Der Gebrauchtwagenmarkt ist leer gefegt: Aufgrund der Corona-Krise hat sich die Nachfrage vervielfacht, zugleich kommen wegen des Halbleiter-Mangels weniger ehemalige Neuwagen in den Markt. Das bedeutet: Wer jetzt ein Auto sucht, muss mit höheren Preisen und einem verknappten Angebot rechnen. Viele Käufer weichen daher notgedrungen auf ältere Fahrzeuge aus.

Viele Inseratstexte sind geschönt

Doch gerade bei denen müssen Sie besonders vorsichtig sein, denn oft stellt sich erst bei der Besichtigung heraus, wie wahrheitsgetreu der Anbieter den Gebrauchtwagen beschrieben hat. Doch wer ein Inserat gründlich prüft, auch das "Kleingedruckte", kann meist schon zwischen den Zeilen erkennen, ob sich die Anreise sich lohnt! Denn auf vielen Inseratsplattformen wie mobile.de, Autoscout24 & Co. schönen die Anbieter so manches Inserat. Doch anhand von Schlüssel-Sätzen und -Phrasen lässt sich Verdächtiges und Entlarvendes leicht herausfiltern.

Die beliebtesten Phrasen in faulen Gebrauchtwagen-Inseraten

Besteht die Gefahr von Standschäden?

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"Steht seit x Jahren abgemeldet in der Garage."
Das klingt erst mal gut: Erbstücke zum Beispiel werden oft sorgfältig verwahrt. Doch anders als einem Goldbarren schadet es einem Auto, wenn es lange herumsteht. Die Reifen nutzen einseitig ab, das Fahrwerk gibt nach, bei Benzinern (aufgrund des Wasseranteils am Sprit) kann der Motor von innen rosten! Deswegen: Finger weg!
Hinzu kommt: Ein abgemeldetes Auto muss erst wieder zugelassen werden. War es mehr als sieben Jahre abgemeldet, ist es endgültig stillgelegt. Dann muss eine komplette Vollabnahme durchgeführt werden. Das ist aufwändig und teuer.

Wie stark ist der Motor schon verschlissen?

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"Ölverbrauch für das Alter niedrig, muss nur ab und zu nachgefüllt werden."
Ein Liter auf 1000 Kilometer war lange die Faustformel des noch erträglichen Ölverbrauchs. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Ölwechselintervall (bei normal großem Motor) eventuell nicht ganz ausreicht und vor dem Ölwechsel noch nachgekippt werden muss. Weist also jemand schon vorsorglich darauf hin, dass der Wagen regelmäßig eine Sonderration benötigt, muss der Motor bereits stark verschlissen sein. Dann können Sie sich die Besichtigung sparen.

Wie gewissenhaft war der Vorbesitzer?

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"Brief kann ich nicht finden, gibt’s aber beim Amt."
Ehrlich währt am längsten, denken sich manche Verkäufer und wissen auch gleich die Lösung für ein Problem: Beschaffen Sie sich doch einfach Ersatz, lieber Kunde! Doch wer so mit Dokumenten umgeht – und genau das ist der Fahrzeugbrief, auch Zulassungsbescheinigung genannt–, der dreht eventuell noch ganz andere Dinger. Und überhaupt: Warum besorgt der Anbieter den Ersatzbrief für 41 Euro Gebühr (zum Beispiel in Berlin) nicht selbst? Wer schon bei solchen Selbstverständlichkeiten ungefällig ist, den lassen Sie besser links liegen.

Lässt sich das Vorleben untersuchen?

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"Kilometerstand wie abgelesen: xxx.xxx"
Manchmal machen nur Details den Unterschied zwischen Gut und Böse: Die Laufleistung eines Fahrzeugs lässt sich im besten Fall nicht nur am Tacho, sondern auch an der Dokumentation eines Gebrauchtwagens ablesen: In Werkstattrechnungen und HU-Prüfberichten ist auch immer der Kilometerstand vermerkt. Das ist sehr viel schwieriger und aufwendiger zu fälschen als beim Instrument selbst! Wenn jemand also schreibt "(wie) abgelesen", meint er fast immer: "Keine Ahnung, ob der Tacho original ist/funktioniert/ich mich verzählt habe." Und eine Dokumentation dürfte dann auch zumeist fehlen. Und das Auto dürfen Sie dann gern ignorieren.

Ist das Auto einfach nur verwahrlost?

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"Ich finde keine Zeit, den Wagen für mich herzurichten."
Wir könnten weinen vor Mitleid: Viele alte Autos im Internet werden "schweren Herzens", "leider" oder zumindest "umständehalber" angeboten. Eigentlich würde der Eigentümer seinen Liebling nie und nimmer hergeben, aber es gibt einfach zu viele andere tolle Projekte/Frauen/Urlaubsländer oder Ähnliches. Ist natürlich eine astreine Beschönigung für: "Der Instandhaltungsstau nervt mich, ich will die Karre loswerden, soll sich jemand anders mit dem Schrott herumärgern." Aber: Sie natürlich nicht.

Interessieren Sie sich für Fernhandel?

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"Auto steht noch in ..., Versand über Spedition."
Auch das ist gar nicht selten: Der Gebrauchtwagen steht irgendwo in Europa, mitunter in Griechenland oder Spanien, und wird hier in Deutschland zum Verkauf angeboten. Manchmal ist das handfester Betrug (das Auto gibt es nicht), aber mitunter auch nur eine etwas kreative Form des Fernhandels. Der Anbieter hofft dann, das Fahrzeug an sich sei bereits so attraktiv, dass es schon jemand unbesehen kaufen werde. Oft werden relativ begehrte Klassiker auf diese Weise von Leuten angeboten, die im Urlaub zufällig darauf gestoßen sind und nebenbei ein gutes Geschäft machen wollen. Sollen die das doch versuchen – aber nicht mit Ihnen.

Kaufen Sie ein Auto oder ein Technik-Puzzle?

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"Ich gebe auch Stoßdämpfer, Bremsbeläge und zwei Motoren mit dazu."
Es gibt sie noch, die guten Menschen: Nicht bloß ein Auto verkaufen sie, sondern gleich ein ganzes Warenlager wertvolles Zubehör dazu. Und es soll nicht 1 Cent extra kosten! Fehlt in dem Bündel nur noch der Mechaniker, der alles zusammenbaut – und der wäre auch nötig, denn zumeist sind die Ersatzteile auch essenziell, damit die Karre am Ende fährt. Und so bleiben die interessanten Kosten offen: Arbeitslohn! Gern wird eben dieser Posten von blauäugigen Käufern zu niedrig eingeschätzt. So eine Baustelle fertig zu machen kostet in der Regel mehrere Tausend Euro. Das kann man sich nur sparen, wenn man es selbst machen kann. Oder gar nicht erst kauft.

Hat der Verkäufer den Wagen ganzjähig genutzt?

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"Perfektes Winterauto"
Auch eine Aussage wie diese hat eine kleine Nebenbedeutung: Wer so ein Fahrzeug anpreist, hat es wohl selbst schon einige Jahre durch Schnee und Matsch geprügelt. Ein Auto muss das aushalten, schon richtig – aber wenn Sie die Wahl haben zwischen einem gut erhaltenen Gebrauchtwagen und einem, der stark (ab-)genutzt wurde, welchen würden Sie kaufen?  Richtig; und daher ist das "perfekte Winterauto" möglicherweise ein guter Kauf, aber nicht für Sie! Sie suchen bitte nach einem gepflegten Sommerauto, am besten nach einem Garagenwagen mit Scheckheft-Pflege – und die sollte auch nachgewiesen werden können.

Will man Ihnen ein X für ein U vormachen?

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"Gute Substanz zum Restaurieren"
Bei solchen Phrasen sollten Sie ähnlich alarmiert sein wie ein Hauskäufer bei dem Satz "Immobilie mit viel Potenzial". Denn indirekt heißt eine Aussage wie diese: "Es könnte eventuell mal ein schönes Auto werden, wenn ein armer Irrer ganz viel Arbeit und Geld hineinsteckt." Das ist – tja, die Wahrheit tut manchmal weh – eigentlich das Schlimmste, was man schreiben kann. Schlimmer wäre nur: "leicht zu entsorgen". "Auch der Begriff Patina wird inzwischen missbraucht", sagt Carsten Bräuer von der Dekra. Manche dieser so beworbenen Fahrzeuge seien "nicht ge-, sondern verbraucht". Auch die Floskel "benötigt etwas Zuwendung" klinge oft harmloser, als es de facto sei. Sie wollen ja weder sich zuwenden noch restaurieren, Sie wollen einsteigen und losfahren. Daher sind Sätze wie diese ein Alarmsignal und führen – hoffentlich – bei Ihnen nur zu einer Reaktion: wegklicken.

Können Sie den Reparaturaufwand zuverlässig einschätzen?

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"Riss/Beule/Roststelle vorhanden – das kriegt man aber ganz leicht wieder hin."
Wer so etwas schreibt, nimmt es nicht wirklich ernst mit Mängeln. Oder, noch schlimmer: Er verharmlost das Problem absichtlich, um den Verkäufer in Sicherheit zu wiegen. Es ist davon auszugehen, dass die Reparatur des Schadens 1000 Euro oder mehr beträgt. Sie könnten jetzt versuchen, den Anbieter schon am Telefon herunterzuhandeln – doch ein Verkäufer, der so frech taktiert, verheimlicht garantiert noch weitere Schwachstellen oder Schäden. Vorsicht, Falle! Daher lohnt es sich auch bei solchen Bastelbuden nicht hinzufahren.

Von

Roland Wildberg