So gut sind die beiden schicken Allround-Bikes aus China
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Benelli Leoncino 800 – klingt nach großer Kunst, ist aber ebenso aus China wie die CFMoto 700 CL-X. Was können die günstigen, gefälligen Allrounder wirklich?
Bild: Olaf Itrich
CFMoto 700 CL-X Heritage und Benelli Leoncino 800 heißen die beiden China-Allround-Bikes, die man gegen ein Mindestgebot von 7200 Euro (CFMoto) oder 7700 Euro (Benelli) mit nach Hause nehmen oder mit ihnen drauflos brennen darf. Wir haben uns für Letzteres entschieden, denn immerhin stehen 70 PS respektive 76 PS bereit.
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Die kräftigere Benelli hat nicht nur auf dem Papier ein paar Pferdchen mehr im Stall – die Leo fühlt sich auch rundum nach mehr Motorrad an. Erstaunlich, wie sich der kleine Kubikvorteil auf Drehmomentverlauf und Fahrgefühl auswirkt.
Beim Zug am Gasgriff marschiert die Benelli ein kleines bisschen energischer vorwärts als ihre Landsfrau.
Bild: Olaf Itrich
Dabei trennt die beiden Zweizylinder in Sachen Hubraum maximal ein Mofa. Die Leoncino ist nämlich gar keine echte 800er, tatsächlich schöpft sie ihr Drehmoment aus nur rund 750 Kubik. Dennoch: Etwas früher dran in der Leistungsspitze, mehr Füllung pro größer gebohrtem Zylinder – im Ergebnis fühlt sich ein Zug am Gas halt druckvoller und lässiger an. Erstaunlich, zumal die Benelli auch das deutlich schwerere Motorrad ist, mit 223 Kilogramm fahrfertigem Gewicht immerhin einen halben Zentner mehr Masse, als die CL-X 750 auf die Waage drückt.
Die CFMoto läuft insgesamt etwas samtiger
Die CFMoto lässt sich dafür obenrum etwas lustvoller auswringen, läuft auch etwas samtiger. Ihr Zweizylinder profitiert dabei von einer Beruhigung des Kurbeltriebs über eine im Block rotierende Ausgleichswelle. Außerdem klingt sie satter. Wo die Benelli vorrangig mit dezent-mechanischer Grundpräsenz die Anwohner schont, trötet die CL-X mit sonorerem Unterton gegen das Grundrauschen der Stadt an.
Für beide gilt: Unangenehm oder laut sind sie nie – diese Zurückhaltung gefällt. Ganz klar, der minimal geringere Verbrauch der CL-X und ihre etwas gemäßigtere Endgeschwindigkeit passen zu den Differenzen im Datenblatt.
Bei der Entscheidung spielt die Charakterfrage eine entscheidende Rolle
Wir legen uns hier dennoch fest: Auf der Straße ist das vorrangig eine Charakterfrage. Wie auch der Rest vom Fest. Den Kniewinkel lassen wir als identisch durchgehen, minimal aktiver sitzt man auf der CFMoto, dafür kräfteschonender in den Wind gestemmt auf der Benelli.
Die Sitzbank der CFMoto 700 CL-X Heritage fühlt sein minimal dicker gepolster an.
Bild: Olaf Itrich
Im Gegenzug wirkt die Sitzbank der CFMoto satter gepolstert. Die Bremsen beider Maschinen packen passabel – mit klarem Dosiervorteil für die Leoncino. Denn hier steckt unter anderem ihr Mehrwert drin. Gleich zwei Scheiben verzögern das Motorrad feinfühliger, die größeren Kolben der radial montierten Zangen nehmen die 320er-Scheibe unbarmherziger in den Griff.
Dynamiker dürften sich über die Tatsache freuen, dass die Benelli flinker einlenkt als ihre Konkurrentin.
Bild: Olaf Itrich
Die Benelli lenkt minimal flinker ein
Pirelli-Reifen (MT 60 RS) bieten beide ab Werk, bei der Leoncino sitzt vorn das kleinere Rad mit 17 Zoll Durchmesser (statt 18er) – im Einlenkverhalten macht sich das als minimal flinker bemerkbar. Deutlicher sind die Unterschiede bei Ausstattung und Verarbeitung spürbar.
Beide chinesischen Hersteller bauen passable Motorräder
Insgesamt bauen sowohl Benelli als auch CFMoto in China sehr passable Motorräder; die Schweißnähte oder die Befestigung der Anbauteile könnten so auch von japanischen Allroundern stammen. In der Leoncino stecken Federelemente mit zusätzlichen Einstellmöglichkeiten – zum Beispiel die Vorspannung der hinteren Feder per Handrad – sowie das hochwertiger bestückte Cockpitinstrument mit gut ablesbaren Infos.
Beide chinesischen Hersteller bauen erfreulich passable Motorräder. Die Entscheidung ist eine Charakterfrage.
Bild: Olaf Itrich
Qualitativ fällt die CFMoto außerdem mit Kleinigkeiten etwas ab: einer schlichteren Achsmutter-Sicherung, den simpleren Hebeln (Kupplung und Bremse) ohne Einstellung und dem freudlos gestanzten hinteren Kettenrad.
Motor: R2, flüssigkeitsgekühlt • Hubraum: 754 cm3 • Leistung: 56 kW (76 PS) bei 8500/min • max. Drehmoment: 67 Nm bei 6500/min • Spitze: k. A. • Reifen: v/h 120/70 ZR 17/180/55 ZR 17 • Sitzhöhe: 820 mm • Gewicht: 222 kg • Tankinhalt: 15 l • Preis: ab 7699 Euro.
CFMoto 700 CL-X Heritage
Motor: R2, flüssigkeitsgekühlt • Hubraum: 693 cm3 • Leistung: 52 kW (70 PS) bei 8750/min • max. Drehmoment 61 Nm bei 6500/min • Spitze: 180 km/h • Reifen v/h 110/80 ZR 18/180/55 ZR 17 • Sitzhöhe: 795 mm • Gewicht: 198 kg • Tankinhalt: 13 l • Preis: ab 7199 Euro.
Heißt: In der Benelli steckt ein bisschen mehr Liebe zum Detail. Eine Überraschung ist die CFMoto dennoch. Sie hat weniger Mumm, weniger Historie, bietet aber genauso viel Fahrspaß. Welche nehmen? Am Ende muss das Werk dem Kunden gefallen.
Zuerst: Chinesisch heißt nicht automatisch billig. Diese Nackten mit Retrocharme kosten ähnlich viel wie eine nüchterne Yamaha MT-07. Beide bieten großen Spaß mit wenig Spektakel. Fahrhilfen gibt's nicht, Komplikationen aber auch nicht.
Benelli Leoncino 800: für wen? Liebhaber klangvoller Name. Für wen nicht? Fans von "made in Italy". CFMoto CL-X 700 Heritage: für wen? Kühle Rechner ohne Imageanspruch. Für wen nicht? Material-Extremisten.