Autos fürs Herz sehen anders aus. Nicht so hoch und kastig wie der Kia Venga, der an die alte Mercedes A-Klasse erinnert und im unscheinbaren Mokkabraunmetallic zum Dauertest antrat. "Der ist so sexy wie Ski-Unterwäsche", begrüßte Redakteur Mario Pukšec den Venga im Fahrtenbuch. Wenn dieser Sportfan nach 100.000 Kilometern umschwenkte und den Koreaner freiweg lobte, dann musste Erstaunliches passiert sein: Das Aschenbrödel entpuppte sich als der Zuverlässigste aller Kia, die AUTO BILD bisher im Dauertest hatte. Note 1 für einen Venga, der als 1.4 Vision mit Winter- und Bluetooth-Paket, Start-Stopp-System und Metalliclack bescheidene 16.710 Euro kostete. Was für ein Nacktfrosch: Der 90-PS-Basisbenziner zeigte wenig Temperament, dem Getriebe fehlt der sechste Gang, und auf Kopfsteinpflaster knarzten Cockpit und Handschuhfach schon nach 22.000 Kilometern lautstark. Dass man nach schräg vorn und hinten schlecht sieht, hat der Kia mit der A-Klasse gemeinsam.
Im Überblick: Alle Tests zum Kia Venga
Kia Venga 1.4 CVVT Vision fahrend
82 Prozent aller Venga-Käufer wählten einen Benziner. Dabei hatte der 1.6 CVVT die Nase knapp vorne.
Mehr Spaß bereitet der Innenraum. Da gibt es viel Platz, zahlreiche Ablagen, leicht bedienbare große Schalter auf der Mittelkonsole – "das seriöse Innendesign" lobte sogar Kollege Frank B. Meyer, der bislang nicht gerade als Korea-Fan in Erscheinung getreten ist.  Hinten gefiel die Vielseitigkeit des Venga. So fand die junge Familie genug Kofferraum für allen Krimskrams samt Buggy, ihren Kindersitz befestigte Fotoredakteurin Stephanie Gehrt "passgenau und wackelfrei" auf der verschiebbaren Rückbank. Je mehr der Kia im Cityverkehr fuhr, desto mehr Sympathien eroberte er mit seinem bequemen Einstieg und dem leisen Motor. Das Start-Stopp-System haben wir ausgiebig getestet: Die automatische Abschaltung an der Ampel sparte 0,17 Liter (Verbrauch: 6,26 statt 6,43 Liter). Die 300 Euro Mehrpreis rechnen sich zwar erst nach gut 120.000 Kilometern, schenken aber ein gutes Gewissen. Und Stille bei Rot.
Wie glücklich der Venga machte, hing stark von Einsatzzweck und Naturell des Fahrers ab. Während vernünftige Gasfüße mit rund sieben Litern auf 100 Kilometer auskamen, stieg der Spritverbrauch auf der Autobahn rasant an. Jenseits der 120 km/h wurde der Vierzylinder nicht nur laut, sondern auch so durstig, dass einige fürchteten, der Tank habe ein Loch. Dann dröhnte der Motor, und die Federung hoppelte über Fahrbahnfugen, als seien sie tiefe Schlaglöcher.  Noch ein Manko auf Langstrecken: Nach dem ersten Klicken der Zapfpistole passen in den Tank weitere neun Liter – falls man die nötige Geduld mitbringt. Die ewig eiligen Piloten wurden im Venga sowieso kaum glücklich: Sie fanden die Lenkung eher unsportlich, die Kupplung zu teigig und den Schaltweg in den dritten Gang zuletzt kratzig. Na und, so ein Minivan muss schließlich kein Dynamiker sein.

Bildergalerie

AUTO BILD-Dauertest
VW Touran
VW Polo IV
Kamera
Die alte Dauertest-Rangliste (2000 - 2013)
Auf unserer Wunschliste steht: Eine stärkere Klimaanlage sollte der Venga gerade wegen des größeren Innenraums bekommen. Beheizbare Außenspiegel wären nett, eine flottere Kopplung des iPhones und eine Anzeige der Kühlwasser-Temperatur wünschenswert.  Wichtiger Tipp: Beim Kauf die Parkpiepser mitbestellen. Das war's auch schon. Es gab weder Bremsbeläge zu wechseln noch Öl nachzufüllen. Und weil nichts kaputtging, wurde der Kia seinen Kritikern mit der Zeit immer sympathischer. "Gelungenes Gesamtkonzept, setzt sich optisch wohltuend von der faltigen Konkurrenz ab", stand im Fahrtenbuch. Kaum zu glauben, am Ende hat sich das Aschenputtel mit dem Einser-Zeugnis doch in die Herzen gefahren.
Wie bei allen AUTO BILD-Dauertests wurde auch dieser Testwagen nach Erreichen der 100.000 Kilometer demontiert und auf Verschleiß untersucht. Wie sich der Kia Venga in der abschließenden Inspektion präsentierte, erfahren Sie oben in der Bildergalerie. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt's im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.

Fazit

von

Joachim Staat
Davon träumt jeder Käufer: Das Auto läuft und läuft – klag­los und zuverlässig wie der Venga. Der praktische Koreaner legt im Dauertest ein Traumergebnis hin. Auch wegen seiner reduzierten Technik: Was nicht drin ist, kann auch nicht kaputtgehen. Ein Vorbild!

Von

Manfred Klangwald
Joachim Staat