Acht Zylinder in V-Anordnung, 6,2 Liter Hubraum – und kein einziger Turbolader: Der M 156 ist der erste Motor, den AMG komplett in Eigenregie und ohne Gleichteile mit anderen Mercedes-Aggregaten gebaut hat. Zeitgleich manifestiert er das Ende einer Ära: Als letzter Saugmotor in Mercedes-Sportmodellen gab er 2015 die Krone an den mittlerweile etablierten 4.0 Biturbo ab. AMG trickste beim M 156 mit Hubraumangabe: Alle Autos mit M 156-Motor bekamen den "6,3 Liter"-Schriftzug verpasst und wurden auch so vermarktet. Allerdings haben die Schwaben den eigentlichen Hubraum von 6208 Kubikzentimetern nur sehr großzügig aufgerundet. Nichtsdestotrotz hat der Hochdrehzahlmotor eine große Fangemeinde. AUTO BILD erklärt die Legende!

Grundaufbau und Motorblock

Der letzte Sauger von AMG
Der M 156-Motor kommt ohne Gleichteile von Mercedes aus. Er ist die erste Eigenentwicklung von AMG.
Der letzte Saugmotor von AMG setzt auf acht Zylinder in V-Anordnung. Je vier Zylinder befinden sich auf einer Zylinderbank, der Zylinderwinkel beträgt dabei glatte 90 Grad. Der Kurzhuber besitzt eine Bohrung von 102,2 Millimetern und einen Hub von 94,6 Millimetern. Das begünstigt die Hochdrehzahl-Charakteristik des Aggregats, das bis 7200 Touren dreht. Der Zylinderabstand liegt bei 109 Millimetern, der Hubraum bei 6208 Kubikzentimetern. Verdichtet wird im M 156 im Verhältnis 11,3:1, die Leistung bewegt sich je nach Anwendung zwischen 457 PS im C 63 (W204) und 525 PS im E63 (W212). Das alles sorgt für ein maximales Drehmoment von 630 Nm.
Die Laufbahnen in den Aluminium-Motorblöcken wurden beim M 156 erstmals mit der (mittlerweile obligatorischen) "Nanoslide"-Technologie beschichtet. Dabei wird mithilfe des Lichtbogen-Draht-Spritzens die Laufbuchse hauchdünn mit Stahl beschichtet. Die Folge ist eine deutlich glattere Oberfläche, was weniger Reibungsverluste zur Folge hat. Für mehr Steifigkeit setzt Mercedes im AMG-V8 auf eine "Closed-Deck"-Bauweise. Hierbei werden die Laufbuchsen nur über Kühlkanäle mit Kühlflüssigkeit versorgt. Anders als bei der "Open-Deck"-Bauweise wird hier kein Zylinder vollständig vom Kühlwasserkanal umschlossen.

Ansaugsystem: Anleihen beim Motorsport

Der letzte Sauger von AMG
Der AMG-V8 ist als Hochdrehzahlmotor ausgelegt. Er hat eine größere Bohrung und einen geringeren Hub.
Beim Entwurf des M 156-Ansaugtrakts setzte AMG auf sein Know-how aus dem Rennsport. Große Querschnitte, eine strömungsgünstige Gestaltung und eine senkrechte Anordnung aller Kanäle zeichnen die Luftzufuhr des AMG-Motors aus. Das aus Magnesium gefertigte Schaltsaugrohr ließ sich AMG patentieren. Es ist besonders leicht und soll einen optimalen Füllgrad des Zylinders auch bei hohen Drehzahlen gewährleisten. Das Saugrohr besitzt zwei innenliegende, parallel öffnende Drosselklappen.

Zylinderkopf: 32 Ventile im M 156

Der letzte Sauger von AMG
Tassenstößel übertragen die Steuereingaben der Nockenwellen auf die Ventile.
Ein steifer Ventiltrieb sorgt im AMG-Saugmotor dafür, dass auch die Ventile die hohen Drehzahlen des Motors aushalten. Die 32 Ventile werden über Tassenstößel betätigt. Die simple Mechanik hat sich auch im Rennsport bewährt. Die vier Nockenwellen lassen sich über Aktuatoren je nach Anforderung verstellen, Einstellgröße sind hierbei die Ventilsteuerzeiten.

Ein Mann, ein Motor: Handarbeit bei AMG

Wie bei AMG üblich, wurde auch der M 156 von nur einem Mechaniker in Handarbeit montiert. Die Philosophie "Ein Mann, ein Motor" ist bei AMG Tradition und findet ihren Höhepunkt im Anbringen der Motorenplakette. Durch sie darf sich der Mechaniker auf dem Motor verewigen – und der Kunde weiß, wem er den Antrieb seines neuen AMG zu verdanken hat.

M 159: Modifizierter V8 für den SLS

Der letzte Sauger von AMG
Die Nockenwellen lassen sich beim Saugmotor verstellen. Das Schnittmodell zeigt die Aktuatoren.
Für das damalige Topmodell SLS wurde der M 156 etwas überarbeitet und verschärft. Im SLS leistet der Motor nun 571 PS, als GT 591 PS und als "Black Series" sogar 631 PS. Für den Top-AMG-Sportler wurden modifizierte Schmiedekolben verbaut, das Kurbelgehäuse wurde überarbeitet und die Ansaugung nochmals verbessert. Außerdem wurde das Ölmanagement verändert: Die Nasssumpfschmierung wurde gegen eine rennstreckentauglichere Trockensumpfschmierung getauscht. Sie garantiert auch bei hohen Querbeschleunigungen eine ausreichende Ölversorgung des Motors. All diese Maßnahmen führten dazu, dass der SLS-Motor einen eigenen Code bekommen hat. Bei AMG wurde er als M 159 geführt.

Probleme mit dem M 156

Der letzte Sauger von AMG
Der Ritterschlag eines jeden AMG-Motors ist seine Plakette – sie trägt den Namen des Monteurs.
Mittlerweile ist das V8-Aggregat von AMG in die Jahre gekommen und zeigt ein paar Schwachstellen auf. Im Prinzip gilt der Motor aber als äußerst robust. Probleme bereiten bei frühen Baujahren die Zylinderkopfschrauben. Sie korrodieren und verlieren gerne ihre Schraubenköpfe. Die Folge: Kühlwasser im Zylinder und fehlende Kompression. Grund für den Bruch ist zu wenig Material am Schraubenkopf. Später ersetzte Mercedes die Schrauben gegen robustere Varianten. Ein weiteres Problem können die Tassenstößel an den Ventilen werden. Sie laufen ein und bleiben im Zylinderkopf stecken. Das kann die Nockenwelle beschädigen. Alternativ können modifizierte Stößel aus dem SLS Black Series (M 159) verwendet werden. Sie besitzen eine spezielle Beschichtung, was sie robuster gegenüber Beschädigungen macht.

Bildergalerie

Aktuelle und zukünftige Motoren: Übersicht
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Aktuelle und zukünftige Motoren: Übersicht
Kamera
Aktuelle und zukünftige Motoren: Übersicht

Modelle mit dem Sauger-V8

M 156 nach PS geordnet:
➤ C 63 AMG (W/S/C 204) ● Leistung: 457 PS • Drehmoment: 600 Nm
➤ C 63 AMG (W/S/C 204) mit Performance Package ● Leistung: 487 PS • Drehmoment: 600 Nm
CLK 63 AMG (C/A 209) ● Leistung: 481 PS • Drehmoment: 630 Nm
➤ CLK 63 AMG Black Series (C 209) ● Leistung: 507 PS • Drehmoment: 630 Nm
➤ C 63 AMG Edition 507 (W/S/C 204) ● Leistung: 507 PS • Drehmoment: 610 Nm
ML 63 AMG (W164) / R 63 AMG (W/V 251) Leistung: 510 PS Drehmoment: 630 Nm
CLS 63 AMG (C 219) / E 63 AMG (W/S 211) Leistung: 514 PS Drehmoment: 630 Nm
➤ C 63 AMG Black Series (C 204) Leistung: 517 PS Drehmoment: 620 Nm
➤ CL 63 AMG (C 216) / S 63 AMG (W/V 221) / SL 63 AMG (R230) / E 63 AMG (W/S 212) Leistung: 525 PS Drehmoment: 630 Nm
M 159 nach PS geordnet
➤ SLS AMG (C/R 197) Leistung: 571 PS Drehmoment: 650 Nm
➤ SLS AMG GT (C/R 197) Leistung: 591 PS Drehmoment: 650 Nm
➤ SLS AMG Black Series (C 197) Leistung: 631 PS Drehmoment: 635 Nm