Elektroauto-Förderprämie wünschenswert sei, um einen Absturz der Restwerte zu verhindern. "Allerdings ist die Politik der Ampel-Koalition dazu eher unklar und verbreitet Unsicherheit."
Prof. Ferdinand Dudenhöffer sieht die Restwerte für Elektroautos zukünfti schrumpfen - daher sei eine Verlängerung der Förderprämie ratsam.
Bild: DPA

Plug-in-Hybriden droht das Diesel-Schicksal

Anfang 2022 sah es noch so aus, als seien Elektroautos wertstabiler als Verbrenner: Während letztere nach zwei Jahren durchschnittlich noch 69 Prozent des Neupreises wert waren, kamen E-Autos auf 79 Prozent, in Einzelfällen sogar auf 83. Plug-in-Hybride (PHEV) lagen dazwischen, ihnen bliebe nach zwei Jahren noch 73 Prozent ihres Werts (Analyse: Vor- und Nachteile von E-Autos).
Dudenhöffer sah schon damals die Plug-in-Hybride auf einem absteigenden Ast. Ihnen drohe ein ähnliches Schicksal wie dem Diesel, sobald die Förderprämie 2023 wegfalle. Prognose: Plug-in-Hybride dürften zukünftig nach zwei Jahren nur noch gut die Hälfte des Neupreises wert sein. Insgesamt sind Prognosen schwierig, weil aufgrund fehlender Langzeiterfahrungen auch die Experten im Nebel stochern. Und die Förderpolitik immer gewisse Unwägbarkeiten birgt.
Wertverlust Tesla Model 3 Standard RWD Plus
Tesla ist Trumpf: Dank technologischer Führung ist der Wertverlust von der elektrischen Fließheck-Limousine Model 3 Standard RWD Plus äußerst gering.
Bild: AUTO BILD Montage Hintergrund / Christoph Boerries

Wie lange gibt es staatliche Zuschüsse für E-Autos?

Was also kaufen? Ferdinand Dudenhöffer sagt: "Wenn die Förderprämien so bleiben wie bisher, werden Verbrenner sehr schnell zu Zitronen für ihre Besitzer. Im Autohandel nennt man so etwas auch Standuhren." Die CO2-Steuer mache es nicht besser. Plug-in-Hybride scheinen aus genannten Gründen auch keine Alternativen zu sein. Also am besten ein E-Auto kaufen
Wenn es denn so einfach wäre ... Fallen 2025 die staatlichen Zuschüsse weg, drohe den Stromern ein ähnliches Schicksal wie den Plug-in-Hybriden. Damit wären allerdings die Ziele der Bundesregierung nicht erreichbar. Die will bis 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen sehen (im Oktober 2021 waren es knapp 520.000).

Diese E-Auto-Förderung empfiehlt Dudenhöffer

Dudenhöffer geht daher davon aus, dass auch nach 2025 die E-Mobilität weiter gefördert wird: "Im Prinzip bieten sich mehrere Möglichkeiten an, den angekündigten Entfall der Umweltprämie für batterieelektrische Fahrzeuge auszugleichen. Nach unserer Einschätzung wäre dazu am besten eine entsprechende Mehrwertsteuererhöhung bei Verbrennern geeignet, etwa auf 26 Prozent. Im Prinzip wäre das eine negative Umweltprämie."
Wertverlust Porsche Taycan
Prestige durch Hightech: Der Porsche Taycan hat so wenig Wertverlust wie der Tesla 3 Standard, noch dazu ganz ohne Einfluss der Förderprämie.
Bild: AUTO BILD Montage Hintergrund / Porsche AG

E-Autos könnten ein Zehntel günstiger werden

Gleichzeitig prognostizieren die Wissenschaftler des CAR, dass die Kosten bei der Herstellung von E-Autos sinken – und sie somit günstiger werden. "Bis zu zehn Prozent bis 2026 dürften drin sein", schätzte Dudenhöffer 2022. "Das Durchschnitts-Elektroauto kostet heute 38.000 Euro, dann sprechen wir immerhin von 3800 Euro." Die Kombination aus höherer Mehrwertsteuer und CO2-Steuer auf Verbrenner sowie gleichzeitiger Kostensenkung von E-Autos würde einen Großteil der heutigen Umweltprämie ersetzen. Dudenhöffer: "Das wäre das richtige Signal für Autokäufer, Autoindustrie und Infrastruktur-Investoren." 

Bislang kaum E-Gebrauchtwagen auf dem Markt

Für Dudenhöffer ist die Planungssicherheit entscheidend. Bislang spielen E-Autos auf dem Gebrauchtmarkt übrigens so gut wie keine Rolle. "Von Januar bis April 2023 haben 1,963 Millionen Pkw den Besitzer gewechselt, davon waren nur 21.458 vollelektrische", sagt Dudenhöffer. Das dürfte sich in wenigen Jahren ändern. Dann kommen die aktuell neu zugelassenen Batterieautos auf den Zweitmarkt. Zur Massenware werden gebrauchte E-Autos aber auch dann noch nicht.
Wertverlust Skoda Citigo
Der Skoda Citigo ist zwar weitgehend identisch mit dem VW e-Up, doch sein Wertverlust ist immens höher - weil er nicht mehr gebaut wird.
Bild: AUTO BILD Montage Hintergrund / Toni Bader

DAT-Barometer sah Preisdruck bei E-Gebrauchten

Im Herbst 2021 sah die Situation noch etwas anders aus. Laut dem DAT-Barometer vom Oktober war der Gebrauchtwagenmarkt bei Elektroautos – anders als bei Benzinern oder Dieseln – preislich unter Druck wie nie. So hieß es in der Analyse der Deutschen Automobil Treuhand unter anderem: "Derzeit verkaufen Händler ihre Benzin-Gebrauchtwagen für 58,0 Prozent des ehemaligen Listenneupreises, Diesel für 55,2 Prozent. 
Eine Herausforderung ist allerdings die Vermarktung von batterieelektrischen Gebrauchtwagen. Vor allem die Prämien für neue E-Autos üben einen großen Preisdruck aus, so dass die Werte von dreijährigen Fahrzeugen aktuell mit 47,4 Prozent zwischenzeitlich weit unter den klassischen Verbrennern liegen."

Preisdifferenz zu gering

Dass es der Markt für gebrauchte BEVs (rein batteriebetriebene E-Autos) anfangs schwer hatte, lag vor allem an der starken Förderung der Neuwagen: "Die Preisdifferenz zwischen einem neuen und einem gebrauchten Elektroauto ist oftmals zu gering, als dass es für den Käufer attraktiv wäre, sich den Gebrauchtwagen zu kaufen", erklärte Martin Weiss, Leiter DAT-Fahrzeugbewertung.
Wertverlust Smart Fortwo
Auch Popularität bzw. Nachfrage spielt eine Rolle: Der Smart Fortwo ED erleidet einen Wertverlust von 23 Prozent, obwohl er nach wie vor am Markt ist.
Bild: AUTO BILD Montage Hintergrund / Smart Automobile Co., Ltd.

Viele Bewegung im E-Automarkt

Überhaupt sei viel Bewegung im E-Automarkt: "Fast alle bestehenden Modelle der Automobilhersteller werden regelmäßig überarbeitet, und während des Lebenszyklus kann es vorkommen, dass Hersteller die Listenneupreise von E-Fahrzeugen stark senken. Teilweise werden auch vollkommen neue Plattformen, Submarken oder neue Modellfamilien geschaffen", so die DAT gegenüber AUTO BILD.
Zudem seien Technologiesprünge momentan noch rasant, so Weiss. Sie hätten deutliche Auswirkungen beispielsweise auf die Reichweite oder das Ladeverhalten. Jedem Gebrauchtwagenverkäufer gehen da schnell die Argumente aus, warum der Kunde einen drei- oder vierjährigen Pkw kaufen soll.