Der erfolgreichste Formel-1-Motor aller Zeiten hatte gerade Mal 510 PS. Doch der Cosworth DFV Motor gewann von 1967-1984 nicht weniger als 155 WM-Rennen, zwölf Fahrer- und zehn Konstrukteurstitel. Er wurde von 94 Formel-1-Teams und von 41 verschiedenen Formel-1-Chassisbauern eingesetzt und von fast 300 Piloten gefahren. 516 dieser Motoren wurden insgesamt gebaut.
Aber wie kam es zu diesen beeindruckenden Zahlen? Die Formel 1 der 60er Jahre blühte. Bis zu fünf verschiedene Motorkonzepte waren gleichzeitig am Start. Für den Italien-GP 1966 baute Climax einen Vierzylinder, Ferrari einen Sechs-, Repco einen Acht-, Maserati und Honda einen Zwölf- und BRM sogar einen 16-Zylinder.
Doch die Teams waren nicht zufrieden. Die Motoren verfügten gerade mal über einen Hubraum von 1,5 Litern. Bei den Sportwagen-Rennen kamen viel größere und leistungsstärkere Triebwerke zum Einsatz. Um wenigstens die Aufbohrung auf zwei Liter zu erreichen, forderten die Teams vom Automobilweltverband ein Drei-Liter-Reglement. Die FIA stimmte dem überraschend zu, ab 1967 durften Motoren einen Hubraum von drei Liter in der Formel 1 haben.
Rosberg
Keke Rosberg war 1982 der letzte Weltmeister mit Cosworth-DFV-Motor
Damit hatten die Teams nicht gerechnet. Sie standen nun schlicht ohne Motoren da. Ferrari, Maserati und Repco bauten zwar entsprechende Aggregate, aber belieferten damit nur exklusiv das Werksteam (im Fall Ferrari) oder aber die Partnerteams mit Exklusiv-Nutzungsrecht (Cooper im Fall von Maserati, Brabham im Fall von Repco). Alle anderen versuchten sich durch individuelle Notlösungen über Wasser zu halten. McLaren kaufte einen IndyCar-Motor von Ford, der viel mehr Hubraum hatte und reduzierte ihn auf drei Liter. Andere Teams bohrten die bisherigen F1-Motoren von Climax und BRM auf, kamen so wenigstens auf bis zu 2,5 Liter. Dan Gurneys Anglo American Racers Team brachte einen Climax-Motor sogar auf 2,8 Liter Hubraum. Andere bedienten sich bei Sportwagenmotorherstellern wie Serenissima, deren Aggregate aber nicht konkurrenzfähig waren.
Auch das Lotus-Team, das mit Jim Clark die 60er Jahre der Formel 1 über weite Strecken dominiert hatte, war ins Hintertreffen geraten. Einer der Ingenieure, Mike Costin, hat zusammen mit Keith Duckworth eine Motorfabrik gegründet: Cosworth (zusammengesetzt aus „Cos“ von Costin und „worth“ von Duckworth). Cosworth war ein Betrieb, der mit kleinen Auftragsarbeiten erst nur nebenher lief, etwa die Ford-Motoren von Lotus für das Indy 500 betreute. Doch Lotus-Teamchef Colin Chapman brauchte jetzt nur noch einen Geldgeber für die Entwicklung eines eigenen Cosworth-Motors und fand diesen in Ford. Der US-Hersteller zahlte gerade mal 100.000 britische Pfund – eine der besten Investitionen in der Formel-1-Geschichte.

Energiekrise 1973 als Erfolgsgarant

Als Basis verwendete Cosworth den Formel-2-Motor. DFV steht für doppelte Vierventiler. Der Motor hatte acht Zylinder und einen Hubraum von 2993 Kubikzentimeter. Anfangs leistete er 400 PS. Er hatte vor allem aber den Vorteil, dass er leicht einzubauen war, ein geringes Gewicht hatte, sehr zuverlässig lief und vor allem wenig Sprit verbrauchte. Das sparte nicht nur Gewicht (Tankstopps gab es damals nicht), sondern sorgte auch dafür, dass die Chassisdesigner durch kleinere Tanks mehr Spielraum für die Aerodynamik hatten.
Zunächst verwendete nur Lotus den Motor exklusiv. Doch Ford drängte darauf, dass das Triebwerk auch anderen Rennställen zur Verfügung gestellt wird. Zum einen konnte Ford durch den Verkauf der Motoren die Investitionen refinanzieren, zum anderen sah man die Lücke, die sich durch die Energiekrise auftat. Deren Höhepunkt waren die autofreien Sonntage 1973 und 1974 in Deutschland. In der Zeit war Motorsport in der Öffentlichkeit verpönt, die Hersteller ließen die Finger von der Formel 1 und Ford Cosworth rüstete bis auf wenige Ausnahmen fast das gesamte Formel-1-Feld mit Motoren aus. Andere Motorbauer sprangen auf den Zug nicht mehr auf. Climax zum Beispiel, die in den 60er Jahren noch für die meisten Teams die Motoren entwickelten, wurde 1965 von Jaguar gekauft – und Jaguar hatte keine Lust auf die Formel 1.

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Formel 1: Die wichtigsten Hersteller in der Geschichte
  
Der Cosworth-DFV war so simpel, dass er zusammen mit dem ebenfalls recht einfach gehaltenen Hewland-Getriebe als Basis einer Formel-1-Eigenkonstruktion verwendet werden konnte. Nie gab es so viele verschiedene Chassisbauer wie in den 70er Jahren. Sogar Formel-1-Fahrer wie Chris Amon und Arturo Merzario konstruierten nun ihre Autos selbst – mit Motoren von Cosworth und Getrieben von Hewland.
Weil die Hersteller fehlten, ging die Entwicklung nur sehr langsam vonstatten. Cosworth fand bis in die 80er Jahre 100 PS im DFV-Motor, allein durch Feinarbeiten an den Steuerzeiten, der Verdichtung und am Ansaug- und Auspuffsystem. Große Änderungen am Motorkonzept selbst gab es nicht.
Den ersten Titel erzielte Ford-Cosworth mit dem DFV-Motor 1968 mit Graham Hill (Lotus). Es folgten Jackie Stewart 1969 (Matra), Jochen Rindt (Lotus), Jackie Stewart 1971 (Tyrrell), Emerson Fittipaldi 1972 (Lotus), Jackie Stewart 1973 (Tyrrell), Emerson Fittipaldi 1974 (McLaren), James Hunt 1976 (McLaren), Mario Andretti 1978 (Lotus), Alan Jones 1980 (Williams), 1981 Nelson Piquet (Brabham) und Keke Rosberg 1982 (Williams).
Alle bisherigen Teile der Serie zum 1000. WM-Rennen:
1) Der erste GP: So fing alles an: Hier klicken
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Von

Michael Zeitler