Ukraine-Krieg: Autofahrer, Autoindustrie, Russland, Energiepreis, Wirtschaft, Putin
Preise, Produktion, Rohstoffe: wie der Ukraine-Krieg die Autowelt lähmt

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Die Folgen des Ukraine-Kriegs sind überall zu spüren, auch in der Autowelt. Werden Autos und Sprit noch teurer? Was machen die Hersteller?
Bild: AUTO BILD Montage / DPA
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Der Überfall von Putins Russland auf die Ukraine – er bringt Chaos, Zerstörung und menschliches Leid über ein ganzes Land. Ein schrecklicher Krieg in Osteuropa, der die Welt für immer verändern wird. Auch die Autowelt. Schon jetzt gibt es spürbare Folgen für die Wirtschaft und die Autofahrer, die sich möglicherweise noch verschärfen könnten.
So beklagen Autohersteller Probleme bei der Zulieferung aus der Ukraine, teilweise stehen bereits Bänder still. Viele Autobauer stoppen den Export nach Russland und die dortige Produktion ihrer Fahrzeuge. Die Lieferung von Gas und Öl aus Russland steht auf dem Prüfstand, es drohen weiter steigende Energiepreise, also auch für Benzin und Diesel.
Die anhaltende Chipkrise droht sich durch weiteren Rohstoffmangel zu verlängern, was vor allem die Elektromobilität betreffen könnte. Die Folgen des Ukraine-Krieges für Autofahrer und Autobauer in der Übersicht!

Dunkle Wolken über der Ukraine: Das osteuropäische Land wird von Russland mit einem furchtbaren Krieg überzogen.
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Kaum. Fast alle namhaften Autobauer – auch die deutschen – haben einen Exportstopp in das Land des Aggressors Putin verhängt. Viele stellen zudem die Produktion in Russland ein oder brechen Geschäftsbeziehungen ganz ab. So setzt VW sein Russland-Geschäft aus, die Mercedes-Benz Group stellt bis auf Weiteres den Export von Pkw und Vans sowie die lokale Fertigung in Russland ein.
Die 15-prozentige Beteiligung am russischen Nutzfahrzeughersteller Kamaz will der Autobauer verkaufen. BMW verzichtet ebenso wie Volvo und GM auf den Export seiner Autos nach Russland und will die Produktion in den dortigen Werken beenden.
Gerade die Luxus-SUVs Mercedes G-Klasse und GLS sowie die besonders sportlichen AMG-Modelle stehen bei reichen Russen hoch im Kurs. Gleiches gilt für Porsche (911, 718, Macan, Cayenne, Panamera, Taycan) oder Lamborghini. Nun ist der Zufluss gestoppt. Auch der britische Performance-Hersteller Aston Martin verkauft seine Supersportler und das Luxus-SUV DBX nicht mehr nach Russland.

Noch 2019 war Russlands Staatspräsident Wladimir Putin Gast bei der Eröffnung des Mercedes-Werks in Moskau.
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Verglichen mit Märkten wie China, Westeuropa oder Nordamerika ist die Region für die deutschen Autobauer weniger bedeutend. 2021 verkaufte der VW-Konzern in Russland rund 204.000 Fahrzeuge, BMW und Mercedes jeweils rund 50.000 Neuwagen. Dennoch dürfte es ein Umdenken geben.
Branchen-Experte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach glaubt: "Die Hersteller müssen ihre Investitionen in Russland komplett neu bewerten."
Sein Kollege Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft (IfA) in Geislingen ist überzeugt: "Russland und die Ukraine werden wohl für lange Zeit als Absatzmärkte ausfallen." Je nach Ausmaß und Dauer könne das angrenzende Länder mit hineinziehen.
Lada gehört zu Russlands größtem Autobauer Avtovaz, an dem wiederum Renault eine Mehrheitsbeteiligung hat. Die Franzosen sind vergleichsweise stark in Russland engagiert, generieren dort nach Schätzungen von Citibank acht Prozent ihrer Kerneinnahmen. Wegen logistischer Engpässe hat Renault seine Aktivität in russischen Werken zeitweise eingeschränkt und in Moskau ganz gestoppt.
In Deutschland sind Lada offiziell nicht mehr erhältlich, höchsten noch einzeln bei wenigen Händlern. Der Einfluss des Krieges auf die Marke hierzulande dürfte also überschaubar sein.
Ja, der Einmarsch Russlands in die Ukraine führt nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) zur Unterbrechung von Lieferketten. Der Transport ist eingeschränkt, die Produktion in Zulieferbetrieben fällt aus. Dabei geht es vor allem um Kabelbäume, bei denen sich der Westen der Ukraine zu einem wichtigen Produktionsstandort entwickelt hat.
Bei Porsche stehen mehrere Tage lang die Bänder in Leipzig still, VW muss die Produktion im Stammwerk in Wolfsburg drosseln. MAN stoppte nach eigenen Angaben die Arbeit im Werk im russischen St. Petersburg ganz, in München und Krakau würden Schichten gestrichen. Auch in den BMW-Werken München, Dingolfing und Steyr sowie in den Mini-Werken in Oxford und in den Niederlanden kommt es zu Produktionsunterbrechungen wegen Lieferengpässen.
Mercedes will versuchen, Ausfälle zu vermeiden, die Schichtplanung müsse aber angepasst werden. Branchenkreisen zufolge kann es Monate dauern, bis Werke an anderen Standorten die Arbeit der ukrainischen Fabriken übernehmen können.
Der VDA rechnet mit einer Knappheit und einem Preisanstieg bei Rohmaterialien. Dies betreffe vor allem Neongas, Palladium und Nickel. Bei Neongas sei die Ukraine einer wichtigsten Lieferanten. "Wir erwarten Auswirkungen auf die europäische Halbleiterproduktion, da Chips bereits jetzt Mangelware sind", heißt es vom VDA. Zum anderen könnte Palladium aus Russland für Katalysatoren fehlen.
Ein wichtiger Rohstoff zur Produktion von Lithium-Ionen-Batterien sei Nickel, Russland ein wichtiges Förderland für Nickelerz. Damit sei dieser Rohstoff unersetzbar für den Hochlauf der Elektromobilität.
Aufgrund der sehr dynamischen Situation sei ein verlässlicher Ausblick schwierig, so der VDA. Fest stehe aber, dass es zu weiteren Beeinträchtigungen bei der Produktion von Fahrzeugen in Deutschland kommen werde. Heißt: Die durch den Halbleitermangel ohnehin oft langen Lieferzeiten könnten sich noch weiter verlängern, mehr Modelle könnten betroffen sein. Auch die Weitergabe von höheren Produktionskosten an die Kundschaft scheint möglich.
Russland war 2020 mit 10,9 Prozent der zweitgrößte Erdölexporteur der Welt nach Saudi-Arabien. 2021 hatte das Land einen Anteil von 34 Prozent an den deutschen Öleinfuhren. Zwar ist die Abhängigkeit Deutschlands gegenüber Russland beim Erdgas noch deutlich größer, die nationale Ölreserve stellt eine Versorgung für mindestens 90 Tage sicher. Aber: Sollte Russland auf harte Sanktionen seitens der westlichen Welt reagieren und seinerseits seine Energieexporte drosseln, geriete der Markt noch stärker unter Druck.
Immerhin hielten sich die unmittelbaren Folgen des russischen Einmarsches am 24. Februar 2022 auf den Rohölpreis in Grenzen, doch stiegen die Spritpreise in den ersten Kriegstagen weiter an (zwölf Tipps zum Spritsparen). Und Besserung ist aktuell nicht in Sicht – weder in den ukrainischen Kriegsgebieten noch an deutschen Tankstellen.
Mit Material von dpa und Reuters
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