Die zweite Generation des SUV-Flaggschiffs Mercedes GLS geht deutlich größer und vollgestopft mit modernster Technik an den Start. Als erstes Mercedes-Modell hat das Oberklasse-SUV einen V8 mit Elektrounterstützung unter der Haube. Präsentiert wurde er passenderweise auf der New York International Auto Show (NYIAS). Die USA sind schließlich einer der wichtigsten Absatzmärkte des GLS. Außerdem läuft das größte Mercedes-SUV im US-Bundesstaat Alabama vom Band. Ende 2019 rollt die neue Generation auch in Deutschland zu den Händlern, bestellt werden darf ab sofort. Die Preise starten bei 85.924 Euro für einen GLS 350 d. Der größere 400 d beginnt bei 90.386 Euro. Später soll eine Maybach-Version folgen. Bei ihr handelt es sich um einen First-Class-Viersitzer mit Liegesitzen im Fond, der sich auch optisch deutlich vom Standardmodell abgrenzen wird.

Design und Abmessungen: GLS noch länger als BMW X7

Die Stuttgarter haben das neue Modell gegenüber dem Vorgänger um 7,7 Zentimeter gestreckt. Mit seinen 5,21 Metern ist er sogar sechs Zentimeter länger als sein neuer Hauptkonkurrent BMW X7. In Verbindung mit dem um sechs Zentimeter verlängerten Radstand soll sich im GLS das Raumgefühl verbessern. Mit einer Breite von 1,96 Metern ist er jedoch rund drei Zentimeter schmaler als sein bayerisch-amerikanischer Gegner.
Reihensechser statt V6
Das Heck des GLS erinnert stark an den kleineren Mercedes GLE.
Mercedes hat den GLS optisch an die aktuelle und ziemlich glattflächige Designsprache der Marke angepasst. Die Sicken und Kanten des Vorgängers sind also passé. Dafür wird die breitere Front noch dominanter. Das liegt vor allem an dem wie gewohnt breiten Kühlergrill mit zwei Querstreben und an den größeren Lufteinlässen in der Frontschürze. Gleichzeitig schrumpfen die Scheinwerfer, die serienmäßig über Multibeam-LED-Technik verfügen und mehr als 650 Meter weit leuchten. Das Heck wird deutlich rundlicher und erinnert stark an den GLE. Vor allem die schmalen und von einer Chromleiste verbundenen LED-Rückleuchten sowie die stark ausgeformte Kennzeichen-Einbuchtung wurden vom kleineren SUV-Bruder inspiriert. Auch im Profil fällt auf, dass Mercedes beim S-Klasse-SUV seine reduzierte Designsprache anwendet: Glatte Blechflächen dominieren, während die weiterhin kantigen Radkästen mit schwarzem Kunststoff beplankt sind. Die Fensterlinie wurde abgerundet, die Glasflächen werden von einem breiten Chromband eingefasst. Der neue GLS ist deutlich aerodynamischer als bisher und verfügt jetzt über einen cw-Wert von 0,32.

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Neue Mercedes und AMG (2023, 2024, 2025)

Innenraum und Connectivity: MBUX auch für die zweite Reihe zwei

Das ist der neue Mercedes GLS!
Im Innenraum bleibt nichts beim Alten. Die Haltegriffe kennt man aus dem GLE.
Mercedes hat das etwas angestaubte Interieur des Vorgängers komplett umgekrempelt. Die analogen Anzeigen werden durch das bereits aus zahlreichen Mercedes-Modellen bekannte MBUX-System ersetzt. Die beiden Bildschirme für das frei konfigurierbare Kombiinstrument und das Infotainmentsystem sind jeweils 12,3 Zoll groß sehen im üppigen GLS-Cockpit aber fast schon dezent aus. Das Infotainment kann wie im kleinen Bruder GLE nicht nur über den Touchscreen, sondern auch per Sprach- und Gestensteuerung bedient werden. Besonderheit: Im GLS können gegen Aufpreis auch die Passagiere in der zweite Sitzreihe auf MBUX zugreifen. Mithilfe eines Android-Tablets können auch die Hinterbänkler bequem von ihrem Sitzplatz aus die Klimaanlage einstellen oder den Radiosender wechseln. Getoppt wird das Ganze von der ebenfalls aufpreispflichtigen Option "MBUX Fond-Entertainment": Sie beinhaltet zwei 11,6-Zoll-Touchscreens, über die beispielsweise Filme geschaut oder im Internet gesurft werden kann. Vorne bekommt der GLS die schrulligen Handgriffe auf der Mittelkonsole, die auch beim GLE zu finden sind.
Das ist der neue Mercedes GLS!
Wenn die hinteren Sitzreihen umgeklappt sind, beträgt das Kofferraumvolumen satte 2400 Liter.
Der GLS ist als Sieben- und als Sechssitzer erhältlich. Bei der ersten Variante verfügt die zweite Reihe über eine dreiteilige Sitzbank. Auf Wunsch können dort aber auch zwei Einzelsitze verbaut werden. Bei der daraus resultierenden sechssitzigen Version wird der Einstieg in die dritte Reihe durch einen schmalen Gang zwischen dem Gestühl erleichtert. Alle Sitze sind serienmäßig mit Leder bezogen, elektrisch einzeln verstellbar und zukünftig sogar in der dritten Sitzreihe beheizbar. Außerdem soll es in allen Reihen USB-Anschlüsse geben. Eine Klimaanlage mit fünf Zonen soll im ganzen Auto für angenehmes Reiseklima sorgen. Durch den längeren Radstand sollen die Passagiere in der zweiten Reihe bis zu neun Zentimeter mehr Beinfreiheit als bisher haben. Die hinteren Sitzreihen können per Knopfdruck einzeln oder zusammen umgelegt werden. Die letzte Sitzreihe bildet dann eine ebene Einheit mit dem Kofferraumboden. In dieser Konfiguration fasst der Laderaum bis zu 2400 Liter. Das Heck des Fahrzeugs kann zum Beladen um bis zu fünf Zentimeter abgesenkt werden.

Sitzprobe: Reihe eins und zwei mit fürstlichen Platzverhältnissen

Das ist der neue Mercedes GLS!
Auch wenn der Fahrersitz auf einen Zwei-Meter-Menschen eingestellt ist, genießen die Fondpassagiere sehr gute Platzverhältnisse in alle Richtungen.
Erster Eindruck vom neuen Mercedes GLS: Der Modellwechsel hat dem großen SUV wirklich gutgetan! Mercedes hat das etwas angestaubte Interieur des Vorgängers komplett umgekrempelt. Die Platzverhältnisse vorne sind großzügig und haben wahrhaft S-Klasse-Format. Sitzkomfort und Ergonomie lassen keine Wünsche offen. Mercedes verspricht durch den gewachsenen Radstand vor allem ab der zweiten Sitzreihe einen Zugewinn an Raum. Und tatsächlich: Im Vergleich zum Vorgänger ist der Unterschied immens. Auch wenn der Fahrersitz auf einen Zwei-Meter-Menschen eingestellt ist, genießen die Fondpassagiere hervorragende Platzverhältnisse in alle Richtungen. Das gibt eine glatte Eins. Wirklich spannend wird es beim Entern der dritten Sitzreihe. Per Easy-Entry-Funktion fahren die Sitze der mittleren Sitzreihe langsam nach vorne. Bis 1,94 Meter große Menschen sollen laut Mercedes ganz hinten sitzen können. Unser Reporter misst 1,95 Meter und muss sich beim Einstieg ganz schön zusammenfalten. Für Kinder easy, für Erwachsene nah dran am Geschicklichkeitstest. Die große Überraschung: Es ist hier in der Tat relativ bequem – vorausgesetzt, man zwängt sich nur für eine kurze Strecke nach hinten und leidet nicht unter Platzangst. Nach oben wäre immer noch ein kleines bisschen Luft, der Sitz ist für die dritte Sitzreihe komfortabel. An den Knien wird es für große Leute dann aber doch arg eng. Dennoch: Im Gedächtnis bleibt der große Sprung in Sachen Raumausnutzung in den vorderen zwei Dritteln des Passagierabteils.

Fahren: Der Diesel ist eine echte Empfehlung (Update!)

Der durch 48-Volt-Technologie elektrifizierte Benzin-Reihensechszylinder des GLS 450 braucht im Komfortmodus eine Gedenksekunde, bevor das Ansprechverhalten des 367 PS und 500 Nm Drehmoment starken Motors spürbar wird. Im Sport-Modus beschleunigt er deutlich zügiger, das passt besser zum Motor. Obenrum klingt der drei Liter große Motor kernig, allerdings auch schnell angestrengt. Wer mehr Klang und noch besseres Ansprechverhalten will, nimmt den GLS 580 mit V8-Mildhybriden. Mit seinen 489 PS und 700 Nm Drehmoment ist der GLS in jeder Situation – sicherlich auch voll beladen – souverän unterwegs. Klanglich ginge beim Vierliter-V8 deutlich mehr, aber da muss noch Platz für den GLS 63 bleiben, der 2020 auf den Markt kommt.
 
Besonders empfehlenswert: der Dreiliter-Diesel (OM 656, Euro 6d) im GLS 400 d mit 330 PS und 700 Nm Drehmoment. Der Motor hat ein tolles Ansprechverhalten und klingt durchgehend gut. Der GLS 400 d kostet ab 90.386 Euro. Mit allen Zusatzoptionen wie Akustik-Komfort-Paket, Offroad-Technik-Paket, E-Active Body Control, Multikontursitze mit Massage-Funktion und Sitzklimatisierung im Fond kommen schnell 45.000 Euro dazu. Die Geräuschdämmung ist übrigens bei allen Varianten sehr gut. Und: Für seine Größe fährt sich das Fullsize-SUV ziemlich handlich.

Ausstattung: Auf Knopfdruck bereit für die Waschstraße

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Mercedes GLS (2019): Test - Neuvorstellung - Infos

Sitzprobe im neuen GLS

Standesgemäß bekommt auch das größte Mercedes-SUV die bereits aus anderen Daimler-Modellen bekannte Armada an Assistenzsystemen. Es gibt aber einige Neuerungen: Der aktive Abstands-Assistent "Distronic" weiß jetzt beispielsweise durch "LiveTraffic"-Informationen schon vor dem Fahrer, dass hinter der nächsten Kurve oder Bergkuppe ein Stau auftritt und regelt auf der Autobahn die Geschwindigkeit automatisch auf rund 100 km/h runter. Wenn man in der Aufpreisliste das "Fahrassistenz-Paket Plus" ankreuzt (2892 Euro), bekommt man erstmals den neuen Stau-Assistenten. Mit ihm hält der GLS bei stockendem Verkehr automatisch den Abstand zum Vorderwagen und zur Spurmarkierung ein. Wenn sich der Stau auflöst, fährt das SUV selbstständig an und beschleunigt wieder auf das geltende Tempolimit. Optional gibt es auch einen Anhänger-Assistenten, der das Rangieren und Rückwärtsfahren erleichtern soll. Optional gibt es ein neues Head-up-Display, das mit einer hohen Auflösung überzeugen soll. Immer an Bord ist die neue Waschstraßenfunktion. Mit einem einzigen Knopfdruck stellt sich das SUV automatisch auf die Wäsche ein. Die Luftfederung hebt den GLS in die höchste Position, die Außenspiegel klappen ein, alle Scheiben werden geschlossen, und der Regensensor für die Scheibenwischer wird vorübergehend ausgeschaltet. Wenn man nach dem Waschvorgang auf 20 km/h beschleunigt, geht der GLS automatisch wieder in den normalen Modus über.

Motoren und Technik: Auch der V8 bekommt E-Unterstützung

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Allrad und Luftfahrwerk sind beim GLS serienmäßig.

Auch beim GLS wirft Mercedes die alten V6-Benziner aus dem Programm und ersetzt sie durch einen Reihensechszylinder, der serienmäßig als Mildhybrid mit 48-Volt-Bordnetz und Startergenerator kommt. Im GLS 450 4Matic leistet das Aggregat 367 PS und entwickelt ein Drehmoment von 500 Newtonmetern. Durch den elektrischen EQ-Boost stehen kurzzeitig 22 zusätzliche PS und 250 Newtonmeter Drehmoment an. Mit dem GLS 580 4Matic folgt etwas später der erste elektrifzierte V8-Motor der Marke. Auch bei ihm setzen die Stuttgarter auf das 48-Volt-Bordnetz und den integrierten Starter-Generator, was den Verbrauch laut Norm auf rund zehn Liter Super drücken soll – und das bei einer Leistung von 489 PS und 700 Newtonmetern Drehmoment. Diese Werte können durch denselben EQ-Boost noch mal gesteigert werden. Später wird wahrscheinlich eine noch stärkere Version von Mercedes-AMG auf den Markt kommen. Bei den beiden Dieseln setzt Mercedes auf den bereits bekannten Reihensechser "OM 656". Im GLS 350 d 4Matic (ab 85.924 Euro) leistet der Selbstzünder 268 PS und schickt ein Drehmoment von 600 Newtonmetern an die beiden Antriebsachsen. Beim GLS 400 d 4Matic sind es 330 PS und 700 Newtonmeter. Der moderne Dieselmotor erfüllt bereits die strenge Abgasnorm Euro 6d. Bei sämtlichen Motorisierungen verteilt eine Neungang-Automatik die Leistung an alle vier Räder.
Der serienmäßige Allradantrieb verfügt über ein Verteilergetriebe mit Lamellenkupplung, das vor allem abseits befestigter Straßen Vorteile bringen soll. Aber auch auf Asphalt soll es den GLS agiler machen. Das optionale "E-Active Body Control"-Fahrwerk ist bereits vom kleineren GLE bekannt. Unterstützt vom 48-Volt-Bordnetz passen sich bei ihm die Federn und Dämpfer, die auf der beim GLS serienmäßigen Luftfederung "Airmatic" aufbauen, automatisch der Fahrsituation an.

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Bildergalerie Mercedes GLS (2019)
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Technische Daten: Zum Marktstart zwei Diesel (Update!)

Mercedes-Benz GLS 350 d 4Matic • Motor: Sechszylinder-Diesel • Hubraum: 2925 ccm • Leistung: 210 kW (286 PS) • max. Drehmoment: 600 Nm • Verbrauch: 7,6 bis 7,9 l/100 km • Preis ab 85.924 Euro.
Mercedes-Benz GLS 400 d 4Matic • Motor: Sechszylinder-Diesel • Hubraum: 2925 ccm • Leistung: 243 kW (330 PS) • max. Drehmoment: 700 Nm • Verbrauch: 7,6 bis 7,9 l/100 km • Preis ab 90.386 Euro.

Von

Elias Holdenried