Die Hersteller treiben es zurzeit ganz schön bunt. Für die besonders sparsamen und sauberen Varianten ihrer Modelle setzen sie auf blaue Technik und grüne Linien. BlueMotion und GreenLine zum Beispiel sind Namen für besonders CO2-arme Modelle von VW und Skoda. Von fast allen Marken gibt es besonders verbrauchsoptimierte, besonders saubere, besonders günstige Typen. Gut so. Schließlich sind wir froh über jedes eingesparte Gramm CO2, das die Autos nicht in die Luft pusten. Wir freuen uns über das steigende Angebot an rundum sauberen Selbstzündern – wie beim neuen Audi Q7 Clean Diesel. Wir begrüßen moderne Technik wie den effektiven Toyota Prius und nehmen (endlich) spritzige Erdgastypen wie den Zafira CNG Turbo dankbar an.

Aber: Warum gibt es das nicht alles zusammen? Ein kleiner, günstiger Diesel, mit unter fünf Liter Verbrauch, dazu mit blitzsauberem Euro-6-Prädikat – das hat keiner im Programm. Ist doch klar: Um beispielsweise einen starken TDI auf stickoxidarme Abgase zu trimmen, braucht der Motor eine aufwendige Katalysatortechnik – teils inklusive Zusatztank für eine reinigende Harnstofflösung. Das wird teuer, wer soll das bei kleinen Modellen bezahlen? Und dem reinen Spar-Ziel steht die zusätzliche Technik (und ihr Gewicht) sowieso im Wege – wo doch allein durch Leichtbau um jeden Zehntelliter Sprit gekämpft wird. Dazu kommt, dass der Diesel grundsätzlich teurer ist – mit Nachteilen für die Gesamtkostenbilanz. Speziell die kleineren Modelle stürzen da ab. Denn was nützt der Spatzendurst eines Fiesta TDCI, wenn der erst zigtausend Kilometer fressen muss, bevor sich der Mehrpreis zu einem herkömmlichen Kleinwagen egalisiert? Wir haben die wichtigsten Öko-Parolen abgeklopft. Und festgestellt: Eine wirklich weiße Weste trägt keiner.

Das Versprechen: Öko-Modelle sind sauberer

BlueMotion, GreenLine, Econetic – die Saubermänner mit den blumigen Namen sind meist Sparvarianten mit Dieselmotor. Gut für den CO2-Ausstoß. Doch ohne aufwendige Abgasreinigungssysteme wie SCR-Katalysatoren haben die Selbstzünder einen besonders hohen Stickoxidausstoß: Sie pusten teilweise 20-mal mehr NOX (Stick- oder Stickstoffoxide, entstehen bei Verbrennungen und wirken reizend und giftig) raus als ein kleiner Benziner mit ähnlicher Leistung – ein dunkler Fleck auf der Weste der angeblichen Saubermänner (siehe Tabelle unten). Das spiegelt sich auch in der Abgasnorm wider. Das Beispiel Ford Fiesta Econetic zeigt: Mit seinen Emissionswerten erreicht der TDCI gerade die Euro-4-Norm, während der etwas schwächere Benziner in allen Abgasbestandteilen bereits fit für Euro 6 ist. Gute Vorbilder sind die Benziner mit Öko-Stempel (zum Beispiel Mercedes A 160 Blue Efficiency, BMW 116i Efficient Dynamics). Die erreichen sowohl gute NOX- als auch niedrige CO2-Werte. Dafür steigt dann wieder ihr Kohlenmonoxid-Wert (CO). Zudem schwächeln viele Öko-Modelle beim Komfort. Für eine bessere Aerodynamik werden die Spartypen oft durch kürzere Federn tiefergelegt. Dazu kommen steife Reifen mit hohem Luftdruck, die den Rollwiderstand senken sollen. Das spüren die Passagiere als hartes, stuckeriges Abrollen. Zudem drücken längere Getriebeübersetzungen die Fahrleistungen, spezielle Leichtlaufreifen verlängern die Bremswege. Fakt ist: Die Spardiesel stinken. Jedes Gramm eingespartes CO2 zählt, hier sind die Ökos vorbildlich. Aber beim Diesel kommt viel Stickoxid (NOX) aus dem Auspuff.

Das Versprechen: Öko-Modelle schonen den Geldbeutel

Skoda Fabia GreenLine
Skoda Fabia Greenline: Das Sparmodell GreenLine rechnet sich kaum.
Bild: © Michel de Vries 2008
Egal ob GreenLine oder BlueLion – Hauptsache, der Verbrauch stimmt. Grundsätzlich gilt für die Spartypen: Zusätzliche Technik (z. B. Schaltanzeige im Armaturenbrett, Leichtlaufreifen, Aerodynamik-Teile) hilft, den Verbrauch zu senken – aber mehr Ausstattung erhöht den Grundpreis. Ein entsprechend aufgerüsteter Seat Ibiza Ecomotive kostet rund 900 Euro mehr als ein gleich starker Seat TDI ohne Leichtlauf-Sparpaket. Da der Ecomotive rund 0,6 Liter weniger verbraucht, amortisiert sich dieses Ökomodell allein über die Spritersparnis also erst nach rund 140.000 Kilometern Laufleistung. Für einen Kleinwagen heißt das: Er lohnt sich fast sein ganzes Leben lang nicht. Noch schlechter schneiden die Spardiesel im Vergleich zu Basis-Benzinern einer Modellreihe ab. Rechnen wir den Skoda Fabia durch: Den günstigsten Tschechen (1.2, 60 PS) gibt’s mit vergleichbarer Ausstattung für 14.820 Euro – also für über 2500 Euro weniger als die 17.390 Euro teure Ökoversion Fabia TDI GreenLine. Immerhin: Die günstigen Prognosen für den Wiederverkaufserlös eines sparsamen Diesels relativieren die große Preisdifferenz (s. Tabelle unten), der knauserige TDI verbraucht fast zwei Liter weniger als der Benziner. Somit können wenigstens Vielfahrer die Differenz nach einigen Jahren ausgleichen. Fakt ist: Stimmt nur selten. Schlaue Technik hilft. Aber die kostet, zudem sind die Diesel grundsätzlich teurer. Nur Vielfahrer machen einen guten Schnitt.

Das Versprechen: Euro-6-Diesel sind die besten

Der dicke Audi Q7 – sauberer als ein kleiner Polo mit winzigem TDI-Motörchen? Ja. Weil das ausgefeilte Clean-Diesel-Konzept inklusive Harnstoff-Nachbehandlung das Abgas bis auf extrem niedrige Stickoxid-Werte reinigt. Damit unterbietet der 3.0 TDI Clean Diesel sogar die kommende Euro-6-Norm. Die Kehrseite: Der Verbrauch steigt – entgegen der Werksangabe! Nach unseren Messungen legt der saubere Q7 im Vergleich zum identisch motorisierten, rund 50 Kilogramm leichteren Modell um 0,6 Liter zu. Entsprechend steigt der CO2-Ausstoß. Zudem braucht die Harnstoffeinspritzung regelmäßig eine Füllung AdBlue, das erhöht den Wartungsaufwand, kostet Geld. Vom Aufpreis ganz zu schweigen: Beim BMW 330d beispielsweise kostet der Euro-6-Stempel 1190 Euro. Ärgerlich auch, wenn "sauber" grundsätzlich "sparsam" ausschließt. VW etwa lässt Kunden die Wahl: entweder Geiz (Passat TDI BlueMotion und Euro 5) oder Euro 6 (Passat Blue TDI). Beides zusammen gibt's leider nicht. Fakt ist: Alleskönner gibt es nicht. Die Blauen von Audi und Co gehören zu den saubersten Dieseln – klasse! Aber sie sind nicht die sparsamsten. Und sie sind teuer.

Das Versprechen: Die saubere Zukunft heißt Hybrid

Toyota Prius
Der Akku des Prius hilft Sprit sparen, Herstellung und Entsorgung kosten allerdings zusätzlich Energie.
Bild: Werk
Arnie fährt einen. Und Julia Roberts, Cameron Diaz und Leonardo DiCaprio auch. Einen Hybriden. Jenen Zwitter mit Benzin- und Elektromotor, der wenig verbraucht, die Umwelt schont und deswegen total angesagt ist. Erst wer weiß, wie viel Energie für Rohstofferzeugung und Recycling vor allem der Batterien draufgeht, kommt ins Grübeln. Eine amerikanische Marktforschungsgesellschaft hat es nachgerechnet. Was kostet ein Auto im Laufe seines Lebens? Die Ergebnisse (für den US-Markt 2007) überraschen. Der grüne Prius bringt es auf einen Euro pro Kilometer, beim Ford Focus fallen nur 28 Cent/km an. Wobei teurer auch mehr CO2 bedeutet. Dennoch hat der Hybrid eine Zukunft. Denn die Batterietechnik wird immer effektiver, die weitere Verbreitung senkt die Preise. So wurde der Prius II im Vergleich zum Vorjahr um knapp ein Viertel günstiger. Und inzwischen gibt es ja schon den Prius III. Fakt ist: Hybrid braucht Zeit. Die elektrische Umwelthilfe für den Verbrenner ist der richtige Weg. Es fehlt aber noch effektive, CO2-schonende Batterietechnik.

Das Versprechen: Gas ist die Lösung

Volkswagen Golf Plus BiFuel
Das günstige, aber müde Flüssiggas-Modell heißt beim Golf BiFuel.
Bild: Werk
"Ich geb Gas, ich will Spaß" diese schlichte Schlagerlyrik mag für den besungenen Maserati gelten, verkehrt sich aber bei den meisten Autos, die mit Gas betrieben werden, ins Gegenteil. Zwar kosten 100 Kilometer mit Flüssiggas kaum mehr als die Hälfte des Benzinbetriebs, wer aber Gas verbrennt, gibt den Fahrspaß beim Tanken gleich mit ab. Gas kostet nämlich nicht nur ein paar PS Leistung, sondern auch spürbar Temperament. So wirkt zum Beispiel ein Golf LPG im Alltag so spritzig wie ein Murmeltier kurz vorm Winterschlaf. Dafür wird ja die Umwelt geschont. Nur schade, dass die weiße Weste meist nicht im Fahrzeugschein vermerkt wird. Obwohl etwa der Golf LPG die Euro-5-Grenzwerte und auch den 1.6er-Benziner bei allen Schadstoffen unterbietet, wird er (wie Focus LPG, B-Klasse NGT u. a.) nur nach Euro 4 besteuert. Grund: Die Hersteller weisen keine Dauerhaltbarkeit über die geforderten 160.000 Kilometer nach. Damit entsteht entsteht Gas-Gläubigen seit dem 1. Juli zwar kein Steuernachteil mehr, doch später droht ein schlechterer Verkaufserlös. Neue Gas-Modelle mit Turbo (Opel Zafira, VW Passat) zeigen deutlich mehr Temperament. Spaß mit Gas – es geht also doch. Fakt ist: Gas kostet Temperament. Mit Gas fährt man sauber und sparsam. Allerdings oft auch spaßarm. Und viele Hersteller scheuen oft die Kosten für den Euro-5-Nachweis.

Das Versprechen: E-Autos machen keinen Dreck

Kohlekraftwerk
Auspuff eines Elektroautos: Kraftwerke können bei der Stromerzeugung CO2 freisetzen – aufs Konto von Tesla und Co.
Bild: dpa
Das weiß jeder: Wenn die E-Maschine seicht surrt, kommt hinten nichts raus. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit, der Strom muss schließlich irgendwo erzeugt werden. Bei uns passiert das zum großen Teil in Kohlekraftwerken, den Rest liefern Kernkraftwerke und Anlagen, die erneuerbare Energien erzeugen. So oder so: Auch hier wird CO2 freigesetzt, dazu kommen Verluste in den langen Stromleitungen und beim Laden der Batterie des Elektroautos. In Zahlen: Ein E-Auto, das per Strom aus dem typischen deutschen Energie-Mix tankt (rund ein Drittel aus fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas), stößt je nach Leistung des E-Motors 70 bis 100 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Das ist immer noch weniger, als die sparsamsten Diesel schaffen. Dazu kommt jedoch: Auch Kraftwerke emittieren Stickoxide. Ganz ohne Dreck geht es beim E-Auto eben nicht. Fakt ist: sauber ist relativ. Nichts zu hören, nichts zu sehen – da kann doch nichts aus dem Auspuff kommen. Von wegen. Es raucht nur an anderer Stelle.

Das Versprechen: Grün bedeutet automatisch sauber

Die grüne Plakette auf der Windschutzscheibe heißt: freie Fahrt in der Umweltzone. Daraus wird gern geschlossen: Hier kommt kein Feinstaub, kein Ruß aus dem Auspuff. Das stimmt aber leider nur theoretisch. Ein Beispiel: Den Renault Laguna 1.5 dCi gibt es gleich in zwei Versionen – einmal mit, einmal ohne Rußfilter (heißt bei Renault FAP). Laut Fahrzeugpapieren wird der Filterfreie genauso ausgelegt wie die partikelarme Version, beide Laguna sind nach der Abgasnorm Euro 4 eingestuft. Und das, obwohl der Laguna ohne Filter die Euro-4-Hürde nur knapp schafft, im Vergleich zum Auto mit Filter stößt er sogar elfmal so viel Ruß aus (Laguna 1.5 dCi: 2,0 g/km, Laguna 1.5 dCi FAP: 2,0 g/km). Nur gut, dass Renault das schwächere Rauchmodell ab Herbst 2009 nicht mehr ausliefert. Leider gibt es noch weitere Modelle (Peugeot 206+ HDi, Citroën Berlingo HDi), die trotz schwarzer Fahne am Auspuff die grüne Plakette an der Scheibe tragen dürfen. Fakt ist: Euro 4 für Stinker. Der Renault Laguna zeigt: Per Gesetz trägt der Franzose zwar die weiße Weste, doch in Wahrheit ist er ein ungezogener Raucher.

Fazit

Es war ja schon immer etwas teurer, Bio zu essen. Es ist auch immer etwas teurer, Bio zu fahren. Speziell die auf niedrigen Verbrauch getrimmten Kleinwagen und Kompakten mit Dieselmotor gibt es nur mit – teils happigem – Aufpreis. Das rechnet sich kaum. Was schlimmer ist: Zu den wirklich sauberen Typen gehören diese CO2-Verminderer nicht, speziell die höheren Stickoxid-Werte trüben den Sparerfolg. Nur wenige, noch teurere Modelle mit komplexer NOX-Entgiftung schaffen die strenge Hürde Euro 6 – und die wiederum zählen nicht zu den Knauserkönigen. Auch die Hybriden und die Gas-Alternativen rechnen sich kaum. Hier wird die weiße Weste zu einem teuren Designerstück – man muss es sich leisten können. Dass bei den Ökos jeder Typ für sich ein wichtiger Erfolg ist, soll unbestritten bleiben. Aber wirklich tragbar wird die reine Weste erst, wenn die Ökomodelle auch günstig zu haben sind.