Einst waren sie die Ampelrenner unter den Amischlitten, heute spielen sie die Machos unter den Klassikern: Muscle-Cars, die gigantisch motorisierten Asphaltschleifer aus einer Ära, in der Amerikas unbegrenzte Möglichkeiten noch unter den zwei Quadratmetern Motorhaube stattfanden. Breitspurig, laut, gern eine Spur unseriös – das, so will es das Klischee, gilt auch für ihre Besitzer. Deren einschüchternde Botschaft: Platz da für den Geächteten der Straße – bevor ich eure armseligen Spießerkisten durch den Vergaser inhaliere! Genau dieses Image hatten die Hersteller im Visier, als sie die Krawall-Klasse schufen. Die USA um 1960: Die Hot Rods sind auf dem Höhepunkt ihrer Kultur. Es sind brave Veteranen aus Vorkriegstagen, die keinerlei Zulassungszwängen unterliegen und deshalb völlig legal zu wilden Höllenmaschinen aufgerüstet werden. Ziel: die Vorherrschaft auf der Viertelmeile. Die 402-Meter-Dragstrips, auf denen die Beschleunigungsduelle stattfinden, sind zu dieser Zeit mindestens so angesagt wie Autokino und Badesee.
Ford Mustang Fastback GTA 390
Bis vor wenigen Jahren fristeten die Dragstrip- Desperados ein Dasein im Schatten seriöser Oldies.
1964 bringt Pontiac mit dem Tempest GTO das erste Serienmodell, das gezielt für diese Mann-gegen-Mann-Sprints gemacht ist. Kompakte Karosserie (nach US-Normen), endlos Power – das Muscle-Car ist geboren. Sofort legen andere Marken solche Kurzstreckenbomber nach, die finale Ansage ist der Ford Fairlane Thunderbolt mit Siebenliter-V8 und 657 PS. Bürgerproteste, horrende Versicherungsprämien, bleiarmes Benzin, Ölkrise: Zwei Jahre nach dem Anfang vom Ende ist 1973 endgültig Schluss mit lustig. Bis vor wenigen Jahren fristeten die Dragstrip-Desperados ein Dasein im Schatten seriöser Oldies. Doch dann explodierten die Preise – Muscle-Cars sind wieder Kult. Spezielle Stücke sprengen sogar die Millionengrenze. Und in Deutschland? Auch hier hat sich die Szene gewandelt. Wir besuchten fünf Besitzer von Muscle-Cars. Und stießen auf alle möglichen Charaktere, die sich unter Klassiker-Fans eben finden lassen. Aber auf nicht einen einzigen Macho. Vorhang auf.

"Fahren wie Bullitt – nur gemütlicher"

Uwe Wehrmeister über seinen Ford Mustang Fastback GTA 390 von 1967
"Braucht ihr vielleicht mal einen 67er Mustang Fastback für einen Beitrag?", schreibt Uwe Wehrmeister per E-Mail. Zufällig ja, antworten wir – und zwar möglichst gestern. Eine Stunde später ist der Termin festgezurrt. Um Trugschlüsse zu vermeiden: Uwe Wehrmeister, Immobilienkaufmann (51) ist nicht versessen darauf, sich zu präsentieren. Seine automobile Vita äußert er am ehesten hinter vorgehaltener Hand. Also: ab 1982 drei Jaguar E und ein Aston Martin DB 6 Mk II Vantage. 1991 ein Ferrari Mondial Cabrio, Anfang 2008 ein Aston V8 Vantage, jeweils werkfrisch. Eine Frage der Mittel, klar. Aber auch eine Sache des Geschmacks. Uwe Wehrmeister hat beides. Und genießt still. Was so gar nicht zu den europäischen Vollblütern passt, ist sein Mustang. Auch deshalb, weil der Berliner bei dem Bigblock-Coupé seine Zurückhaltung verliert und heftig ins Schwärmen gerät. Es ist nicht sein erster Mustang. Nachdem ihm 1999 mangels Entschlussfreude ein Shelby GT500 durch die Lappen gegangen war, griff er zum 67er Convertible. Und fiel mit der Restaurierung auf die Nase.
Ford Mustang Fastback GTA 390
Uwe Wehrmeister (51) ist nicht versessen darauf, sich zu präsentieren. Seine automobile Vita äußert er am ehesten hinter vorgehaltener Hand.
Doch diesmal stimmte alles: Nach langer Suche – es musste ein 67er Fastback mit GT-Paket sein – fand er sein Wunschauto in Florida. Philip Ewerwahn, Mustang-Fachmann aus Hamburg, ließ den liebevoll restaurierten Kandidaten vor Ort prüfen, Uwe Wehrmeister überwies 24.800 US-Dollar. 2003 war das. Seitdem flossen weitere 8000 Euro in den Mustang – Bremsen, Räder, Ölkühler, Kleinigkeiten. Nicht wenig. Doch heute steht der rasante Klassiker in "Wimbledon White" nahezu perfekt da. Und ist gut das Doppelte wert. Tendenz: steigend. Feines Geschäft. Aber darum geht es nicht, obwohl das schöne Stück geschont wird. Wilde Burnouts sind nicht drin, betont der Immobilienkaufmann. King im Ring? Nicht sein Ding. Eher schon lässiges Cruisen. Aber er könnte, wenn er wollte ...
Von den 320 PS, die der 6,4-Liter nach der in Amerika bis 1971 gültigen SAE-Norm leistet, bleiben rund 280 gemäß DIN übrig. "Und mit 1,5 Tonnen wiegt das Auto deutlich weniger als heute ein Alfa Spider", sagt Uwe Wehrmeister. Damit ist der Mustang ohne Frage ein echtes Muscle-Car. Vor allem eines mit Vollausstattung – fast. Von den rund 100 Extras orderte der Erstbesitzer 1967 sämtliche bis auf drei. Darunter die "Cruise Control". Schade, der Tempomat würde zum Fahrstil des Berliners passen. Muss ja nicht jeder Gas geben wie Frank Bullitt. Dessen Einfluss war für Uwe Wehrmeister dennoch entscheidend: "Ohne den Gangsterstreifen wäre ich gar nicht auf mein Traumauto gestoßen."
Technische Daten Ford Mustang GTA 390 V8-Motor • 6391 cm³ • 235 kW (320 PS)* bei 4800/min • max. Drehmoment 579 Nm* bei 3200/min • Dreistufen-Automatik • Hinterradantrieb • L/B/H 4660/1900/1310 mm • Leergewicht 1540 kg • Reifen 6.95 H 14 • Trommelbremsen rundum • Querlenker mit Schraubenfedern vorn, Starrachse mit Blattfedern hinten • Spitze 200 km/h • 0–100 km/h in 7,5 s • Verbrauch circa 20,5 l S/100 km • Neupreis 20.790 Mark (1967), * alle Leistungs- und Drehmomentangaben nach SAE-Norm. DIN-Werte ca. 15 bis 25 Prozent niedriger.

"Der König der Muscle-Cars"

Kfz-Mechaniker Thomas Schulz über seinen Dodge Charger R/T von 1968
Dodge Charger R/T
Das Exemplar von Thomas Schulz gehört zu den wenigen Originalen, die meisten Charger R/T sind geklont.
Der Name ist so undramatisch wie der Typ selbst. Nett, bescheiden, total normal: So tritt Thomas Schulz aus Hamburg auf. Einst lernte er das Kfz-Handwerk, heute ist er "Abschlepperfahrer und Mädchen für alles", wie er sagt. Und zwar noch immer in seinem Opel-Lehrbetrieb. Spannungsmomente? Fehlanzeige. Gleiches betrifft die Frühzeit seiner Motorisierung. Rekord C, ein paar Commodore B – wie gesagt ... Bis das Garagentor aufgeht, hinter dem das augenlose Ungetüm mit dem gefräßigem Grill lauert. Die Fahrertür klappt, der Anlasser singt, dann ertönt ein Geräusch, das einst der Schöpfer von Mutter Erde als Brodeln der Ursuppe vernommen haben dürfte. Böse, dumpf, gewaltig. Es ist der heiße Atem des 440 Magnum. Kenner wissen: Diese Bezeichnung steht für den größten Pkw-V8 der Chrysler-Konzerngeschichte – 7,2 Liter, 375 SAE-PS (etwa 320 DIN-PS). Was sie auch wissen: Rund 90 Prozent aller 1968er Charger R/T mit diesem Motor sind "Clones". Eher wertarme Charger, Kopien des gut 100.000 US-Dollar teuren Originals. So einer ist das hier, oder? Ist er eben nicht, widerspricht Thomas Schulz voller Stolz.
Dodge Charger R/T
Solch einen 68er Charger fuhren die Bösewichte in "Bullitt". Das 5,28-Meter-Schiff war einer der großen Dragstrip-Heroen.
Wie er sich die Referenz unter den Viertelmeilen-Helden leisten kann? Er kaufte den Charger, dessen Kürzel "Road/Track" (Straße/Rennstrecke) meint, als Wrack. "1989, für 12.000 Mark. Billig war das nicht – Spitzenstücke gab es damals für 30.000 Mark", erinnert Thomas Schulz. Vier Jahre Arbeit, das Gros des Nettolohns dieser Zeit, zwei Freundinnen: Diese Opfer forderte der Schlitten, bis er fertig war. War es das wert? "Jede Minute, jeden Pfennig, fast jede Frau." Aber noch mal braucht sein Eigner das nicht. Dessen Prophylaxe: "Wenn es nach über 35 Prozent Luftfeuchtigkeit riecht, bleibt der Hangar zu." Der Dank des Dodge: in 15 Jahren und Fahrten zu Amitreffen in ganz Europa nicht der kleinste Defekt. Wenn nur seine Kampftrinkerei nicht wäre. Aber Thomas Schulz hat den Dreh zum "Kohle sparen trotz Charger fahren" raus: "Bei Bummeltempo 120 nippt er nur 21 Liter auf 100." Dass die 440er-Maschine für Tempo 215 gut ist, weiß er nicht aus dem Prospekt, sondern aus Erfahrung. "Ist aber nicht witzig mit diesem Kutschenfahrwerk." Ansonsten, das ist unübersehbar, macht dieses Auto seinen Besitzer rundum glücklich.
Dennoch würde er heute einiges anders machen: alles original, keinen blauen Unterboden. Und? Juckt es ihn noch mal? "Im Moment nicht", antwortet Thomas Schulz – wo er sich doch gerade an seine neue Freundin gewöhnt hat.
Technische Daten Dodge Charger R/T V8-Motor • 7206 cm³ • 276 kW (375 PS)* bei 4600/min • max. Drehmoment 649 Nm* bei 3200/min • Dreistufen-Automatik • Hinterradantrieb • L/B/H 5280/1955/1410 mm • Leergewicht 1650 kg • Reifen F 70 x 14 • Trommelbremsen rundum • Querlenker mit Torsionsfedern vorn, Starrachse mit Blattfedern hinten • Spitze 215 km/h • 0 bis 100 km/h in 6,3 s • Verbrauch circa 26,5 l Super/100 km • Neupreis circa 28.500 Mark (1968), * alle Leistungs- und Drehmomentangaben nach SAE-Norm. DIN-Werte ca. 15 bis 25 Prozent niedriger.

"Jeden Morgen ein Küsschen"

Sozialarbeiterin Ute Hempel über ihren Dodge Challenger von 1970
Dodge Challenger
Total emotional: Ute Hempel (31) verspürt zu ihrem Dodge Challenger eine seelische Verbundenheit.
"Welches Auto soll ich denn sonst fahren?", fragt Ute Hempel etwas verständnislos. Und kontert mögliche Gegenvorschläge vorab auf ihre Weise: "Ein Mustang ist doch wohl voll die Mädchenschüssel." Alles andere verdiene den Sammelbegriff Automobil eh nicht. Und erst recht keine leidenschaftliche Liaison. Damit ist – um die aktuelle VW-Werbung frei zu zitieren – für die 31-Jährige die Sache klar: "Dodge Challenger, das Auto." Es ist ihr erstes und einziges. Zuvor fuhr die Sozialarbeiterin aus Lüneburg bei Hamburg gelegentlich den Nissan Sunny Traveller ihrer Mutter. Was sie nur ungern zugibt. War ja nur ein Transportmittel, kein Auto. Warum es der 70er Challenger – und nur der – sein musste? Einmal mehr wegen eines US-Roadmovie. Hier "Fluchtpunkt San Francisco" (DDR-Titel: "Grenzpunkt Null") von 1971 mit Barry Newman ("Petrocelli"). Die simple Handlung: Ex-Rennfahrer Kowalski soll ein Auto von Denver nach San Francisco überführen, wettet, die 2000 Kilometer in 15 Stunden zu schaffen, bekommt reichlich Stress mit den Cops, das Übliche halt. Sein Fluchtfahrzeug: ein weißer Challenger R/T.
Ute Hempel sieht den Film, verfällt dem Auto, schwört im Freundeskreis, Ernst zu machen und wird für verrückt gehalten. "Was ich nachvollziehen konnte. Doch je länger ich rechnete, desto machbarer wurde die Utopie." Ende 2002 – drei Jahre nach der Initialzündung – kauft sie über einen Bekannten in Los Angeles den rostigen, aber fahrbereiten Dodge. Für 8600 Dollar. Ein echter R/T mit 375 PS ist es nicht – mittlerweile rangiert die Kowalski-Variante in sechsstelligen Dollar-Regionen. Sondern das 5,2-Liter-Sparmodell, das nur einen Bruchteil dessen bringt. Generell sind der Challenger und sein Plymouth-Pendant Barracuda/’Cuda gute Beispiele dafür, wie stark die Kurse von Muscle-Cars je nach Version und Stückzahl variieren können.
2007 brachte ein 71er Hemi 'Cuda Convertible den unglaublichen Auktionserlös von 2,4 Millionen Dollar. Ute Hempel reichen die 35.000 Euro und die jahrelange Eigenarbeit, die sie in ihrem verlebten Dodge versenkte. Seit sie einen Nebenjob hat – "Putze in einer sozialen Einrichtung" – geht es finanziell wieder bergauf. Insofern ist sie froh darüber, dass der "Herausforderer" mit nur 190 DIN-PS die strengen Muscle-Car-Kriterien verfehlt: "Bei Streichel-Gas lässt er sich mit 16 Litern auf 100 Kilometer bewegen." Dies sei sowieso die Behandlung, die "ihr Schatz" verdiene. Sagt die Amazone, die am Lenkrad sentimental wird: "Jeden Morgen ein Küsschen, nie bei Regen Gassi." Was er zu Weihnachten bekommt, stehe schon fest: ein Satz Originalräder, flüstert sie. Soll ja eine Überraschung werden.
Technische Daten Dodge Challenger Hardtop V8-Motor • 5210 cm³ • 169 kW (230 PS)* bei 4400/min • max. Drehmoment 434 Nm* bei 2000/min • Dreitufen-Automatik • Hinterradantrieb • L/B/H 4860/1980/1290 mm • Leergewicht 1445 kg • Reifen F 70 x 14 • Trommelbremsen rundum • Querlenker mit Torsionsfedern vorn, Starrachse mit Blattfedern hinten • Spitze 185 km/h • 0–100 km/h in 11,5 s • Verbrauch circa 18,0 l Super/100 km • Neupreis 23.310 Mark (1970), * alle Leistungs- und Drehmomentangaben nach SAE-Norm. DIN-Werte ca. 15 bis 25 Prozent niedriger.

"Kleines Urlaubsmitbringsel"

Marketingfachmann Nils Conrad über seinen Pontiac GTO von 1966
Ordinär und unseriös, krawallig und in Kriegsbemalung – jawoll, so hat ein Muscle-Car auszusehen. Punkt. Einspruch? Allerdings. Manche deklassierten ihre Dragstrip-Duellanten in distinguiertem Dress. Wie der Pontiac GTO, ausgerechnet – war er als praktisch erster US-"Kleinwagen" mit Riesen-V8 doch das Ur-Muscle-Car. Der Prototyp dieser Spezies. Nils Conrad ist häufig in Florida. Seit einem Schüleraustausch ist das dauerschwüle Rentnerparadies seine zweite Heimat. "Wenn ich dort erzähle, welches Auto ich hier fahre, knien alle vor mir nieder", erzählt der Teilhaber einer Werbeagentur amüsiert. "Ist eben eine Art Nationalheld, der GTO." Der im eigenen Land zu bleiben habe. Sie hätten ihn halten können, für 9000 Dollar. Damals, 1993. Doch dann kam Nils Conrad zu dem Händler in St. Petersburg Beach – "nur um Aufnäher zu kaufen". Er sah den Pontiac mit dem ominösen Namen, verliebte sich in dessen herrliche Form, schlug spontan zu. Es folgte die Verschiffung nach Hamburg. Und die Anmeldung, die seitdem gültig ist. Nein, oft fährt er das Hardtop-Coupé mit dem "Cokebottle"-Hüftschwung nicht. Aber wenn, dann richtig. Heißt: "Gemütlich im Drehzahlparterre rumcruisen, dann und wann den riesigen Vierfachvergaser durchlüften, um den BMW-Z4-Schnöseln mal kurz zu zeigen, wo der Hammer hängt." Je sparsamer die glotzen, umso mehr Spaß hat Nils Conrad (46) – ein sehr jugendliches Vergnügen nach einer sehr simplen Gleichung.
Das war schon 1966 so, als Autotester den GTO in der Standarddisziplin der Viertelmeile maßen: 15,4 Sekunden, noch immer ein respektabler Wert für Sportwagen. Als genau solcher wurde der Pontiac in seinem Heimatland annonciert. Vier runde Uhren, Mittelschaltung, Einzelsitze vorn, Schraubenfederachse hinten – vor 42 Jahren starke Ansagen für einen Ami. Der nach Alter Welt riechen sollte. Das Buchstabentrio: frech von Ferraris Rennlegende 250 GTO geklaut. Der Hubraum, sonst US-typisch in "cubic inch" bemessen: hier mit "6.5 Litre" übertrieben, und zwar innen und außen gleich viermal. Aber auch dieses Getrommel gilt als unvermeidliches Attribut einer Automobilkultur, die nur das gute alte Amerika bot. Das weiß Nils Conrad. Und er weiß es zu schätzen. Für ihn ist der GTO eben die erste Wahl, wenn es darum geht, den linken Ellbogen auf dem Fenstersims spazieren zu fahren. Der Mann muss sich halt oft genug seriös geben. Was er dann so fährt? VW Phaeton. Und einen Imperial Crown. Imperial – nie gehört? War 1965 der "Rolls-Royce" von Chrysler. Kein Muscle-Car.
Technische Daten Pontiac GTO V8-Motor • 6374 cm³ • 246 kW (335 PS)* bei 5000/min • max. Drehmoment 597 Nm* bei 3400/min · Dreistufen-Automatik • Hinterradantrieb • L/B/H 5240/1910/1390 mm • Leergewicht 1615 kg • Reifen 7.75 H 14 • Trommelbremsen rundum • Querlenker vorn, Starrachse hinten • Schraubenfedern rundum • Spitze 195 km/h • 0–100 km/h in 6,9 s • Verbrauch circa 22,5 l S/100 km • Neupreis 20.400 Mark (1966), * alle Leistungs- und Drehmomentangaben nach SAE-Norm. DIN-Werte ca. 15 bis 25 Prozent niedriger.

"Kein Problem mit dem Image"

Finanzberater Frank Schellhorn über seinen Chevrolet Camaro SS von 1969
Kennen Sie den Film "Falling down – ein ganz normaler Tag" von 1993? Genau, den mit Michael Douglas. Den, in dem ein kreuzbraver Mann plötzlich Amok läuft. Warum wir das fragen? Weil Frank Schellhorn (38) uns an diesen Typen erinnert. Nicht, dass er nervige Straßenbaustellen mal eben mit der Panzerfaust eliminiert. Es ist nur der Kontrast, der die uncharmante Assoziation weckt. Denn wer nach dem äußeren Eindruck, den der Finanzberater vermittelt, auf dessen automobile Vorlieben tippt, könnte leicht bei einem Opel Vectra landen. Stufenheck, Basisbenziner, dunkelrot-metallic. Keinesfalls aber beim schrillsten und exotischsten Muscle-Car dieses Quintetts. Im direkten Dialog widerlegt Frank Schellhorn das Kleinstanleger-Klischee eindrücklich: Der Mann weiß exakt, wovon er redet, seine Analysen und Argumente überzeugen. Vor allem dann, wenn es um sein faszinierendes Freizeitauto geht.
Das wiederum bestätigt die erste, oberflächliche Impression: Sein Chevrolet Camaro SS 350 von 1969 ist schlichtweg der Hammer. Insbesondere deshalb, weil jeder Spoiler, jeder Streifen, jeder Gimmick zum werkseitigen Ornat gehört. Wie es zu dieser Maschine kam? Ein Rückblick. Herbst 1966: Mit den nahezu baugleichen Schwestermodellen Chevrolet Camaro und Pontiac Firebird antwortet General Motors auf Fords Sensationserfolg Mustang. Allein im ersten Modelljahr entstehen 303.466 der "GM Pony Cars". Bei den 500 Meilen von Indianapolis 1969 wird ein weiß-orangefarben   gestreifter Camaro Convertible als Pace Car eingesetzt – ein prestigeträchtiges Amt, in dessen Fahrwasser Chevrolet 3675 Exemplare des "SS 350 Indy Sport Convertible Pace Car Replica" auflegt. Eines dieser Sammlerstücke gehört heute Frank Schellhorn. Es ist sein erster US-Oldie. Und nach ewiger Literaturrecherche der einzige, der es sein durfte. Nach langer Suche und Besichtigungen dreier "69 Pace Cars" in den USA fand er 2007 sein Traumauto in einem Museum nahe Chicago. Aufwendig restauriert, originalgetreu bis zur letzten Unterlegscheibe. Wie viel er bezahlte? Verrät er nicht. Spezialisten sehen das Sammlerstück in der Nähe von 70.000 Euro. "So oder so eine Wertanlage", entschuldigt der Bremer seinen Lustkauf wider jegliche bürgerliche Vernunft. Womit wir wieder bei seinem Beruf sind. Weil der Camaro aber unverkäuflich ist, sei er als Investment eigentlich ungeeignet. Insofern empfiehlt Frank Schellhorn seinen Kunden lieber bodenständigere Anlageformen.
Technische Daten Chevrolet Camaro SS 350 Convertible V8-Motor • 5733 cm³ • 221 kW (300 PS)* bei 4800/min • max. Drehmoment 495 Nm* bei 3200/min • Dreistufen-Automatik • Hinterradantrieb • L/B/H 4725/1880/ 1310 mm • Leergewicht 1590 kg • Reifen F 70 x 14 • Scheibenbremsen vorn, Trommeln hinten • Querlenker mit Schrau benfedern vorn, Starr achse mit Blattfedern hinten • Spitze 210 km/h • 0–100 km/h in 8,0 s • Verbrauch circa 20,0 l S/100 km • Neupreis 28.310 Mark (1969), * alle Leistungs- und Drehmomentangaben nach SAE-Norm. DIN-Werte ca. 15 bis 25 Prozent niedriger.

Von

Wolfgang Blaube