Ein Jahr geht schnell vorbei, besonders wenn man es mit einem BMW M3 verbringt. Im Dauertest über 100.000 Kilometer erwies sich der M3 als verlässliches Sportgerät. Bericht der schnellsten zwölf Dauertest-Monate aller Zeiten.
Der Klick in die einschlägig bekannten Onlinebörsen gab den Ausschlag. Beim Ritt durchs Netz fiel der Blick auf eine schier unendliche Liste an gebrauchten Mobilen der BMWM GmbH aus München. Egal ob M3 oder M5, die Preise waren moderat, die Laufleistungen hingegen unglaublich. Unsere Neugier war geweckt: Halten die hochgezüchteten Motoren den Vielfahrerstress wirklich aus? Ungefähr zur gleichen Zeit präsentierte BMW den aktuellen M3, und angesichts des Verzichts auf den herrlichen Sechszylinder des Vorgängers sorgte der 420 PS starke Achtzylinder für viele Diskussionen in der Szene. Wir hingegen kontaktierten BMW. Wäre es möglich, einen BMW M3 als Dauertester zu bekommen? Erst hieß es nein, dann vielleicht, und am Ende konnten wir uns einigen. Einzige Bedingung: Der Dauertest dauert nicht länger als ein Jahr, egal welcher Kilometerstand am Ende dabei herauskommt. Wir willigten ein und machten fleißig Kreuze auf der Liste der Sonderausstattungen.
Extras treiben den Kaufpreis des BMW M3 auf über 87.000 Euro
Der Innenraum des BMW M3 zeigte sich vom Dauertest-Stress unbeeindruckt und wirkte nach Testende neuwertig.Neben M3-typischen und fahrdynamischen Extras wie der elektronischen Dämpferkontrolle EDC (1900 Euro) und dem M Drive-Paket (520 Euro) statteten wir unseren Dauertester mit Wohlfühlzubehör wie dem fest eingebauten Navigationssystem (3970 Euro), Ledersitzen (1850 Euro), Digitalradio (410 Euro), Kurvenlicht (450 Euro) und einer Sprachsteuerung (410 Euro) aus. Das Spiel mit den Kreuzchen trieb den Basispreis von 66.650 Euro (Preis 11/2009: 67.950 Euro) auf 87.586 Euro, teurer war noch kein Dauertester, den die AUTO BILD SPORTSCARS-Redaktion je bestellte. Doch bei diesem Rekord sollte es nicht bleiben, schließlich hatten wir ein ehrgeiziges Ziel. In den zwölf Monaten, in denen uns der M3 zur Verfügung stand, wollten wir die magischen 100.000 Kilometer knacken. Also wurde der BMW verschärft auf Dienstreisen geschickt. Erste Erkenntnis: Der Klang des M3 macht süchtig. Anfangs vermissten wir noch das metallische Hämmern des sechszylindrigen Vorgängers, doch dann trompetete sich der neue Achtzylinder nach und nach in unsere Herzen. Bei normaler Gangart noch potent, aber nicht aufdringlich singend, wechselte das Klangspektrum der acht Zylinder bei Vollgas in ein tiefes Grollen und wuchs bei steigender Drehzahl zu einem Brüllen heran. Dabei hing das Aggregat am Gas wie Ulla Schmidt an ihrem Dienstwagen und drehte bis zu 8400 Touren.
Durchschnittlicher Testverbrauch: 14,7 Liter Super Plus
Angesichts von 420 PS und hoher Durchschnittstempi geht der Verbrauch von 14,7 Litern Super Plus in Ordnung.Während Vollgas den Verbrauch leicht auf über 20 Liter schlenzte und so schnell Kritik am zu kleinen 63-Liter-Tank aufkam, sank der Durst der vier Liter Hubraum auf unserer Verbrauchsfahrt auf 13,4 Liter pro 100 Kilometer. Insgesamt betrug der Spritverbrauch auf den von uns gefahrenen 101.435 Kilometern 14.961 Liter, was einem durchschnittlichen Dauertestverbrauch von 14,7 Litern entspricht. Nicht gerade wenig, aber angesichts der gebotenen Leistung und des Tempos, mit dem der M3 meist bewegt wurde, geht der Wert in Ordnung. Von jeglichem Ballast befreit, erreichte der BMW M3 bei einer Verbrauchsfahrt mit maximal 80 km/h einen Wert von 8,7 l/100 km. Der Ölverbrauch lag über die komplette Distanz bei 1,6 Litern, ein ausgezeichneter Wert. Dennoch beschäftigte uns das Thema Öl mehr als üblich. Die Fehlinformation eines BMW-Händlers sorgte dafür, dass der Ölstand einige Zeit mit der falschen Ölsorte ausgeglichen wurde, was uns der Motor zum Glück nicht übelnahm.
Vorsicht bei Regen
Nicht das einzige Ärgernis mit dem ansonsten sehr bemühten Händlerpersonal: Weil die USB-Schnittstelle des M3 die verschiedenen iPhones der Redaktion nicht als MP3-Spieler erkannte, spielte der Betrieb die neueste Software auf und löschte den Fehlerspeicher. Der MP3-Spieler blieb dennoch unerkannt, die Rechnung betrug stolze 112 Euro. Ein von BMW angebotenes Y-Kabel für 48 Euro löste das Problem deutlich günstiger. Weil bei den Fahrten mit dem BMW M3 nicht immer die Rennlizenz-Abteilung der Redaktion am Steuer saß, entschieden wir uns schon bald nach dem Dauerteststart für einen Reifenwechsel. Der Grund: Die von uns georderten 19-Zöller wurden damals noch mit Michelin Pilot Sport Cup+ ausgeliefert, einem waschechten Sportreifen. Prima bei trockenen und warmen Bedingungen, reduzierten heftige Regengüsse das Gripvermögen auf ein Minimum. Wir wählten für 1350 Euro einen Satz Michelin Pilot Sport PS2, einen Reifen, den inzwischen auch BMW einsetzt. Der Preis für den Reifentausch taucht übrigens nicht auf der Endabrechnung auf, da dieser nicht als Dauertestverschleiß gilt. Das Pech einiger Tester beim Einparken hingegen schon. Der rechte Vorderreifen hauchte zweimal kurz hintereinander sein noch junges Leben an einem scharfkantigen Bordstein aus.
420 PS an der Hinterachse: Alle 40.000 km sind hinten neue Reifen fällig
Gute Wahl: Michelin Pilot Sport SP2, der bei Regen mehr Grip hat als der zuvor verwendete Michelin Pilot Sport Cup+.Ansonsten hielt sich der Verschleiß an der Vorderachse in Grenzen und machte keinen weiteren Tausch erforderlich. An der Hinterachse sah das völlig anders aus. Nach rund 41.000 Kilometern mussten die Sommerpneus getauscht werden, zum Ende des Dauertests war die Verschleißgrenze erneut erreicht. Auch der trockene Winter erwies sich als profilraubend; noch während der kalten Monate mussten die beiden hinteren Winterreifen ersetzt werden. Das durch die weichere 18-Zoll-Bereifung deutlich schwammigere Fahrverhalten hatte dem Spurtspaß der Testredaktion offenbar kein Limit gesetzt. Apropos Limit: Weil die 250-km/h-Abregelung so manches Mal für eine gehörige Portion Frust sorgte, entschieden wir uns beim Frühjahrstausch auf Sommerreifen auch für das M Driver's Package zum Preis von 2450 Euro. Neben der Teilnahme an einem Fahrerlehrgang umfasst es eine 30 km/h höhere Endgeschwindigkeit.
Der M3 ist sowohl harter Sportler als auch komfortabler Gleiter
Zahlreiche Dienstreisen waren mit Rennstreckenbesuchen verbunden. So ruhig wie hier ging es selten zu.Im normalen Modus durchaus langstreckentauglich, trieben uns die Sportmodi der EDC-Dämpfer (Option) auf Landstraßen Freudentränen in die Augen. Unbarmherzig fuhr der M3 dort einsame Ideallinien und ließ sich per M-Drive (Option) zu einem Fliehkraftmonster programmieren. Der Grenzbereich war dabei dank direkter Lenkung und serienmäßiger Differenzialsperre stets exakt definiert, der gekonnte Ritt darüber hinaus produzierte sprudelnde Glückshormone und rauchende Asphalt-Tattoos. Nahezu alle Kollegen lobten die vorzüglichen Vordersitze und das für einen Sportwagen großzügige Platzangebot im Fond. Auch der nutzbare Kofferraum mit 430 Liter Ladevolumen, mit dem man dank der umklappbaren Rücksitze auch mal Sperriges transportieren konnte, gefiel. Nach anfänglichen iDrive-Problemen (inzwischen wird eine logischere Version eingesetzt) gelang selbst die Bedienung intuitiv.
Kurz vor Dauertestende: Risse in den Bremsscheiben vorn
Sobald es Platz und Fahrtalent erlauben, wurde der M3 auch gern mal quer ums Eck gejagt.Kritisiert wurden die wenigen Ablagemöglichkeiten im Innenraum, die wackeligen Getränkehalter und der, zugegeben bauartbedingte, enge Zugang zu den hinteren Plätzen. Darüber hinaus wurden ein Klappern im Antriebsstrang und das im kalten Zustand schwer, fast schon knorpelig zu schaltende Getriebe moniert. Letzteres fällt in Deutschland kaum noch ins Gewicht, inzwischen wählen etwa 75 Prozent aller M3-Käufer das bei unserer Bestellung noch nicht erhältliche Doppelkupplungsgetriebe für 3800 Euro. Kurz vor Dauertestschluss musste der M3 dann nach dem iPhone-Problem zum zweiten und letzten Mal außerplanmäßig in die Werkstatt. Ein Kollege hatte an den vorderen Bremsscheiben Risse an den Lüftungsbohrungen entdeckt; nach Absprache mit der Werkstatt entschieden wir uns zum Tausch. Eine vom selben Kollegen vermutete Undichtigkeit am Abgaskrümmer ließ sich nicht feststellen. Zwar fühlte sich die Kupplung zum Ende des Dauertest an, als müsste sie bald ersetzt werden, doch nach zwölf Monaten und 101.435 Kilometern verabschiedeten wir uns von einem in Sachen Sprit und Unterhalt sehr teuren, ansonsten aber fehlerfreien Dauertester.
Fazit
von
Lars Zühlke
Der BMW M3 gab im Dauertest über 100.000 Kilometer eine exzellente Vorstellung ab. Zwar stürzte das iDrive am Anfang des Dauertests zweimal ab, ein Neustart konnte das Problem jedoch beheben. Abgesehen von den fahrzeugspezifisch hohen Kosten für Sprit, Wartung und Inspektionen blieben kostspielige Überraschungen aus.