E-Autos und Kälte: Heizung
Wie lange hält mich ein eingeschneites E-Auto warm?

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Bei Minusgraden verschlingt die Heizung eines E-Autos viel Strom aus dem Akku. Wie lange bleibt es warm an Bord, wenn ein Elektroauto liegen bleibt? Und wie sieht es beim Verbrenner aus?
Bild: DPA
Immer wieder passiert es, dass Autofahrer auf der Straße eingeschneit werden. Dann kann die Heizleistung des Autos lebensrettend sein. Hält die Heizung durch, oder ist nach ein paar Stunden der Akku leer, der Tank alle? Und welche Rolle spielt dabei eine Wärmepumpe?
Stefan Moeller hat das beim Elektroauto ausprobiert: Der Chef von Nextmove, Deutschlands größter Vermieter von E-Autos, schlug dafür sein Bett in einem Kia e-Niro auf. Bei minus fünf Grad Celsius stellte er das koreanische Crossover-SUV mit Elektroantrieb in den Schnee. Für eine angenehme Nachtruhe regelte Moeller die Innentemperatur auf 19 Grad.

Stefan Moeller von Nextmove übernachtete bei minus fünf Grad in einem Kia e-Niro, um die Akku-Kapazität zu testen.
Bild: nextmove.de
Der Akku des e-Niro war zu Testbeginn zu 86 Prozent geladen, die Reichweite betrug 358 Kilometer. Moeller: "Der e-Niro lieferte beim Kaltstart sofort 7 kW Heizleistung. Damit wurde es sehr schnell warm im Auto. Als der Wagen die gewünschte Temperatur erreicht hatte, half die Wärmepumpe dabei, die Heizleistung energiesparend unter 1 kW Dauerleistung zu halten. Am nächsten Morgen, neuneinhalb Stunden später, dann sein Fazit: Im e-Niro kann man tatsächlich eine Nacht bequem schlafen – oder eben dieselbe Zeit eingeschneit überstehen.
Doch viel wichtiger: Wie hat sich der Stromverbrauch für die Heizung über Nacht auf die Reichweite ausgewirkt? Ergebnis: Der Kia "verheizte" ungefähr 0,8 kWh. Die Akku-Ladung sank in der langen, kalten Nacht um zwölf Prozentpunkte von 86 Prozent auf 74 Prozent, die Reichweite reduzierte sich im Stand um 70 Kilometer (7,37 Kilometer pro Stunde). Stefan Moeller: "Im beheizten e-Niro hätte ich es also theoretisch mehr als drei Tage lang aushalten können."

Kälte macht den Elektrolyt zähflüssig, dann fließen die Elektronen langsamer. So steigt der Energieverbrauch.
Bild: The Ford Motor Company
Seine Warnung: "Bei sehr kaltem Wetter wie jetzt lieber mit etwas mehr Reserve im Akku losfahren, falls man vom Schnee überrascht wird." Man muss aber schon mit sehr niedrigem Akkustand in den Stau geraten, um tatsächlich zu frieren. Aber das gelte genauso für Verbrenner und deren Spritvorrat im Tank. Auch das Laden bei eisigen Temperaturen hat Moeller bereits getestet. Ergebnis: Der e-Niro lädt auch bei minus zehn Grad im Akku noch mit 13 kW.
Je nachdem wie groß der Akku ist und ob eine Wärmepumpe verbaut ist, sind Elektroautos somit bei einem Zwangshalt mit Minusgraden ein bis drei Tage beheizbar. Können sie damit Verbrennern das Wasser reichen?
Ein Verbrennungsmotor kann nur einen Teil der Energie im Kraftstoff zum Fahren nutzen – mehr als die Hälfte wird zu Wärmeenergie. Fürs Fahren im Winter ist das praktisch! Die Wärme geht ins Kühlsystem und kann dann als Heizquelle genutzt werden. Auch sehr niedrige Temperaturen hält man also aus, ohne gleich eine Standheizung installieren zu müssen.
Im Leerlauf verbraucht ein moderner Verbrennungsmotor nur einen Bruchteil der Energie, die fürs Fahren benötigt wird: "Ein Dieselmotor mit zwei Liter Hubraum, wie er in Mittelklasse-Limousinen verbreitet ist, benötigt etwa 0,5 bis 0,7 Liter pro Stunde", sagt ein Experte des ADAC. Bei einem Tankvolumen von 50 Litern entspricht das einer Motor-Laufzeit von fast drei Tagen – vorausgesetzt, der Tank ist voll und es laufen keine Stromfresser wie Klimaanlage, Front- oder Heckscheibenheizung, Scheinwerfer oder Radio! Denn pro 100 Watt zusätzlichen Stromverbrauchs erhöht sich der Spritfluss um 0,1 Liter. Das kann schnell einen Liter pro Stunde oder mehr bedeuten.
Beim Benzinmotor ist der Kraftstoffverbrauch höher und der Wirkungsgrad niedriger als beim Diesel. Daher liegt der Verbrauch im Leerlauf beim Benziner bei 0,8 bis 0,9 Litern pro Stunde. Somit könnte ein stehender Ottomotor mit vollem Tank ebenfalls mehrere Tage dauerhaft laufen, bis der Sprit ausgeht. Auch hier sollte man aber im Notfall darauf achten, möglichst wenige Verbraucher zuzuschalten! Bei kleinen Motoren kann die Heizleistung bei niedrigen Drehzahlen gering sein. Was ist zu tun? "Mit dem Gaspedal zu spielen, also die Drehzahl erhöhen, bringt nicht viel", erklärt der ADAC-Experte. Um das Kühlwasser zu erhitzen, sei Belastung notwendig. Das geht nicht im Stand.

2009 testete AUTO BILD die Heizleistung bei elf Modellen – das älteste, ein Mercedes 190 von 1983, kam auf Platz 2.
Bild: Ralf Timm
Daher rät der ADAC bei längeren Fahrten im Winter dazu, immer eine oder mehrere Decken mitzunehmen, um sich notfalls zusätzlich zu wärmen. Kann der Motor bei zu langem Leerlauf überhitzen? "Nein", so der Mann vom ADAC. Moderne Motoren werden elektronisch gesteuert, bei zu starker Erhitzung schaltet sich der Ventilator zu.

Eine warme Decke sollte man im Winter zur Sicherheit immer an Bord haben – egal wie weit die Fahrt geht.
Bild: Patrice Marker
Vorsicht: Bei älteren Oberklasse-Autos mit vielen Verbrauchern, etwa dem BMW 740d aus den 90ern, kann deren Stromhunger mitunter die Kapazität der Lichtmaschine überfordern. Dann geht der Motor bei leerer Batterie aus, obwohl noch Sprit im Tank ist!
Wie lange es im Auto warm bleibt, hängt vor allem vom Tank- bzw. vom Batterie-Füllstand ab. Fahren Sie deshalb bei Extrembedingungen mit möglichst vollem Tank bzw. vollen Akkus los, und nutzen Sie im Zweifel auch die Möglichkeit, den Energievorrat wieder aufzustocken!
Und etwas Ausrüstung kann auch nicht schaden: Pro Mitfahrer mindestens eine wärmende Decke ● Thermoskanne mit heißem Tee oder Suppe ● Snacks wie Müsliriegel ● Ladekabel fürs Handy – im Notfall müssen Sie vielleicht länger/häufig telefonieren! ● Stirnlampe ● Klappspaten oder Schaufel mit kurzem Stiel ● Starthilfekabel.
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