Für viele moderne Cockpits in der Autoindustrie ist Harman maßgeblich mitverantwortlich. Bislang gab es eine Art Kodex zwischen Zulieferern und Autoherstellern, Kooperationen nicht bis ins letzte Detail offenzulegen. Offiziell sollten für den Kunden alle Produkte in einem Fahrzeug vom Autohersteller kommen. Doch mit der Digitalisierung treten die Zulieferer selbstbewusster in den Vordergrund. Mercedes erwähnte 2017 bei der Einführung des MBUX ganz offiziell Harman als Partner. Wer wissen will, was in künftigen Modellen von Audi, Porsche und Mercedes steckt, der muss man nur zum Stand von Harman auf der CES gehen. Der liegt vielleicht nicht ganz unbewusst etwas abgeschottet außerhalb der Messehallen und ist nur auf Einladung zu betreten. Als AUTO BILD vor Ort war, schauten sich gerade ein paar namhafte Entwickler deutscher Premiummarken ihre neuen "Babys" an.

Fahrerüberwachung wird der neue Trend

Sehen wir hier das neue S-Klasse-Cockpit?
In der kommenden Mercedes S-Klasse dürfte der Fahrer per Kamera am Gesicht erkannt werden.
Als hundertprozentige Samsung-Tochter hat Harman vollen Zugriff auf die feinsten Displays im Konzern. Im Premium-Demonstrationsmodell stecken gleich drei große OLED-Bildschirme und ein QLED-Display vor dem Beifahrer. Anfang 2018 zeigte Harman noch ein versenkbares 20-Zoll-Hauptdisplay, das von der Mittelkonsole bis zum Beifahrer reichte. Das war den Autoherstellern aber zu teuer, weswegen man jetzt auf zwei getrennte, fest eingebaute Displays setzt – schade. Auch die drei Drehregler im Demofahrzeug sind mit OLED-Bildschirmen bestückt und können unterschiedlich konfiguriert werden. Sie lassen sich als Uhr, Fahrmodi-, Temperatur- oder Lautstärkeregler nutzen. So ähnlich ist das ja schon bei Audi in Serie. Neu ist die überm Lenkrad positionierte Kamera für die Gesichtserkennung. Wie beim iPhone dient das System zum Einloggen mit einem Benutzerprofil. Das Besondere: Wie ein aufmerksamer Beifahrer überwacht die Kamera den Fahrer. Schließt er länger die Augen, senkt sich der Kopf, gähnt er ständig – dann aktiviert sich die künstliche Intelligenz und empfiehlt eine Pause. Mercedes hat die Vorstufe davon gerade erst im neuen CLA präsentiert – allerdings wird hier noch die smarte Samsung-Uhr benötigt. Jede Wette: Gesichtserkennung und Überwachung werden nicht nur in der nächsten S-Klasse (2020) stecken!

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Mercedes GLE
Mercedes E-Klasse
Mercedes E-Klasse T-Modell
Kamera
Neue Mercedes und AMG (2023, 2024, 2025)

Nächster Trend: Umgebungsüberwachung

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Der Intelligent Reasoning Agent erinnert an den Intelligent Personal Assistant von BMW, der gegen Aufpreis auch im neuen 3er steckt.
Ein weiteres Sicherheitsfeature ist die kamerabasierte Umgebungsüberwachung, Advanced Driver Assistance Systems (ADAS) genannt. Kommt ein Hindernis von der Seite bedrohlich nahe, warnt das System den Fahrer über Bildschirme anstelle von Seitenspiegeln – das wir schon vom Audi e-tronAuch der Vorausbereich wird gescannt, mögliche Risiken werden auf dem Kamerabild vor dem Fahrer dargestellt. Damit ließe sich auch besser nachvollziehen, was passiert, wenn das Fahrzeug automatisiert in Level 3 oder 4 unterwegs wäre. Harman bietet für seine Cockpits auch eine Cloud an, worüber man sich Apps ins Fahrzeug laden, Einkäufe vornehmen oder sein Smarthome bedienen kann. Beim Demo-Modell wird einem so der Blick in den Kühlschrank der heimischen Küche eröffnet. Beim neuen Porsche Cayenne hatten wir über das System Einblicke in eine Garage. Das Ganze heißt bei Harman Ignite 3.0 und erinnert zufällig an Mercedes Me oder auch BMW Connected. IRA (Intelligent Reasoning Agent) ist bei Harman der intelligente Sprachdienst, und es dürfte keine Überraschung sein, dass IRA an IPA (Intelligent Personal Assistant) von BMW oder "Hey Mercedes" erinnert. IRA darf bei Harman schon auf Google Assistant und Amazon Alexa zugreifen. Alexa darf ab März 2019 auch IPA von BMW integrieren. Was die Sprachdienste noch alles können, zeigt der Zulieferer Nuance auf seinem Stand. Nuance arbeitet unter anderem auch mit Harman und so ziemlich jedem großen Autohersteller zusammen. Ja, die CES eröffnet die ansonsten so geheimen Blicke in die Tech-Küchen der Hersteller.

Bald können alle im Auto ungestört reden

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Personi-Fi erfasst die persönlichen Klangeinstellungen des Nutzers über eine App und speichert sie in einer Cloud.
Hier noch eine Wette auf das, was in der nächsten S-Klasse steckt: Harman In-Vehicle Communication. In den Baureihen GLE und CLA dürfen schon die Beifahrer bei "Hey Mercedes" mitmischen. In der S-Klasse werden sicherlich die Gäste drei und vier auf der Rücksitzbank mit einbezogen. Jeder über ein eigenes Mikrofon. Aber was, wenn der Fahrer Musik hören möchte, ein Gast im Fond telefonieren will, der andere Fondpassagier einen Sprachassistent nutzen möchte und der Beifahrer am liebsten ein Nickerchen machen würde – und das alles gleichzeitig? Dafür wird es dann eine neue Stufe der aktiven Geräuschunterdrückung geben. AUTO BILD hat das System bereits ausprobiert und garantiert: Das will später jede Familie auf langen Autostrecken haben! Neu ist auch Personi-Fi, womit man ohne Hardware seine Musik gemäß seinen Lieblingseinstellungen hören kann.

Kompaktklasse soll noch besser vernetzt werden

Doch nicht nur für Premium-Fahrzeuge hält Harman Angebote parat. In einer weiteren Sitzkiste wird das Cockpit für die kompakteren Klassen gezeigt. Vor einem Jahr erinnert die Demoversion rein zufällig an das, was man ganz ähnlich bei Mini sieht bzw. noch sehen wird. Bei den beiden Bildschirmen steht vor allem die gute Vernetzung im Vordergrund – und die Möglichkeit, Inhalte von Drittanbietern wie Android Auto auch im digitalen Kombiinstrument anzuzeigen. Endlich!