Wer bremst am besten? Vom Kleinwagen zum Transporter mussten 15 Autos zeigen, wie gut sie zum Stehen kommen. Das alarmierende Ergebnis: Einige Kandidaten sind kaum zu halten!
Wie sich das schon anhört: bremsen, verzögern, Stillstand, negative Beschleunigung. Das Thema steht unter einem negativen Vorzeichen. Schnelles Anhalten ist nicht sexy. Es geht nicht um PS, sondern quasi um deren Vernichtung. Wer ist schon gern ein Bremser?
Dabei ist ein kurzer Bremsweg wichtiger als gute Beschleunigung. Der Beweis: Während ein vollbeladener BMW 550i bei wiederholten Vollbremsungen aus 130 km/h nach spätestens 63,5 Metern steht,
rast der Jeep Commander mit einem Resttempo von über 90 km/h durch die Styroporwand. Eine Katastrophe. Der Ami kommt erst 85,3 Meter später zum Stillstand. Oder: Totalschaden. Ein alarmierendes Ergebnis, das nachdenklich macht. Denn diese Situation ist keine Theorie, sondern traurige Realität: Sie simuliert eine vollbeladene Bergabfahrt mit Höchststress für die Bremsanlage. Und die darf auch dann nicht schlappmachen. Aber selbst bei der einmaligen Notbremsung aus Tempo 100 macht der Ami keine gute Figur: 41,4 Meter sind nicht mehr Stand der Technik. Der Offroader ist zwar brandneu, hat aber dennoch dringenden Nachbesserungsbedarf. Schließlich ist auch der Audi Q7 ein schwerer Brocken, bremst aber um fast vier Meter besser und ist fast so gut wie die BMW-Limousine.
Neben der Trockenbremsung aus 100 und 130 km/h mussten sich die 15 Testkandidaten aus allen Wagenklassen auch dem µ-Split-Test unterziehen. Er gibt Aufschluss über die Abstimmung des Antiblockiersystems (ABS). Während die Räder links auf eisglatter Spur rollen, finden die rechten Reifen viel Grip auf rauhem Asphalt. Jetzt muss die Elektronik die Bremskraft blitzschnell zwischen den Rädern so regeln, dass der Wagen in der Spur bleibt und trotzdem möglichst schnell zum Stehen kommt. Ein Zielkonflikt, den die Hersteller unterschiedlich gut lösen. So glänzt der Citroën C1 zwar mit hoher Spurtreue, hat mit 136,3 Metern aber einen viel zu langen Bremsweg.
Weniger drastisch sind die Unterschiede auf normalem Untergrund bei der klassischen Vollbremsung aus Tempo 100. Ein Bremsweg unter der kritischen 40-Meter-Grenze sollte heute Regel und nicht Ausnahme sein. Trotzdem enttäuschen neun der 15 Kandidaten im beladenen Zustand und liegen zum Teil deutlich darüber. Mit 53,1 Metern zeigt hier vor allem der Mitsubishi L200 extreme Schwächen. Der BMW steht als Bester nach 37,1 Metern. Dramatisch ausgedrückt, kann das den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen. Auch beim µ-Split-Test versagt der Pick-up. Mit fast 169 Metern bremst sich der Japaner ins Abseits.
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Dass es viel besser geht, beweist Ford mit dem neuen S-Max. Sowohl im Trockenen wie auch in der µ-Split-Disziplin zeigt der Van vorbildliches Verzögerungsverhalten. Zum einen bleibt er dank gut abgestimmter ABS-Regelung stabil in der Spur, zum anderen erzielt er mit 98,1 Metern den kürzesten Bremsweg sogar noch vor dem BMW 550i.
Ein überraschend guter µ- Split-Bremser ist der Dacia Logan: 109,8 Meter sind ein sehr guter Wert. Leider fehlt es dem rumänischen Billigauto dabei an Stabilität. Er kommt heftig ins Schlingern. Besser gerüstet für stark differierende Gripverhältnisse zwischen den Rädern ist der $(LA49188:VW Caddy Life)$. Er bleibt gut in der Spur und kommt auch rechtzeitig zum Stehen. Bei der Trockenbremsung aus 100 km/h indes patzt er. Mit 44,5 Metern liegt er viel schlechter als sein nächster Verwandter. Der Touran erreichte bei früheren Tests Bremswege unter 40 Meter.
Dass Autos ohne Fracht besser bremsen als beladen, ist übrigens ein weitverbreiteter Irrtum. Bei BMW, Dacia und Citroën ist sogar das Gegenteil der Fall. Das höhere Gewicht lässt die Hinterachse besser mitbremsen (dynamische Achslastverteilung), der Bremsweg mit voller Zuladung ist kürzer als im leeren Zustand.
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Wichtiger Einflussfaktor ist die Größe der Bremsanlage. Kam der erste Golf vor 25 Jahren mit Belägen in Zündholzschachtelgröße aus, erreichen die Klötze von Kompaktwagen heute das Format von Zigarettenpackungen. Da beim Bremsen kinetische Energie in Wärme umgewandelt wird, müssen Scheiben und Sättel entsprechend üppig dimensioniert werden.
Das Entwicklungspotential von Komponenten und Materialien wird allerdings zunehmend kleiner. Darum setzen die Ingenieure verstärkt auf Elektronik, die den Fahrer beim Bremsen unterstützt. Denn die größte Fehlerquelle ist der Mensch. Selbst routinierte Vielfahrer wissen oft nicht, wie eine optimale Notbremsung funktioniert und treten zu langsam und zu lasch aufs Pedal. Allein die Reaktionszeit bis zum Tritt auf die Bremse beträgt rund eine Sekunde. In dieser Spanne legt das Auto bei 100 km/h fast 28 Meter zurück.
Wichtiger Elektronik-Helfer für effektives Anhalten ist neben ABS der Bremsassistent (BAS). Er interpretiert ein bestimmtes Tempo, mit dem das Pedal betätigt wird, als Notsituation, baut in Millisekunden automatisch die maximale Bremskraftverstärkung auf und verkürzt so den Bremsweg um bis zu 45 Prozent. Leider wird er im Mitsubishi L 200, Jeep Commander, Dacia Logan, Citroën C1 und Hyundai Terracan nicht verbaut. Schade, denn Studien gehen davon aus, dass 65 Prozent aller Auffahrunfälle durch BAS vermeidbar wären.
Zukunftsweisend dagegen ist die Entwicklung in der Oberklasse. Im neuen Honda Legend beispielsweise beobachtet ein Radar den Bereich vorm Auto. Zwei Sekunden vorm Aufprall wird das Collision Mitigation Brake System (CMBS) aktiv, warnt erst akustisch, strafft dann den Gurt und leitet schließlich automatisch eine Teilbremsung ein. Ähnlich funktioniert bei Mercedes die Pre-Safe-Bremse der S-Klasse. Sie arbeitet sogar mit zwei Radarsensoren im Bug. 1,6 Sekunden vorm Hindernis löst sie aus und bremst selbsttätig mit 40 Prozent der Maximalleistung. Bis zur Vollautomatik-Bremse, wie im Herbst für den Lkw Actros (Active Brake Assist) erhältlich, ist es also nur noch ein kurzer Schritt.
Fazit von AUTO BILD-Testredakteur Jörg Maltzan In Autoprospekten steht viel über Design und Motor. Wenig über Bremsen. Warum auch. Gute Stopperqualitäten werden heute einfach vorausgesetzt. Doch dieser Test zeigt: Eine unter allen Umständen problemlose Bremse ist nicht selbstverständlich. Nur bei drei Modellen zeigt der Daumen nach oben. Fünf Kandidaten leisten sich teilweise Schwächen, und sieben Typen fallen durch. Besonders SUV und Pick-ups zeigen starkes Fading – also das Nachlassen der Verzögerungswirkung bei heißer Bremse.
Das muss nicht sein. Ford demonstriert mit dem S-Max (gleiche Bremse im Galaxy und Mondeo) eine gelungene ABS-Abstimmung. Dass selbst ein mit 1,2 Tonnen beladener Mercedes Sprinter erheblich besser bremst als der Jeep, belegt, dass die Amerikaner ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Die Lehre daraus: Beim Kauf eines neuen Autos sollte der Blick nicht nur Airbags, Gurtstraffern und Kopfstützen gehören, sondern auch den Bremswegen. Nachzulesen bei AUTO BILD und natürlich hier bei autobild.de.
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Wumms! Während ein vollbeladener BMW 550i bei wiederholten Vollbremsungen aus 130 km/h nach spätestens 63,5 Metern steht, rast der Jeep Commander mit einem Resttempo von über 90 km/h durch die Styroporwand. Und der Ami ...
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... ist keine Ausnahme. Beim Bremsentest von AUTO BILD mussten 15 Modelle antreten – nur drei lieferten in allen Disziplinen gute Ergebnisse, bei fünf war's teilweise kritisch, sieben zeigten deutliche Sicherheitsmängel.
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Immer rin ins gute Stück: Die Autos wurden voll beladen. Das simuliert die Höchstanforderungen an die Bremse bei einer Bergabfahrt. Anschließend ...
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... musste der Reifendruck bei allen Fahrzeugen entsprechend erhöht werden.
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Aufgezeichnet: GPS-Technik macht eine zentimetergenaue Auswertung möglich. Jede Disziplin umfasste zehn Vollbremsungen.
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Links Stahl, rechts Asphalt: Die große Reibwertdifferenz beim µ-Split-Test fordert das ABS. 180 Meter Teststrecke ...
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... reichten da für manche Kandidaten kaum aus. Einer davon ...
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... ist der Mitsubishi L200 – während der Ford S-Max bereits stand, rauschte der japanische Pick-up noch 66,9 Meter weiter und kam erst nach 165 Metern zum Stehen. Allerdings bleibt der Mitsubishi sehr gut in der Spur.
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Auch bei der Trockenbremsung aus 100 und 130 km/h patzte der nur mit Trommelbremsen ausgestattete L200: 53,1 Meter brauchte er, um vollbeladen mit warmen Bremsen aus Tempo 100 zum Stehen zu kommen. Viel zu viel!
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Dass auch Vans hervorragend verzögern können, beweist der S-Max. Sowohl im Trockenen wie auch in der µ-Split-Disziplin zeigt er vorbildliches Verzögerungsverhalten. Zum einen ...
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... bleibt er dank gut abgestimmter ABS-Regelung stabil in der Spur, zum anderen erzielt er mit 98,1 Metern den kürzesten Bremsweg beim µ-Split-Test. Vorbildlich ist auch die Stabilität.
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Bester Bremser BMW: Kalt stand der 550i nach 36,7 Metern, warm nach 37,1. Auch aus Tempo 130 bleibt er mit 63,5 Metern weit unter dem kritischen 80-Meter-Wert.
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Beim µ-Split-Test musste sich der 5er nur dem S-Max geschlagen geben, doch er bleibt mit 99,9 Metern (kalt) noch unter der 100-Meter-Marke. Allerdings ...
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... ist Vorsicht geboten: Der Fahrer im BMW muss stark gegenlenken. Gute Bremser sind meist deutlich instabiler als schlechte.
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Negativ-Überraschung: Für einen Sport-Kombi bremst der Japaner viel zu schlecht. Starkes Fading verlängert den Bremsweg aus Tempo 130 auf fast 100 Meter.
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Auch der Hyundai patzt beim Trockenbremstest, rutscht sowohl aus Tempo 100 als auch 130 in den roten Bereich. Zudem wirkt das ABS überfordert: Der Terracan beginnt zu taumeln, der Fahrer muss das Lenkrad festhalten.
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Gut, die USA haben viel Platz. Für Europa sind die Bremsleistungen des Jeep Commander aber indiskutabel. 148,8 Meter aus 130 km/h ...
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... beweisen dringenden Nachholbedarf. Beim µ-Split-Test hält er zwar gut die Spur, doch auch hier ist der Bremsweg mit 130 bzw. 133,4 Metern zu lang.
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Heißes Eisen: Der Commander lieferte nach zehn Bremsungen mit 622 Grad Celsius einen schlechten Wert. Je höher die Scheibentemperatur, desto größer das Fading (das Nachlassen der Bremse bei Erwärmung).
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Kalt stoppt das kompakte SUV ordentlich: Aus Tempo 100 steht der Suzuki Grand Vitara nach 40,2 Metern, aus 130 braucht er 70,9. Mit heißen Scheiben ...
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... verlängert sich sein Bremsweg aber auf kritische 42,9 bzw. 85,2 Meter.
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Aus 130 km/h bleibt der T5 deutlich unter der kritischen Marke. Die 40-Meter-Barriere aus 100 km/h ...
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... verfehlt der Bulli aber um 3,3 Meter (warm). Beim Reibwert-Test schafft er die geforderten 125 Meter nicht ganz, allerdings zeigte er sich durch seinen langen Radstand als besonders spurstabil.
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Der steht seinen Mann: Der Q7 bringt seine vielen Kilos enorm schnell zum Stillstand, bleibt mit 39,4 und 69,1 Meter knapp hinter dem Testsieger BMW 550i. Ähnlich wie beim Fünfer ...
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... müssen Q7-Fahrer beim µ-Split-Test gute Bremswerte mit relativ hoher Instabilität erkaufen.
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Gleich hinter dem großen Audi kommt beim Trockenbremstest der Cityfloh C1 zum Stehen. Zwar überfährt er aus Tempo 100 die 40-Meter-Linie um 2,30 Meter, dafür ...
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... liefert er aber mit 73,2 Metern aus 130 einen sehr guten Wert ab. Beim µ-Split-Test ist der Bremsweg deutlich zu lang (148,2 Meter).
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Hervorragend: Der 207 verzögert vorbildlich (40,5/74,3 Meter). Beim µ-Split-Test ordnet er sich im Mittelfeld ein.
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Tritt man ihn ordentlich, steht er gut: Der Sprinter (hier die Wohnmobil-Variante James Cook Westfalia) erfordert relativ hohe Pedalkraft, verzögert aber ordentlich.
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Auf Asphalt-Stahl-Mix schlägt sich der Caddy Life wunderbar, kommt spurtreu rechtzeitig zum Stehen. Bei den Trockenbremstests ...
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... kann er nicht ganz so souverän überzeugen. Schon mit kalter Bremse braucht er 41,1 Meter, um aus 100 km/h zum Stillstand zu kommen. Warm sind es 44,5.
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Alles astrein beim Astra: Der kompakte Rüsselsheimer erfreut mit feiner Dosierbarkeit der Bremse, guter Spurtreue und ordentlichen Verzögerungswerten.
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Dacia hat nachgebessert: Während früher die Bremsen moniert wurden, kann der Logan jetzt gut mithalten. Beim µ-Split-Test kommt er mit der drittkürzesten Bremsstrecke zum Stehen, allerdings keilt das Heck aus. Beim Standard-Test ...
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... sind seine Verzögerungswerte zumindest aus Tempo 130 noch in Ordnung, aus 100 km/h kommt er aber erst im kritischen Bereich über 40 Meter zum Stillstand.
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Da konventionelle Bremsen an ihre Grenzen stoßen, liefern Zulieferer interessante Ideen. Die Keilbremse von Siemens VDO beispielweise arbeitet nach dem Prinzip der Selbstverstärkung. Die Bremswirkung lässt sich elektrisch beliebig verstärken.
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Schon serienreif: die Doppelscheibe von Delphi. Zwei Bremsscheiben und vier Beläge pro Rad steigern die Verzögerung.
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Der Mercedes Nürburg von 1930 mit Trommelbremsen: 85 Meter waren einst normal.
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Der VW Käfer hatte Seilzug, der Opel Olympia von 1950 eine Hydraulikbremse: 75 Meter.
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Ab 1970 kamen immer mehr Scheibenbremsen zum Einsatz: 69 Meter für den Ford Capri.
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Scheibenbremsen und ABS setzten sich ab 1990 durch: 49 Meter für den Mercedes-Benz W126.
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Verbessertes ABS und BAS zeigen Wirkung: Der Golf IV liegt bei 41 Metern.
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Bei der Trockenbremsung schneidet der Touran besser ab als der Caddy.