Öko-Diesel: Pflanzenöl, Fett, Abfall, Recycling, eFuels, HVO, C.A.R.E.-Diesel
Diese Autos dürfen schon heute den neuen Öko-Diesel tanken!

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Biokraftstoffe könnten den Verbrenner am Leben halten. Das hat der ADAC jetzt in einem Langzeitversuch mit einem neuen Öko-Diesel erfolgreich ausprobiert. Einige Hersteller haben bereits Freigaben für bestimmte Dieselmotoren erteilt!
Inhaltsverzeichnis
- Warum wird auch zukünftig Benzin und Diesel gebraucht?
- Warum ist HVO kurzfristig ein geeigneter Kraftstoff?
- Welche Autos hat der ADAC auf Verträglichkeit getestet?
- Welche Motoren und Modelle sind für den neuen Öko-Diesel freigegeben?
- Wie nähern sich japanische Hersteller dem Thema Biodiesel?
- Produktion von Ethanol soll effizienter werden
- Bioethanol als E100 und E85
- Japanische Allianz für Biodiesel- und Wasserstoffmotoren
- Tests für Biodiesel der nächsten Generation
- Auch Wasserstoffmotoren reduzieren den CO2-Abdruck
- Biomasse aus Abwasser im Einsatz
In Europa ist das Verbrenner-Aus für 2035 beschlossen. Doch auch danach werden noch mindestens 30 Jahre lang Autos mit Verbrennungsmotor fahren – so lange dauert es, bis der Bestand komplett auf Elektroautos gewechselt haben wird (und auch danach dürfte es eine nennenswerte Zahl an Autos geben, die Sprit tanken, zum Beispiel Oldtimer).
Für diese Übergangszeit (und für später) sind eFuels im Gespräch. Dabei handelt es sich um synthetische Kohlenwasserstoffe, die mithilfe von Strom aus CO2 und Wasserstoff gewonnen werden. Das macht diesen alternativen Sprit CO2-neutral. Es sind bereits Produktionsanlagen in sonnen- und windreichen Weltregionen im Bau, z. B. im Süden Chiles. Doch bis die nennenswerte Mengen liefern, wird es noch viele Jahre dauern.
Für Dieselmotoren könnten in der Zwischenzeit "HVO" eine Alternative sein. Die Abkürzung steht für "Hydrogenated Vegetable Oil", also Pflanzenöle, die mit Wasserstoff zu Kohlenwasserstoffen umgewandelt werden. Sie werden zum Beispiel aus Abfallstoffen gewonnen, etwa aus alten Speiseölen oder Fetten. Nach Angaben des Herstellers sind sie zu 90 Prozent CO2-neutral.

Der Ökodiesel HVO wird aus Abfall hergestellt: Pflanzenöl- und Fettreste, zum Beispiel aus Großküchen, werden gereinigt und zu Kraftstoff "veredelt".
Wichtig: HVO und andere alternative Dieselkraftstoffe sind kein Biodiesel im früheren Sinn. Dieser pflanzenbasierte Sprit, oft aus Rapsöl produziert, wurde bis vor knapp zehn Jahren als eigene Kraftstoffsorte an Tankstellen angeboten, verlor dann aber sein Steuerprivileg und verschwand. Anders als Biodiesel entsteht der "neue" alternative Diesel nicht aus Rohstoffen, sondern aus Abfällen.
Im ADAC-Test wurden mehrere Fahrzeuge über längere Zeit mit alternativen Kraftstoffen betankt, darunter ein VW Golf 8 mit eFuels. Außerdem wurden ein BMW 320d und ein VW Touran TDI mit HVO betrieben. Ergebnis: Beim Öko-Diesel sank der Stickstoff-Ausstoß um rund 40 Prozent. Aufgrund der niedrigeren Energiedichte von HVO nahm der Verbrauch der beiden Selbstzünder zwar leicht zu, die CO2-Emission blieb aber unterm Strich gleich.
Der ADAC folgert aus dem Ergebnis, dass schon heute viele Fahrzeuge eFuels tanken könnten – und HVO. Der wichtige Unterschied zwischen HVO und eDiesel: Die Standard-Dieselnorm EN 590 wird nicht erfüllt, sondern lediglich die DIN EN 15940. Den Sprit vertragen also nicht alle Diesel-Modelle. Bei vielen Herstellern fehle noch die Freigabe, moniert der ADAC. "Die Kraftstoffe funktionieren einwandfrei, sofern die Modelle für den jeweiligen Sprit freigegeben sind."
Inzwischen haben Peugeot und Citroën alle Fahrzeuge der Emissionsklassen Euro 5 und Euro 6 für die Betankung mit HVO und weiteren paraffinierten Kraftstoffen freigegeben. Ein paraffinischer Dieselkraftstoff ist zum Beispiel auch C.A.R.E.-Diesel, der ebenfalls aus Rest- und Abfallstoffen hergestellt wird. C.A.R.E.-Diesel ist eine Marke, die ein finnisches Mineralölunternehmen herstellt.
Audi hat alle V6-Diesel bis 286 PS freigegeben, die seit Mitte Februar 2022 produziert wurden. Außerdem dürfen alle Vierzylinder seit Juni 2021 in den Baureihen A3, Q2 und Q3 mit dem neuen Öko-Diesel betankt werden.

VW Touareg mit V6-Diesel der Leistungsstufe 231-286 PS dürfen bereits heute den neuen Öko-Diesel tanken.
BMW hat sämtliche Dieselmodelle, also auch ältere Baureihen, freigegeben. Das betrifft auch Cupra. Toyota gibt ab 2023 alle Diesel in neuen Land Cruiser und Hilux frei. Proace-Modelle sind bereits heute freigegeben. Peugeot und Citroën erlauben die Betankung aller Dieselmodelle der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 mit Motoren des PSA-Konzerns. Keine Freigabe gibt es für Fahrzeuge mit Motoren des GM-Konzerns. Renault und Dacia erlaubt die Betankung aller Fahrzeuge ab Abgasnorm EU6d mit B7- und B10-Diesel. Nissan gibt alle Dieselmodelle ab Euro 6 für Öko-Diesel aller Art frei.
VW erlaubt die Betankung aller Dieselautos ab Produktion Mitte 2021 mit dem neuen Öko-Diesel. Darüber hinaus dürfen sämtliche Touareg mit V6-Diesel zwischen 231 und 286 PS den alternativen Sprit tanken. Seat und Skoda erlauben die Betankung aller Modelle mit der Motorenfamilie EA288evo ab Produktion KW25/2021.
Auch Japan hingegen forscht man weiter fleißig an Biokraftstoffen, die in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden sollen. So läuft dort aktuell ein Projekt mit dem etwas sperrigen Namen "Forschungsverbund für Biomasse-Innovationen für Automobilkraftstoffe der nächsten Generation".
Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss der Autobauer Toyota, Suzuki, Subaru und Daihatsu, der Handelsgruppe Toyota Tsusho sowie dem Erdöl- und Chemieunternehmen Eneos. Ziel ist es, die Gewinnung und Nutzung von Biomasse und Bioethanol zu optimieren. Großer Vorteil des Biokraftstoffes: Er kann durch Photosynthese bei Anbau und Wachstum der verarbeiteten Pflanzen CO2-Emissionen einsparen.
Für die nötige weitere Reduzierung von Kohlenstoffdioxid im gesamten Herstellungsprozess werden vom Verbund mehrere Schwerpunkte gesetzt. Dabei geht es unter anderem um die Forschung an effizienten Ethanol-Produktionssystemen, dem Nebenprodukt Sauerstoff, der CO2-Abscheidung und -Verwertung. Modellrechnungen sollen Produktionsmengen des Rohstoffanbaus und des Kraftstoffs vorhersagen können. Und auch der Anbau von Bioethanol-Rohstoffen wie Getreide, Zuckerrüben oder Biomasse soll effizienter werden.
Bioethanol wird durch Destillation nach alkoholischer Gärung von Weizen, Roggen oder Zuckerrüben gewonnen. Es gibt ihn in Reinform E100, besser bekannt ist er als Mischform mit Benzin als E85. Nutzbar ist er nur von speziellen Fahrzeugen, sogenannten Flexible Fuel Vehicles (FFV). Schon vor rund 15 Jahren galt Bioethanol als mögliche Lösung für CO2-neutrale Mobilität, ehe die Kritik an der Nutzung von Nahrungspflanzen die Begeisterung wieder abebben ließ.
Bereits Ende 2021 hatte sich in Japan eine Allianz für Biokraftstoffe formiert. Mazda, Toyota, Subaru, Kawasaki und Yamaha arbeiten künftig gemeinsam an Biodiesel- und Wasserstoffmotoren. Ziel ist die Senkung der CO2-Emissionen durch klimaneutrales Autofahren.
Die Japaner sehen großes Potenzial in der Optimierung von Verbrennungsmotoren, um ihre Klimabilanz zu verbessern. Ein wichtiger Schlüssel dazu sind CO2-neutrale Kraftstoffe. Mazda Spirit Racing startete daher Mitte November 2021 bei einem Rennen der Super-Taikyu-Serie im japanischen Okayama mit einem Prototyp namens Demio.

Das Konzeptfahrzeug von Mazda Spirit Racing namens Demio.
Der 1,5 Liter große Dieselmotor des Mazda Demio wurde mit einem zu 100 Prozent aus Biomasse gewonnenen Kraftstoff betrieben. Mit Tests wie dem Rennen in Okayama will Mazda die Zuverlässigkeit dieser Technik unter Beweis stellen und so zum Biodiesel der nächsten Generation beitragen.
2022 starten Subaru und Toyota ebenfalls mit Biodiesel-Fahrzeugen in der genannten Rennserie. Vom Wettbewerb auf der Rennstrecke versprechen sich die Hersteller eine Beschleunigung der technologischen Entwicklung. Der Vorteil: Biokraftstoffe können ohne großen Aufwand in den bereits bestehenden Motoren genutzt und über das aktuelle Tankstellennetz vertrieben werden.
Eine zweite Möglichkeit, den CO2-Abdruck nachhaltig zu reduzieren, sind aus der Sicht der japanischen Hersteller Wasserstoffmotoren. Toyota hat gemeinsam mit Denso und Yamaha ein Aggregat entwickelt, das Wasserstoff anstelle von Benzin nutzt und daher lokal emissionsfrei unterwegs ist. Der Motor musste sich ebenfalls schon auf der Rennstrecke beweisen, beim 24-Stunden-Rennen in Fuji. In Okayama folgte jetzt Einsatz Nummer zwei mit mehr Leistung und mehr Drehmoment. Yamaha und Kawasaki prüfen währenddessen die Möglichkeit, einen Wasserstoffmotor in Zweirädern und Quads bzw. ATVs einzusetzen.
Um Produktion und Transport des Wasserstoffs ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe sicherzustellen, arbeiten die Hersteller nach eigenen Angaben mit unterschiedlichen Partnern und lokalen Gemeinden zusammen. In der Herstellung des Kraftstoffs kommt in manchen Regionen beispielsweise Biomasse aus der Abwasseraufbereitung zum Einsatz. Für den Transport werden Brennstoffzellen-Lkw verwendet.
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