Der Blick in den Rückspiegel hilft, Dinge einzuordnen. Im Mai 1989, ein halbes Jahr vor dem Mauerfall, fuhr ich meinen ersten Skoda. Einen Favorit 135 L, L wie Luxus, auf Testfahrt von Mlada Boleslav nach Hamburg. Ein Abenteuer. Die Reise, der Abstecher hinter den bereits rostenden Eisernen Vorhang, vor allem aber das Auto. Eine 1a-Möhre. Hört sich an wie Steinzeit. War es ja auch. Erst mit dem Einstieg von VW 1991 ging es mit Skoda westwärts. Heute verkaufen sie eine Million Fahrzeuge pro Jahr und greifen nach den Sternen. Ihr Flaggschiff Superb, so sagt man, sei die S-Klasse des kleinen Mannes. Wie haltbar ist so ein böhmischer Dampfer, und fährt man damit wirklich Premium zum Aldi-Tarif? 24 Monate hatten wir Zeit, Antworten zu finden. Discounterpreise, so viel steht fest, kann sich selbst Skoda nicht mehr leisten. Als Kombi mit Zweiliter-Benziner (200 PS) und reichlich Verwöhnaroma kostete unser Testwagen 41.560 Euro. Preiswert, nicht billig. Und nichts zum Protzen. Der Superb gewann zwar Vergleiche in Serie, aber wenig an Profil. Er ist eher eine stille Größe.

Bildergalerie

AUTO BILD-Dauertest
VW Touran
VW Polo IV
Kamera
Die alte Dauertest-Rangliste (2000 - 2013)
Unter dem fast fünf Meter langen Kleid steckt viel Passat- und Golf-VI-Technik, durch den Innenraum weht ein Hauch von Noblesse. Den finden einige Kollegen zwar "etwas bemüht, mit Holzleisten im Senioren-Schick", sie sind sich aber einig über die Qualität. Zum Beispiel über die langstreckenbequemen Sitze, deren Polster auch bei Testende noch so faltenfrei sitzen, als seien sie frisch mit Botox unterspritzt. Einspruch: "Nie wieder Alcantara!", schimpft Putzfee Andreas May im Bordbuch, "kriegst du nie mehr sauber." 1840 Euro, die man sich ebenso sparen kann wie die 1980 Tacken fürs DVD-Navisystem. Das heißt Columbus und sucht den Weg wohl noch mit dem Sextanten. "Auf TMC basierende Staumeldungen sind oft veraltet, Routen nicht optimal berechnet, und das Tempo erinnert mich an meinen alten Atari", schreibt Götz Leyrer. Treffend auch seine Einschätzung zum Wesen des Superb. Zitat: "Im gewissen Sinn ist er ein emotionsloses Auto. Ruft keine Begeisterung hervor, nervt aber auch nicht. Alles wirkt routiniert, selbstverständlich und sorgt so dafür, dass man sich ganz aufs Fahren konzentriert."

Im Überblick: Alle Tests zum Skoda Superb

Skoda Superb Combi
88 Prozent der Superb-Käufer wählen den Kombi, der Rest das Stufenheck.
Stimmt genau. Der Superb ist ein Reise-Riese, ein Stressaufsauger, kein Herzensbrecher. Sein Komfort ist nicht gänzlich Premium-like. Speziell die Vorderachse hoppelt hölzern über kurze Wellen. Den Ruf nach einem elektronischen Verstellfahrwerk à la Passat oder Golf hat die Mutter in Wolfsburg bislang geflissentlich überhört. Das wird möglicherweise mit dem Facelift (ab Sommer 2013) anders. Muss es. Zumal der Bursche VW richtig Spaß macht. Seit Skoda auch den Kombi anbieten darf (Anteil: 88 Prozent!) haben sich die Verkäufe mehr als verdoppelt, aktuell auf über 55.000. Und: 66 Prozent der Kunden kommen von anderen Marken, fuhren vorher keinen Skoda. Trotzdem verliert sich der Superb in Deutschland auf Platz 59 der Zulassungsliste, weit hinter A6, 5er oder E-Klasse. Als Dienstwagen haben ihn noch zu wenige auf der Rechnung. Stichwort Image.Obwohl der Kombi zu den Größten seiner Zunft zählt, könnte der Frachter mehr aus sich herausholen. Erst geht viel Platz für den Fond im Format eines Tanzsaals drauf (der Superb ist nun mal das tschechische Chauffeursauto, den fährt da jeder Oberbürgermeister), zusätzlich raubt das schräge Heck weiteren Laderaum. Da aber eine verschiebbare Rücksitzbank fehlt, ist der Stauraum – gemessen an der Länge – nicht entscheidend größer als bei einem Octavia Combi. Kollege Steiger: "Viel mehr als vier Taschen und ein Kinderwagen passen da nicht rein." Wer aber kauft so einen Jumbo-Kombi? Na klar: Familien mit kleinen Würstchen und nicht Paare, die hinten Basketball-Bohnenstangen durch die Gegend kutschieren. Haken wir schnell den Motor ab. Der Zweiliter-TSI geht sicher nicht als Traumbesetzung durch. Ja, stark ist er, ungestüm beim Beschleunigen (Achtung, schwache Traktion!) und schnell auf der Autobahn (234 km/h). Aber im Galopp auch ein talentierter Trinker (bis zu 18 Liter pro 100 Kilometer). Und weil nur 60 Liter Sprit reinpassen, sieht man den Tankwart öfter als seine Frau. Kein Wunder, dass über 80 Prozent der Kunden einen Diesel bestellen.Sprechen wir über Vertrauen. Das kannst du über üppige Garantie gewinnen (Skoda geizt wie VW, gibt nur zwei Jahre) oder über Qualität. Die Fakten: Im AUTO BILD-Dauertest über 100.000 Kilometern bleibt der Superb nicht einmal liegen, die Werkstatt sieht er nur zur Inspektion, Reparaturen sind kaum der Rede wert. Gut, darf man erwarten, ist aber noch immer eher Ausnahme als Regel. Die inneren Werte bestätigen schließlich den couragierten Auftritt während des Dauerlaufs. Bei der Zerlegung und anschließenden Analyse der Einzelteile vermasselt sich Skodas Größter nicht das Happy End. Alles im grünen Bereich. Note "Eins" – besser als der Stern aus Stuttgart, viel besser als der (alte) Bruder Passat. Spätestens jetzt hilft ein Blick in den Rückspiegel, um dieses Ergebnis richtig einzuordnen.
Wie sich der Superb in der abschließenden Inspektion präsentierte, erfahren Sie oben in der Bildergalerie. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt's im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.

Fazit

von

Tomas Hirschberger
Mehr Auto fürs Geld bietet – ja, wer eigentlich? Die Zuverlässigkeit ist eine glatte Eins. Der Komfort – okay – verbesserungsfähig, ein bisschen mehr fürs Herz wäre prima. Ansonsten einfach superb. Oberklasse – auch ohne Niere und Stern.