Peugeot 5008: Dauertest
Der ist keine Leuchte

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Halb Kombi, halb Van, ein ganzer Franzose: Der 5008 hat alles, was ein Raumauto zum rollenden Wohnzimmer veredelt. Doch ständiges Klappern steigerte sich im Dauertest zum großen Knall.
Peugeot ist ein Familienunternehmen, das gern Nützliches baut. Dazu gehören Pfeffermühlen, Fahrräder und Autos mit drei Sitzreihen. Früher demonstrierten die Kombis 504 oder 505 Familiale ihre Sippentauglichkeit schon im Namen, die späteren Vans 806 und 807 setzten ihre Sitze eine Etage höher. Bei so viel Erfahrung mit Raumautos hatten wir große Erwartungen, als der erste Peugeot mit Doppelnull bei AUTO BILD zum Dauertest startete.

88 Prozent aller 5008-Käufer wählten einen Diesel, elf Prozent den getesteten Turbo-Benziner.
Bild: Krieger
Im Überblick: Alle Tests zum Peugeot 5008
Ein entspanntes Gute-Laune-Auto, weil der Franzose wichtige Van-Qualitäten mit Bravour erfüllte. Die Klimaanlage kühlte bestens (für große Innenräume nicht selbstverständlich), beim Rangieren und Reisen schätzten alle die hervorragende Sicht aus den großen Fenstern. Und solange glatter Asphalt mitspielte, schwebte der 5008 wie auf den sprichwörtlichen Wolken. Es stimmte im Großen, haperte jedoch im Kleinen. Becherhalter vorn? Fehlanzeige, ebenso wie Halterungen für Kleinkram im Kofferraum. Die schicke schräge Frontscheibe erzeugt nicht nur störende Spiegelungen, sondern wird unten auch nicht genug beheizt, sodass sich im Winter Eisklötze bilden, was auf Dauer die Wischerblätter ruiniert. An der Sitzlandschaft schieden sich endgültig die Geister. Wer die zweite Reihe ruck, zuck umlegen wollte, scheiterte am fummeligen Mechanismus. Hatte sich ein Familienvater aufopferungsvoll durch die Betriebsanleitung und ein Wirrwarr von Schlaufen und Hebeln gekämpft, winkte als Lohn ein sehr variables Wohnzimmer. Aber warum so kompliziert? Das machen ein Ford Galaxy oder Mazda5 eindeutig besser. Wir hakten das unter Kleinigkeiten ab. Und die Fehlermeldung "Abgassystem defekt" nach 5635 Kilometern verschwand, wenn man den Zündschlüssel abzog und neu startete. Dieser beliebte Trick gegen den Elektronikteufel half nicht, als der Motor nach 20.425 Kilometern ins Notprogramm fiel. Ohne Vorwarnung, ohne Warnlampe. Der Peugeot rumpelte zur Werkstatt, die einen defekten Steuerkettenspanner fand. Von einem "bedauerlichen Einzelfall" konnte nicht mehr die Rede sein, denn im Internet kursieren viele solcher Meldungen. Der Sympathiebonus schmolz weiter, weil die vorderen Bremsscheiben wegen eines Seitenschlags schon nach 30.885 Kilometern getauscht werden mussten. Auch im Fahrtenbuch häufte sich langsam die Kritik. "Lenkung zu leichtgängig, Rückwärtsgangsperre schwach", notierte Redakteur Frank Rosin. "Beim Rangieren ist statt des ersten oft noch der Rückwärtsgang drin." Zudem polterte die Hinterachse im unbeladenen 5008, was bei voller Besetzung wieder verschwand. Vielleicht fielen deshalb die Urteile zum Federungskomfort so gegensätzlich aus: Die einen lobten, dass endlich mal ein Franzose nicht mehr so weichgespült fährt, die anderen berichteten von Höllentouren über hinterste Landstraßen.Dabei unterhielt der Peugeot mit einem Konzert ständig wechselnder Geräusche: mal waren es die Reifen, dann ein Pfeifen von den Seitenscheiben, beides nicht gerade vertrauenerweckend. Ab etwa 50.000 Kilometern heulte immer mal wieder die Kupplung so laut, dass andere Fahrer irritiert herüberschauten. "Die wird doch nicht …?" Doch sie hielt bis zuletzt. Auch wenn der erste Gang beim Einlegen gern kratzte, bekam der Antrieb im Dauertest viel Lob. Der 1,6-Liter-Benziner erwies sich als schöne Alternative zum üblichen Diesel: souverän dank seines kräftigen Turbo-Drehmoments und damit schaltfaul zu fahren. "Ab 100 km/h geht auf der Autobahn alles im Sechsten", so Redakteur Michael Voß. Am besten reiste man mit 130 wie auf französischen Autobahnen – bei höherem Tempo kam der aufgeladene Hubraumzwerg ins Schlucken und genehmigte sich gern mal über zehn Liter. Weil der Peugeot bei AUTO BILD viel Langstrecken schrubben musste, lag der Dauertest-Schnitt am Ende bei 9,3 Litern. Da wären Selbstzünder sparsamer. Trotz solchem Durst lag die Reichweite mit dem 60-Liter-Tank noch deutlich über Pipi-Pause.
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Auf den großen Etappen störten immer wieder kleine Ärgernisse. Die Wischerautomatik etwa funktionierte nach dem Zufallsprinzip, der Regensensor ließ sich zudem nicht in seiner Empfindlichkeit einstellen. Das Navigationsgerät zeigte zwar die Reichweite mit im Bild an, arbeitete aber langsam und gewöhnungsbedürftig. Nerven wie Drahtseile verlangte schließlich die Endreinigung eines vollgekrümelten 5008 nach der Reise. Nicht nur, weil der Teppich schnell die ersten Filzwürste zeigte, im Boden lauert zusätzlich eine Unzahl von Falten, Fächern, Sicken und Absätzen. "Zur Strafe sollten Designer das Auto saugen", forderte Redakteur Boris Pieritz.
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Zur minderwertigen Stoffqualität kam die schlechte Verarbeitung. Der Peugeot verkam allmählich zur Klapperkiste. "Das Auto zerlegt sich von allein, überall fliegen Plastikteile herum", hielt Fotograf Sven Krieger fest. Das allein wäre reine Kosmetik, doch kurz vor Dauertestende zickte noch die Mechanik. Erst mussten auch die hinteren Bremsscheiben ersetzt werden, dann wurde der Ventildeckel geändert, weil der alte leckte. Die böseste Überraschung wartete am Schluss: Nach 99.036 Kilometern verkündeten schwarze Wolken aus dem Auspuff nichts Gutes. Erst wieder Notprogramm, dann musste der Abschleppwagen ran – nicht umsonst vergibt AUTO BILD für so viel Ärger die Höchststrafe von zehn Minuspunkten. In der Werkstatt fielen die Materialkosten von 127,18 Euro für eine defekte Dichtung am Turbolader und zwei Zündkerzen zwar moderat aus, doch der Schaden verhagelte der französischen Doppel-Null das Dauertest-Zeugnis: Note 4! Dieser 5008 war wirklich keine Leuchte.
Wie sich der 5008 in der abschließenden Inspektion präsentierte, erfahren Sie oben in der Bildergalerie. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt's im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.
Das sagt Peugeot ...
... zum Kettenspanner
Der Testwagen wurde im März 2010 produziert. Seit September 2010 baut Peugeot einen verbesserten Kettenspanner ein. Auch die Nockenwelleneinstellung wurde ab diesem Zeitpunkt optimiert. Seit März 2011 gibt es darüber hinaus eine verbesserte Software. Leistungsverluste können somit ausgeschlossen werden.
... zum Ausfall vor Testende
Seit Juli 2010 wird eine verbesserte Dichtung im Fahrzeug verbaut. Die defekten Zündkerzen sind auf die fehlerhaften Messwerte der Lambda-Sonde aufgrund der ursprünglichen Dichtung zurückzuführen. Das Problem ist also von technischer Seite her behoben.
Fazit
Das Konzept stimmt, sein Design weckt Sympathie – doch der 5008 scheitert an der unbedingt notwendigen Langzeitqualität. Das gilt leider für Antrieb, Fahrwerk und Elektronik. Dabei hatte Peugeot mit dieser Doppel-Null-Nummer doch Besserung versprochen.
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