Es ist noch gar nicht allzu lange her, da wurden chinesische Autos in Europa belächelt. Doch die Zeit der dreisten Kopien mit billigster Materialanmutung soll ein Ende haben. Auf der IAA in München (7. bis 12. September) präsentiert Great Wall Motors (GWM) gleich zwei neue Marken, die in Europa Fuß fassen sollen. Neben der Premium-Marke Wey (hier geht's zur Sitzprobe im SUV Coffee 01) debütiert auch die reine Elektromarke GWM Ora. Das Debütmodell trägt den etwas sonderbaren Namen Ora Cat und soll VW ID.3 und Co Konkurrenz machen!
Erst vor wenigen Wochen hat GWM Ora auf der Shanghai Auto Show 2021 den Ora Punk Cat enthüllt. Der Punk Cat ist zwar noch ein Prototyp, doch das Design ist mehr als offensichtlich vom VW Käfer abgekupfert. Ganz vorbei scheint die Zeit der dreisten Kopien also doch noch nicht. Mit dem ersten Modell für den europäischen Markt möchte GWM einen anderen Weg einschlagen. Laut eigener Aussage soll der Ora Cat das Potenzial zum Gamechanger haben. Ob das wirklich stimmt, klärt die erste Sitzprobe auf der IAA Mobility in München (Die Tops & Flops der Messe)!
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Retro-Optik statt futuristischem Design

Im Vergleich zu vielen futuristisch anmutenden Elektroautos setzt der für Ora Cat auf Retro-Design mit weichen Linien. Die runden Scheinwerfer verfügen über Matrix-LED-Technik und erinnern an Mini. Im Profil hat der Ora Cat, der in China seit 2020 unter dem Namen Ora Haomao vertrieben wird, eine gewisse Ähnlichkeit zum Opel Adam. Die Radhaus-Verbreiterungen der GT-Version in Fake-Carbon sind Geschmackssache. Genauso wie das ungewöhnlich gestylte Heck, das ohne Rückleuchten in der Kofferraumklappe auskommt. Stattdessen ist ein durchgängiges Lichtband in der Heckscheibe platziert. Reflektoren und Rückfahrscheinwerfer befinden sich in der Heckschürze.
GWM Ora Cat
Aufgeräumtes Cockpit mit riesiger Bildschirm-Landschaft und guter Qualitätsanmutung.
Bild: AUTO BILD

Fast genauso lang wie ein VW ID.3

Auch wenn der Ora Cat auf Bildern nach Kleinwagen aussieht, er gehört zur Kompaktklasse. Mit 4,24 Metern Länge ist er fast genauso lang wie ein VW ID.3 (4,26 Meter) und rund 40 Zentimeter länger als ein Mini Cooper SE (3,85 Meter). Hier gibt es die wichtigsten Abmessungen auf einen Blick:
● Länge: 4,24 Meter
● Breite: 1,83 Meter
● Höhe: 1,60 Meter
● Radstand: 2,65 Meter

Erste Sitzprobe im GWM Ora Cat

Während das runde Retro-Design sicherlich Geschmackssache ist, gibt es beim Innenraum keine zwei Meinungen. Dank 2,65 Metern Radstand ist das Platzangebot auch im Fond mehr als ausreichend und nicht zu vergleichen mit einem Mini Cooper SE oder Honda e. Überraschender als das Platzangebot ist allerdings die Qualitätsanmutung. Hartplastik-Wüsten oder katastrophale Verarbeitung sucht man im Ora Cat vergeblich. Stattdessen ist die Materialauswahl sehr gut. Oberflächen, die sich nach Leder anfühlen, sind vegane Alternativen. Die Plastikteile im Seh- und Griffbereich sind allesamt aufgeschäumt und Hartplastik findet sich nur an einigen wenigen Stellen im Innenraum. Billig wirkt hier nichts – im Gegenteil!
GWM Ora Cat
Front im Retro-Design mit runden Scheinwerfern, die an Mini erinnern.
Bild: AUTO BILD

Und das ist erst der Anfang, denn nicht nur die Verarbeitung passt, auch beim Thema Infotainment fahren die Chinesen richtig auf. Zentral auf dem Armaturenbrett thront die riesige 20,5 Zoll Bildschirm-Landschaft, die in Navi/Infotainment (rechts) und virtuelles Cockpit (links) unterteilt ist. Die Bedienung wirft kaum Fragen auf und der Touchscreen reagiert schnell und flüssig. Einziger Kritikpunkt: Die animierten Instrumente sind nicht optimal abzulesen. Dafür verrät GWM Ora, dass der 20,5 Zoll Dual-Screen serienmäßig an Bord sein soll. Da sieht die Klein- und Kompaktwagen-Konkurrenz á la VW ID.3 im Vergleich alt aus.
Zudem verfügt der Ora Cat über nützliche Features wie eine 360-Grad-Kamera, Einpark-Assistent und sogar über Gesichtserkennung. Letztere sorgt nicht nur dafür den Fahrer vor Müdigkeit und Ablenkung zu warnen, sondern speichert auch einzelne Einstellungen ab. So fährt der Fahrersitz nach dem Einsteigen automatisch in die vorausgewählte Position – das ist Oberklasse-Feeling.

Bis zu 400 Kilometer Reichweite

GWM Ora plant zwei unterschiedliche Versionen des Elektroautos. So soll der Ora Cat mit einem 105 kW (143 PS) oder 126 kW (171 PS) erhältlich sein. Beide Modelle verfügen über Frontantrieb und sind bei 160 km/h abgeriegelt. Laut Hersteller sollen 50 km/h nach 3,8 Sekunden und 100 km/h nach 8,3 Sekunden auf dem Tacho stehen. Je nachdem ob die Batterie mit 49 kWh oder 63 kWh bestellt wird, soll die Reichweite zwischen 300 und 400 Kilometern nach WLTP liegen. Damit ist der Ora Cat zwar etwas schwächer als der VW ID.3 mit Performance Upgrade, bietet aber eine ähnliche Reichweite wie der Konkurrent aus Wolfsburg.
GWM ORA CAT
Auf der IAA hat GWM Ora auch schon eine mögliche Cup-Version des Elektroautos Cat gezeigt.
Bild: Thomas Starck

Preise ab rund 30.000 Euro

Jetzt geht alles ganz schnell: Nach der Europa-Premiere auf der IAA Mobility sollen ab Ende 2021 Vorbestellungen möglich sein. Die  Kundenfahrzeuge könnten bereits im ersten Halbjahr 2022 ausgeliefert werden – so der Plan. Preislich soll das Elektroauto bei ungefähr 30.000 Euro liegen, eine Basisversion könnte sogar noch etwas günstiger sein. Berücksichtigt man die geplante Serienausstattung inklusive Matrix-LED-Scheinwerfern, 20,5 Zoll Display und mehr könnte der Ora Cat eine interessante Alternative sein.
Jan Götze

Fazit

Der GWM Ora Cat hat mich positiv überrascht. Während sich über das Retro-Design streiten lässt, gibt es Ausstattung, Reichweite und vor allem der Materialauswahl nichts auszusetzen. Ich bin gespannt, ob der Zeitplan eingehalten werden kann und ob die deutschen Kunden offen genug sind, ein chinesisches Auto auszuprobieren.