Vorstellung: Cayenne Turbo ist das Topmodell

Alte Optik, neue Technik: Das könnte man auf den ersten Blick denken! Porsche verspricht allerdings, dass beim Cayenne alles neu ist. Die dritte Generation des Porsche-SUVs wurde komplett neu konstruiert. Wie bereits Audi Q7 und Bentley Bentayga steht auch der neue Cayenne auf der MLB-Plattform. Eine Kombination aus Aluminium, Kohlefaser und hochfestem Stahl soll den Porsche leichter und agiler machen.
Neuer als er aussieht
Hand aufs Herz: Die Änderungen an der Front sind eigentlich gar nicht zu erkennen.
Beim Design will sich Porsche ganz bewusst am 911 orientiert haben. Fakt ist, an der Front ist der neue Cayenne kaum vom alten zu unterscheiden. Die Lufteinlässe sind ein bisschen größer – das war's. Insgesamt ist der Cayenne sechs Zentimeter länger und minimal flacher als bisher. Der Radstand bleibt bei unveränderten 2,90 Metern. Eine kleine Überraschung gibt es am Heck: Der Offroader trägt das vom Panamera bekannte durchgängige Leuchtband. Das war zwar zu erwarten, ist aber trotzdem neu. Insgesamt wird das SUV ganz behutsam an die aktuelle Design-Sprache von Porsche angepasst. Ehrlich gesagt könnte der neue Cayenne optisch aber auch glatt als Facelift durchgehen. Dank Alu-Karosserie und weiteren Alu-Teilen konnte Porsche das Gewicht trotz Mehrausstattung um 55 Kilo auf 1985 Kilo senken. Die von den meisten Kunden nicht genutzten Offroad-Fähigkeiten sollen dem Cayenne erhalten bleiben. Der Konkurrent für BMW X5 und Mercedes GLE ist mit drei Motorisierungen bestellbar. Mindestens 74.828 Euro werden für den neuen 340 PS starken Cayenne fällig, der stärkere Cayenne S startet bei 91.964 Euro. Das 550 PS starke Topmodell Cayenne Turbo kostet mindestens 138.850 Euro.

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Innenraum: Das Cockpit ist technisch auf dem aktuellsten Stand

Letzte Testrunden mit dem Porsche Cayenne
Das 12,3-Zoll-Display ist vom Panamera bekannt. In der Mittelkonsole wurden einige Knöpfe eingespart.
Je nachdem von welcher Seite sich der Fahrer dem neuen Cayenne nähert, kommen Zweifel auf, ob es sich tatsächlich um die dritte Generation und somit um ein komplett neues Auto handelt oder es vielleicht doch nur ein Facelift ist. Im Innenraum herrscht dann aber Klarheit – das Cockpit ist tatsächlich komplett neu. Die Instrumente werden vom analogen Drehzahlmesser dominiert, natürlich mittig angeordnet, wie es sich für einen Porsche gehört. Rechts und links daneben strahlen zwei scharfe, sieben Zoll große Displays, die sich individuell konfigurieren lassen: Navi, Geschwindigkeit, Musik – alles nur einen Knopfdruck entfernt. Das passiert dabei fast schon intuitiv über die Lenkradtasten und ist auch für Porsche-Neulinge kein Problem.

Porsche Advanced Cockpit aus dem Panamera

Herzstück ist das im Cayenne neue Porsche Advanced Cockpit mit 12,3-Zoll Touchscreen. Das System ist auf dem aktuellsten Stand und braucht sich nicht vor der Konkurrenz zu verstecken: Spracheingabe, Annäherungssensor und stockscharfe Darstellung inklusive. Die typischen, ausgelutschten Vergleiche spare ich mir und Ihnen an dieser Stelle. Nur so viel: Ja, das Display ist groß, ja, es reagiert extrem schnell und ja, man kann mit zwei Fingern zoomen. Und nein, deswegen ist es noch kein iPad. Eine Sache, die mir negativ aufgefallen ist: Das Navi benötigt bei Einschalten der Zündung locker zehn Sekunden, bevor es einsatzbereit ist. Beim heutigen Stand der Technik sollte das doch schneller möglich sein. Abgesehen davon ist das System aber sehr schnell und extrem einfach zu bedienen. Stolz ist Porsche auf die aus dem Panamera bekannte Mittelkonsole. Außer einem Drehdrück-Knopf, der Lautstärke- und Klimaregelung gibt es hier keine echten Knöpfe und Tasten mehr. Porsche verspricht, eine Vielzahl von Schaltern eingespart zu haben. Stattdessen gibt es im Cayenne eine Glasfläche mit Touchflächen. Das Auswählen der einzelnen Funktionen klappt dank haptischer und akustischer Rückmeldung ohne Probleme. Aber aufgeräumter wirkt das Cockpit dadurch nicht. Genau genommen wurden die normalen Tasten einfach durch Touchflächen ersetzt. Das ist modern und sieht gut aus, zumindest solange man vorher keine Pommes gegessen hat und fettige Fingerabdrücke auf der Klavierlackschwarzen Oberfläche hinterlässt. Außerdem bleibt die Frage was passiert wenn eine Fläche kaputt geht? Muss dann die gesamte Mittelkonsole ausgetauscht werden?
Die äußeren Lüftungsdüsen sind wie beim Vorgänger länglich designt, die mittigen Luftauslässe sind jetzt horizontal ausgerichtet aufgrund des großen Bildschirms. Typisch Cayenne sind die Haltegriffe links und rechts der Mittelkonsole, die bisher alle Cayenne hatten. Ganz neu ist der runde Mode-Schalter am Lenkrad des Cayenne, den es nur in Verbindung mit dem überarbeiteten Sport Chrono-Paket gibt. Sitze und Verarbeitungsqualität lassen keine Wünsche offen und sind auf höchstem Niveau. Gute Nachrichten für Familien: Das Kofferraumvolumen des neuen Cayenne wächst um 100 Liter auf 770 Liter.

Fahren: Im SUV in 3,9 Sekunden auf 100 km/h

Letzte Testrunden mit dem Porsche Cayenne
Der Turbo ist das vorläufige Topmodell des Porsche Cayenne. 100 km/h liegen nach nur 3,9 Sekunden an.
Cayenne Turbo steht da. Bedeutet: Achtzylinder mit Aufladung und 550 PS, 3,9 Sekunden auf 100 und 286 km/h Spitze. Mehr Porsche-SUV geht zurzeit nicht. Und doch hat der Cayenne nicht zugelegt. Zum Glück! Er wiegt jetzt knapp 50 Kilogramm weniger und das, obwohl viel mehr Technik unterm Blech steckt. Eine Dreikammer-Luftfederung in Kombination mit aktivem Wankausgleich und Allradlenkung zum Beispiel. Porsche nennt das "4D-Chassis Control" und analysiert in allen drei Raumdimensionen, also Nick-, Wank- und Gierbewegungen. Klingt kryptisch und bedeutet, dass das dicke Ding wie ein echter Sportwagen um die Ecken pfeift – ohne bei der ersten Bodenwelle die Contenance zu verlieren. Wäre da nicht die hohe Sitzposition und die enorme Breite von 1,98 Metern ohne Außenspiegel, man könnte glatt vergessen, dass hinten Kinder und Gepäck untergebracht werden können und nicht der Motor. Gleichzeitig macht die Technik das Gewicht von immer noch zwei Tonnen vergessen – eine ganz neue Leichtigkeit des SUV-Seins. Wirklich erstaunlich, wie Kollege Computer alle Fahrwerksysteme in Echtzeit verstellt. Von chilligem Überland-Rollen zum King of Nürburgring vergeht nicht einmal der Bruchteil einer Sekunde.

Die Federung agiert straff, dazu kommt eine neue Bremstechnik

Der Rest passt zu dieser Ausrichtung. Die Federung agiert straff, aber lange nicht so polterig wie bei den hochgelegten Stuttgarter Kollegen mit dem Stern. Dazu kommt eine neue Bremstechnik. Sie heißt "Porsche Surface Coated Brake" (PSCB) und bedeutet, dass die Serien-Graugussscheibe mit Keramik beschichtet wird. Und ganz konkret: Bremse treten heißt spontan ankern – und das so brachial, dass der Beifahrer blass um die Nase wird. Die unverschämt teure Carbon-Anlage (5962 Euro Aufpreis) kann sich der Cayenne-Käufer künftig sparen.

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Ausstattung: Adaptiver Dachspoiler beim Turbo

Der Cayenne wird zum Panamera
LED-Scheinwerfer sind beim neuen Cayenne Serie, Matrix-LED mit 84 einzeln gesteuerten Leuchtdioden kostet extra.
Für die dritte Generation hat Porsche gleich mehrere neue Features am Start. Erstmals gibt es den Cayenne mit Hinterachslenkung für bessere Dynamik und einen kleineren Wendekreis. Ebenfalls neu ist die Mischbereifung mit breiteren Reifen an der Hinterachse. Eine Innovation laut Porsche ist die sogenannte PSCB-Bremse. Die Abkürzung steht für "Porsche Surface Coated Brake". Bei dieser Neuentwicklung handelt es sich um Gragussscheiben mit Wolframcarbid-Beschichtung. Die Vorteile: weniger Verschleiß und Bremsstaub. Erkennbar ist die neue Bremse an weißen Bremssätteln, beim Topmodell Cayenne Turbo ist sie Serie. Darüber rangiert weiterhin die Carbon-Keramik-Bremse (PCCB). Wer die PSCB-Bremse bestellt, muss mindestens 20-Zoll-Felgen ankreuzen, serienmäßig wird der Cayenne auf 19-Zöllern ausgeliefert. Ebenfalls zur Serienausstattung gehören der aktive Allradantrieb und LED-Scheinwerfer. LED-Matrix-Licht und elektrische Wankstabilisierung PDCC müssen genauso extra bezahlt werden wie das Sport Chrono-Paket. Speziell beim Cayenne Turbo ist der adaptive Dachspoiler, der je nach Stellung den Anpressdruck erhöht oder den Bremsweg verkürzt. Turbospezifisch sind auch die speziellen 21-Zöller, ein Bose-Soundsystem mit 710 Watt und beheizte Sitze plus Lenkrad.

Connectivity: Cayenne ist serienmäßig und dauerhaft online

Porsche Connect Plus ist Serie beim neuen Cayenne. Im Vergleich zum Vorgänger wurden die Funktionen erweitert. Dank fest verbauter SIM-Karte ist der Cayenne serienmäßig und dauerhaft online. Neu ist, dass der Fahrer aus dem Auto auf Funktionen wie Amazon Music inklusive Bundesliga-Livestream und Smarthome von Anbieter Nest zugreifen kann. Mit dem Feature Radio Plus lässt sich die Reichweite des Lieblingsradiosenders per Internetradio automatisch verlängern. Für den Cayenne wurde außerdem eine neue Smartphone-App entwickelt mit der sich wichtige Funktionen steuern lassen. Dazu gibt es die drei Hauptbereiche Navigation, Mein Fahrzeug und Mein Konto. Online-Navigation und Sprachsteuerung will Porsche im Cayenne noch mal deutlich verbessert haben. Außerdem ist es möglich, die Navigationsziele vorab per Smartphone ans Auto zu schicken, sodass es direkt losgehen kann. Die Verarbeitung von sogenannten Schwarmdaten soll Gefahren reduzieren und Unfälle verhindern. Dazu werden Daten zur Verkehrs- und Straßenlage anonym gesammelt und ausgewertet. Die Assistenzsysteme stammen aus dem Limousinenbruder Panamera. Zu den Assistenten gehören: Nachtsicht mit Wärmebildkamera, Spurwechsel-, Stau-, Park- und Spurhalteassistent mit Verkehrszeichenerkennung. Ganz neu ist die Offroad Precision App, mit der Geländeabenteuer aufgenommen werden können.

Motoren: Drei Motorisierungen zum Marktstart

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Video: Porsche Cayenne Turbo (2017)

Turbo-SUV mit 911er-Genen

Der dritte Cayenne ist ab sofort mit drei Motorisierungen bestellbar. Die Kunden haben vorerst die Wahl zwischen einem Dreiliter-Sechszylinder mit 340 PS im Cayenne, der im Vergleich zum Vorgänger 40 PS mehr hat. Der Cayenne S kommt mit einem 2,9-Liter-V6-Biturbo und 440 PS – 20 PS mehr als bisher. Das vorläufige Topmodell ist der Cayenne Turbo mit 550 PS. Der Vierliter-V8 mit 770 Nm ist aus dem Panamera Turbo bekannt und setzt auf innenliegende Turbolader. Später wird es Plug-In-Hybride geben – zunächst auf Basis des V6-Biturbos, später wohl auch in Verbindung mit dem V8. Die Speerspitze könnte der Cayenne Turbo S e-Hybrid mit 680 PS werden. Wenn die Kunden sparsame und drehmomentstarke Dieselvarianten nachfragen, wird Porsche ebenfalls liefern können. Das Getriebe ist überall das gleiche: Porsche setzt beim neuen Cayenne ausschließlich auf eine Achtgang-Automatik von ZF.

Technische Daten und Preise: Topmodell startet bei 138.850 Euro

Porsche Cayenne • Sechszylinder-Turbo • Hubraum: 2995 ccm • Leistung: 250 kW (340 PS) von 5300 bis 6400 U/min • max. Drehmoment: 450 Nm von 1340 bis 5300 U/min • Beschleunigung: 0-100 km/h in 6,2 (5,9 mit Sport Chrono-Paket) • Topspeed: 245 km/h • Gewicht: 1985 kg • Verbrauch: 9,0-9,2 l/100 km • Preis: ab 74.828 Euro.
Porsche Cayenne S • Sechszylinder-Biturbo • Hubraum: 2894 ccm • Leistung: 324 kW (440 PS) von 5700 bis 6600 U/min • max. Drehmoment: 550 Nm von 1800 bis 5500 U/min • Beschleunigung: 0-100 km/h in 5,2 (4,9 mit Sport Chrono-Paket) • Topspeed: 265 km/h • Gewicht: 2020 kg • Verbrauch: 9,2-9,4 l/100 km • Preis: ab 91.964 Euro.
Porsche Cayenne Turbo • Achtzylinder-Biturbo • Hubraum: 3996 ccm • Leistung: 404 kW (550 PS) von 5750 bis 6000 U/min • max. Drehmoment: 770 Nm von 1960 bis 4500 U/min • Beschleunigung: 0-100 km/h in 4,1 (3,9 mit Sport Chrono-Paket) • Topspeed: 286 km/h • Verbrauch: 11,7-11,9 l/100 km • Preis: ab 138.850 Euro.
Für den neuen Cayenne bietet Porsche drei Motorisierungen an: den Cayenne mit 340 PS, den Cayenne S mit 440 PS – beide setzen auf einen Sechszylinder, das neue Achtgang-Tiptronic S-Getriebe und aktiven Allradantrieb – und den Cayenne Turbo mit 550 PS. Das Basismodell Cayenne ist 245 km/h schnell und schafft den Sprint auf 100 km/h in 6,2 Sekunden (5,9 Sekunden mit Sport Chrono-Paket). Der 440 PS starke Cayenne S hat einen Topspeed von 265 km/h und beschleunigt in 5,2 Sekunden auf 100 km/h (4,9 Sekunden mit Sport Chrono-Paket). Das V8-Topmodell sprintet in 4,1 Sekunden (3,9 Sekunden mit Sport Chrono-Paket) auf Landstraßentempo und schafft 286 km/h. Der Einstiegspreis für den Basis-Cayenne liegt bei 74.828 Euro, der Cayenne S startet bei 91.964 Euro und der Cayenne Turbo bei 138.850.

Gebrauchtwagen: Cayenne fahren für unter 10.000 Euro

Der Cayenne bleibt ein Bulle
Der erste Porsche Cayenne kam 2002 auf den Markt. Frühe Modelle mit hohen Laufleistungen gibt es für weniger als 10.000 Euro.
Der erste Porsche Cayenne (9PA) kam 2002 auf den Markt und wurde bis 2010 gebaut (Leistung 240 bis 550 PS). Frühe Modelle (bis 2005) mit hohen Laufleistungen gibt es schon deutlich unter 10.000 Euro. Aber Vorsicht, die Unterhaltskosten sind extrem hoch – außerdem verschleißen Reifen und Bremsen vergleichsweise schnell. Weniger runtergerockte Modelle mit gut 100.000 Kilometern auf der Uhr stehen ab 13.000 Euro beim (freien) Händler oder beim Privatanbieter. Das erste Facelift für den Cayenne gab es 2007, der Diesel ist seit 2009 im Angebot und wertstabiler als die durstigen Benziner. Vernünftige Facelift-Modelle beginnen bei rund 20.000 Euro. Deutlich teurer ist die seit Mitte 2010 erhältliche zweite Generation des Porsche Cayenne (92A). Die ist als Gebrauchter ab etwa 38.000 Euro zu haben. Im Herbst 2014 bekam Generation zwei ein Facelift. Die noch jungen gebrauchten Porsche Cayenne sind ab etwa 60.000 Euro zu haben. Für alle Cayenne gilt: Hohe Unterhaltskosten stehen Bestnoten beim TÜV-Report gegenüber. Tipp: nur regelmäßig bei Porsche gewartete Cayenne kaufen.
Jan Götze

Fazit

Ich behaupte: Die dritte Generation des Porsche Cayenne wird ein Erfolg! Das Heck des neuen Cayenne hat Porsche formschön hinbekommen und gut an die aktuelle Designsprache angepasst. Der Innenraum ist jetzt wieder voll auf der Höhe der Zeit – das war nötig. Nur bei der Front hätte sich Porsche mehr trauen können. Evolution ist schön und gut, aber auch Laien sollten ein neues Modell als solches erkennen.

Von

Stefan Voswinkel