Elektroauto-Laden, Blackout, Stromsperre, knappe Energie
Wird bei Engpässen der Strom für Elektroautos gedrosselt?

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Weil immer mehr Elektroautos in Deutschland fahren, steigt die Gefahr von lokalen Stromausfällen. Die Bundesregierung bereitet ein Gesetz vor, das es Versorgern erlaubt, bei Überlastung den Ladestrom zu rationieren.
Bild: ADAC/Ralph Wagner
Inhaltsverzeichnis
Immer mehr Stromfresser: Die Menge der Elektroautos in Deutschland wächst langsam, aber kontinuierlich. Zum 1. Januar 2023 zählte das Kraftfahrtbundesamt mehr als eine Million zugelassene Elektroautos in Deutschland.
Das ist offenbar schon genug, um die Befürchtung zu befeuern, gehäuftes Laden könnte lokale Löcher ins Stromnetz reißen. Damit solche Überlastungen und daraus resultierende Mini-Blackouts gar nicht erst entstehen, sollen Stromversorger künftig den Ladestrom für Elektroautos drosseln können.
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Das sieht ein Gesetzesentwurft vor, den die Bundesnetzagentur im Auftrag des Wirtschaftministeriums vorbereitet. Er soll Anfang 2024 in Kraft treten und Energieversorgern erlauben, bei Überlastung zu bestimmten Zeiten weniger Strom an Wallboxen (diese Wallboxen gibt's direkt beim Hersteller) abzuzweigen. Das betrifft vor allem die Abendstunden, wenn traditionell nach Feierabend TV, Herd und Waschmaschine den Stromverbrauch rapide steigern.

Laden an der Wallbox: Hängen zu viele Elektroauto zeitgleich am Netz, könnte der Strom von den Stadtwerken rationiert werden.
Bild: Charge Amps AB
Bereits im Januar trug die Bundesnetzagentur ihre Sorgen in die Öffentlichkeit: "Wenn weiter sehr viele neue Wärmepumpen und Ladestationen installiert werden, dann sind Überlastungsprobleme und lokale Stromausfälle im Verteilnetz zu befürchten", hatte ihr Präsident Klaus Müller der FAS gesagt. Seine Lösung: Strom für E-Auto-Fahrer rationieren.
Heftiger Verbände-Streit um die Stromdrosselung
Um die geplanten Stromrationierung entbrennt gerade ein heftiger Streit zwischen Autoindustrie und Stromnetzbetreibern: Die Hersteller von Elektroautos sehen ihren Absatz bedroht, weil verunsicherte Kunden wohlmöglich vom Kauf eines Elektroautos absehen, wenn sie es abends nicht ausreichend aufladen können. Die Energieversorger fürchten um die Stabilität der Netze.
Das "untergräbt das Verbrauchervertrauen und die Akzeptanz der Elektromobilität spürbar", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Sie forderte die Stromversorger indirekt auf, ihre Hausaufgaben zu machen, damit solche Engpässe gar nicht erst entstehen.
Die Energiewirtschaft ihrerseits giftete in einem Beschwerdebrief an die Bundesregierung zurück, dass die Autoindustrie ihren Kunden endlos lange Lieferzeiten zumute, hingegen von den Stromversorgern penible Pünktlichkeit beim Netzausbau erwarte. Ausgang offen.
In der Praxis würde es ab Frühjahr 2024 so aussehen: Wenn das Stromnetz lokal zu stark belastet ist, können die betreffenden Stadt- oder Überlandwerke die Menge des zur Verfügung stehenden Ladestroms für private Ladestationen und Wärmepumpen drosseln. Inzwischen hat Müller seinen Ton modifiziert und spricht von "dimmen" – das Resultat dürfte gleich bleiben.

Der deutsche Strom-Gigant EnBW unterhält das größte Ladestationsnetz.
Bild: EnBW
Immerhin soll auch bei Stromknappheit eine Mindestversorgung gewährleistet werden. An privaten Ladestationen wäre genügend Strom zu beziehen, um den Fahrakku eines E-Autos binnen drei Stunden für eine Reichweite von 50 Kilometern aufzuladen.
Dazu gibt es unterschiedliche Positionen. Zuletzt ist die Zahl der in Deutschland neu zugelassenen Elektroautos stark angestiegen, auch forciert durch die Kaufprämie. Die Bundesregierung zielt auf 15 Millionen E-Fahrzeuge in 2030, damit der Verkehrssektor dazu beiträgt, die Klimaziele zu erreichen. Aber verkraften das Land und seine Stromnetze überhaupt 15 Millionen Elektroautos und deren Strombedarf?
Dieser Frage ging Netze BW, eine Tochter des Energieriesen EnBW mit den meisten Ladestationen und einer der größten Verteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg, intensiv nach. Gleich vier Pilotprojekte – sogenannte Netzlabore – umfasst eine Langzeituntersuchung mit dem Titel "Netzintegration Elektromobilität". Ein kaum überraschendes Resultat: Die Netzbetreiber stehen vor "enormen Herausforderungen" und einer "riesigen Aufgabe".
NETZlabore beim Stresstest von Netze BW
Netzlabor E-Mobility-Allee
In Ostfildern bei Stuttgart stattete Netze BW zehn Haushalte in Eigenheimen mit jeweils einem E-Auto (VW e-Golf, BMW i3, Renault Zoe) und einer Wallbox (22 kW) aus. Alle Anwohner gehörten zum selben Stromkreis. So konnten Lastspitzen frühzeitig erkannt und Lösungen wie Batteriespeicher auf die reale Tauglichkeit untersucht werden. Projektlaufzeit: Juni 2018 bis Oktober 2019.
Netzlabor E-Mobility-Carré
Eine Wohnanlage als Blaupause der elektrischen Tiefgarage: Im Netzlabor E-Mobility Carré in Tamm bei Ludwigsburg wurde in einer 16-monatigen Testphase untersucht, wie die Integration von Elektromobilität in das Stromnetz von Mehrfamilienhäusern im Bestand am besten gelingen kann. 63 Testpersonen bekamen insgesamt 45 E-Fahrzeuge (VW e-Golf, BMW i3) plus Ladeinfrastruktur (58 Ladepunkte in einer gemeinsamen Tiefgarage) zur Verfügung gestellt.
Netzlabor E-Mobility-Chaussee
Bei der E-Mobility-Chaussee in Kusterdingen (Landkreis Tübingen) werden die Auswirkungen der E-Mobilität im ländlichen Raum auf das Stromnetz erforscht. Für die 18-monatige Testdauer bekamen acht Haushalte am selben Stromnetz je ein E-Auto (Nissan Leaf, Renault Zoe) gestellt. Es werden verschiedene Lösungsansätze untersucht, wie beispielsweise ein Strangregler, ein zentraler Batteriespeicher sowie statisches bzw. dynamisches Lademanagement. Darüber hinaus wird auch die Eigenverbrauchsoptimierung (Autarkie) eines einzelnen Haushalts betrachtet.
Netzlabor Intelligentes Heimladen
Wie lässt sich Ladeleistung netzdienlich und kundenfreundlich steuern? Wie kann eine standardisierte Lösung aussehen? Diesen Fragen ging der Versuch Intelligentes Heimladen nach. Sechs Familien an fünf Standorten mit jeweils einem Stromkreis bekamen E-Fahrzeuge (BMW i3, VW e-Golf, Tesla Model 3) zur Verfügung gestellt:
• Ettenheim (ländlicher Raum, insbesondere durch zahlreiche Wärmestromanlagen bereits stark ausgelastet). • Dossenheim (vorstädtischer Raum – hier wird die Anzahl an E-Fahrzeugen voraussichtlich schnell ansteigen) • Ringsheim (ländlicher Raum, durch viele installierte Photovoltaikanlagen mit hoher Einspeiseleistung) • Wangen (ländlicher Raum, Kombination aus installierten Wärmestrom- und Einspeiseanlagen, anspruchsvolle Witterungsbedingungen) • Künzelsau (typisches Wohngebiet, bereits vor Projektbeginn mit mehreren Ladestationen)
Nicht nur unter E-Auto-Skeptikern, auch bei so manchem Netzbetreiber und Energieversorger geht die Angst vor einem Blackout um – oder zumindest vor lokalen Stromausfällen. Denn ein Großteil der Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen findet nicht beim öffentlichen Laden, sondern zu Hause oder am Arbeitsplatz statt. Und die heimische Wallbox lädt mit bis zu 22 Kilowatt (kW) mit einer deutlich höheren Ladeleistung als eine herkömmliche Steckdose (2,3 kW).
Andererseits arbeiten Autohersteller und Stromversorger an der Möglichkeit des bidirektionalen Ladens, mit dem Elektroautos Strom genauso ins Netz abgeben wie aus dem Netz aufnehmen können. Damit würde das Elektroauto zu einem rollenden Stromspeicher, der im Ruhezustand die Infrastruktur stützen könnte. Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis diese Technologie wirklich marktreif ist.
Entscheidend: Wird gleichzeitig Strom gezapft?
Die vier Feldversuche unter realen Bedingungen hatten ein einigermaßen beruhigendes Ergebnis: Die Zeiten mit Spitzenlast lagen zwar fast einheitlich abends zwischen 20 und 22 Uhr. Entscheidender aber ist der sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor, also die Zahl der zeitgleich ladenden Fahrzeuge.
Feldversuch in Ringsheim mit einem Stromkreis im ländlichen Raum, der durch viele Photovoltaikanlagen eine hohe Einspeiseleistung hat.
Bild: Netze BW
Dieser Wert pendelte im Stresstest von Netze BW zwischen 22 und 88 Prozent und lag im Mittel bei 50 Prozent. "Wenn wir überall 80 bis 100 Prozent Gleichzeitigkeit gehabt hätten, dann hätte sich die Netzbelastung und damit der Ausbau unseres Stromnetzes um ein Vielfaches erhöht", sagte Projektleiter Markus Wunsch.
Da aber der Stromnetzausbau kaum mit dem Wachstum auf dem Markt der Elektromobilität Schritt halten dürfte, bedarf es laut Studie noch einer weiteren Maßnahme: eines netzdienlichen Lademanagements. Stromversorger sollen durch eine gezielte und bedarfsabhängige Reduktion der Ladeleistung die Belastung für das Netz abfedern dürfen. Das könnte – mit entsprechender Messtechnik – dynamisch auf Basis des real gemessenen Stromverbrauchs geschehen. Oder aber – leichter umsetzbar – statisch in bestimmten Ladefenstern, beispielsweise am Abend.

Wenn dem Netz Überlastung droht, würden die Versorger die Durchleitung für private Wallboxen begrenzen.
Bild: Vivien Peters / AUTO BILD
Das würde zu den Plänen der Bundesnetzagentur passen, bei deren Umsetzung der Strom zu Zeiten besonders großer Belastung rationiert werden könnte. Dann würde das Wallbox-Laden von E-Autos zu gewissen Zeiten langsamer vonstattengehen. Ein großes Problem scheint dies aber nicht zu sein, wie die Untersuchung zeigt: Praktisch haben die meisten Teilnehmer der Netzlabore laut Netze BW kaum Einschränkungen durch den Einsatz des Lademanagements gemerkt.
Die Autos seien am nächsten Morgen immer geladen gewesen, die Ladezeit habe sich um maximal eine Stunde erhöht. (Diese vier Arten zum Elektroauto-Laden gibt es.) Die gesetzliche Grundlage für ein Lademanagement könnte mit dem Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur zum 1. Januar 2024 geschaffen werden.
Verbraucherschützer warnten jedoch bereits vor allzu weitreichenden Befugnissen der Stromversorger. "Eine Generalerlaubnis für eine tägliche mehrstündige Teil- oder Totalabriegelung darf es nicht geben", sagte Energieexperte Thomas Engelke vom Verbraucherzentrale Bundesverband zuletzt. Außerdem sei wichtig, dass keine normalen Haushaltsgeräte davon betroffen sind. Generell sei eine Möglichkeit wie von der Bundesnetzagentur geplant aber sinnvoll, wenn es zu Engpässen kommt.
Mit Material von AFP und dpa.
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