Smart Car, Living Space, OTA Updates – selten haben wir bei einer Präsentation so viele Anglizismen gehört wie bei der Vorstellung der Serienversion des Byton M-Byte auf der IAA 2019 (12. bis 22. September). Doch ein Blick in den Innenraum des voll elektrischen SUVs reicht, um zu verstehen, warum der chinesische Hersteller mit diesen Begriffen um sich schmeißt.

XXL-Display im Innenraum

M-Byte mit 48-Zoll-Display zum Kampfpreis
24 Smartphones oder auch sieben Tablets: So riesig ist der Bildschirm im Byton M-Byte.
Im Cockpit des M-Byte erwartet uns ein gigantisches 48-Zoll-Curved-LCD-Display! Ja, Sie haben richtig gelesen: 48 Zoll! Das ist eine Fläche von 24 Smartphones oder auch sieben Tablets. Da kann Mercedes mit dem Widescreen-Cockpit (zwei Mal 12,3 Zoll) nicht mithalten. Auch der Touchscreen für den Beifahrer im Porsche Taycan wirkt gegen diese XXL-Leinwand mickrig. Zwar handelt es sich bei dem Foto-Fahrzeug um ein Vorserienauto, was hier und da am Finish (Spaltmaße, Funktionsumfang etc.) zu erkennen ist. Abgesehen davon, entspricht es allerdings zu 100 Prozent der Serie, versichern die Byton-Verantwortlichen.

Der M-Byte kommt erst 2021 zu uns

Und die geben richtig Gas: Die Marke Byton wurde erst vor zwei Jahren gegründet, doch die Serien-Produktion des M-Byte soll noch Ende 2019 in China starten. Kleiner Wermutstropfen für die deutschen Kunden: Die ersten Fahrzeuge werden bei uns nicht vor 2021 ausgeliefert. Das Interesse am M-Byte scheint groß zu sein, weltweit liegen schon über 55.000 unentgeltliche Vorbestellungen vor.

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Touchscreen im Lenkrad

M-Byte mit 48-Zoll-Display zum Kampfpreis
Ein weiteres Highlight im Innenraum ist der Touchscreen im Lenkrad des M-Byte.
Zurück zum Innenraum: Neben dem riesigen Display hält der M-Byte noch weitere Highlights parat. Die Chinesen bringen auch den Touchscreen im Lenkrad in Serie. Im Vergleich zur Studie ist das Display von acht auf sieben Zoll geschrumpft. Zudem musste der Bildschirm nach oben verschoben werden, denn unterhalb befindet sich in der Serienversion der Airbag. Der Beifahrer bekommt sein eigenes Co-Pilot-Tablet (acht Zoll) zwischen Fahrer- und Beifahrersitz. Im aktuellen Stadium sind zwar noch nicht alle Funktionen freigeschaltet, trotzdem konnte das System im ersten Kurztest überzeugen. Das Display im Lenkrad lässt sich wie ein Smartphone bedienen. Bedeutet: vom oberen Rand nach unten ziehen, um verschiedene Schnellfunktionen wie Klima oder Ähnliches zu steuern. Im Stand lassen sich darüber hinaus auch viele weitere Systemeinstellungen und mehr direkt über das Lenkrad bedienen. Zusätzlich sind noch Knöpfe für Lautstärke, Tempomat und mehr vorhanden. Auch auf die klassischen Lenkstockhebel verzichtet der M-Byte nicht.

Das große Zentraldisplay ist frei konfigurierbar

Das riesige 48-Zoll-Display lässt sich grob in drei Sektionen aufteilen und fast komplett frei konfigurieren. Direkt vor dem Fahrer befinden sich alle relevanten Fahrinformationen wie Geschwindigkeit, Ladezustand und Restreichweite. Auch die Anzeigen für das autonome Fahren sind direkt im Sichtfeld des Fahrers. Alle weiteren Inhalte können durch verschiedene Widgets wie Navigation, Medien, Wetter und mehr frei konfiguriert werden. Der Beifahrer kann seine Bildschirminhalte über das Co-Pilot-Tablet ebenfalls frei gestalten.Bei der Bedienung setzt Byton hauptsächlich auf Touch, die ursprünglich groß angedachte Gestensteuerung wurde fürs erste auf Basic-Funktionen wie laut/leise und nächster Titel reduziert. Das kennen wir in ganz ähnlicher Form schon von BMW. Bei der Sprachsteuerung setzt Byton in Europa auf die Unterstützung von Amazon. Speziell Infotainmentangebote, aber auch Fahrzeugfunktionen könnten künftig über Alexa gesteuert werden. Da die Europa-Version des M-Byte erst 2021 an den Start geht, konnten wir die Sprachsteuerung leider noch nicht testen. In China vertraut Byton auf den Sprachassistenten von Google-Assistant-Pendant Baidu Apollo.

Natürlich immer online

Wie bei der Apple-ID wird auch Byton ein Benutzerkonto zur Personalisierung anbieten. Ein Trend, der langsam in neuen Fahrzeugen Einzug erhält. Die Software des XXL-Displays heißt Byton OS, das System beruht zum Teil auf Googles Android. Darüber lassen sich Apps und Services von Drittanbietern herunterladen und integrieren. Damit sind Dienste wie Spotify nutzbar, aber auch Netflix ist denkbar. Dafür muss der M-Byte natürlich immer online sein. Damit sind auch Updates Over-The-Air (OTA) vorgesehen. Außerdem ist ab sofort die Byton-App verfügbar. Mit ihr sollen später sämtliche Remote-Funktionen erfolgen.

Bereit fürs autonome Fahren

M-Byte mit 48-Zoll-Display zum Kampfpreis
Stark ablenkende Funktionen wie Filme schauen sind bislang nur im Stand freigeschaltet.
Ablenkung ist bei einem so hochtechnisierten Auto wie dem M-Byte natürlich ein großes Thema. Deshalb hat Byton entschieden, dass einige Funktionen wie Filme schauen nur im Stand, beispielsweise während des Ladens verfügbar sind. Hinzu gibt es auch einen extrem reduzierten Anzeigenstil, der nur die wichtigsten Funktionen anzeigt. Ein abschließendes Urteil über die potenzielle Ablenkung während der Fahrt konnten wir noch nicht treffen, da der M-Byte nur statisch getestet werden konnte. Eins ist aber auch klar: Der M-Byte ist für das autonome Fahren vorbereitet. Das wird auch deutlich, als die Entwickler davon sprechen, dass der M-Byte kein Fahrzeug ist, mit dem man von A nach B fährt, sondern eine Art Wohnzimmer sein soll, in dem man gerne Zeit verbringt. Dazu sollen sich die beiden Vordersitz in der Serie um jeweils zehn Grad eindrehen können. Der Vorteil: Der Blick von hinten auf das riesige Display ist besser und die Insassen sitzen näher beieinander. Den M-Byte wird es als Vier- oder Fünfsitzer in drei verschiedenen Ausstattungslinien geben.

Design, Batterie und Preis

Im Vergleich zur Studie wurde designtechnisch wenig verändert. Der M-Byte wurde um knapp zehn Zentimeter auf jetzt 4,86 Meter gekürzt. Der Radstand von 2,95 Metern ist allerdings gleich geblieben, was dem Raumgefühl zugute kommt: Durch das reduzierte Cockpit, den fehlenden Mitteltunnel und das riesige Glasdach wirkt der Innenraum extrem großzügig. Zudem wurden Kritikpunkte wie der etwas beengte Einstieg hinten aufgenommen und verbessert. Byton wird den M-Byte mit zwei unterschiedlichen Batteriegrößen jeweils mit Hinterrad- oder Allradantrieb anbieten. Die Reichweiten nach WLTP sollen zwischen 360 und 460 Kilometern liegen. Per Schnelllader (150 kW/h) sollen 80 Prozent Batterieladung in 35 Minuten erreicht sein. Auch wenn der deutsche Marktstart des M-Byte noch etwa eineinhalb Jahre entfernt liegt, haben die Chinesen bereits einen Preis veröffentlicht: Der M-Byte kostet in der Basisausstattung 45.000 Euro (netto). Immer mit an Bord: Das 48-Zoll-Display, der Touchscreen im Lenkrad und auch das Co-Pilot-Tablet. Das ist eine Kampfansage an die Elektro-Konkurrenz!
Jan Götze

Fazit

Trotz einiger Bedenken konnte das System des M-Byte im ersten Kurztest voll überzeugen. Die Bedienung per Touchscreen im Lenkrad funktioniert intuitiv, das riesige Display ist ein absoluter Hingucker, die Funktionen und Konfigurationsmöglichkeiten sind schier unendlich. Wie es mit der Ablenkungsgefahr aussieht, kann nur ein Test auf der Straße zeigen. Der angepeilte Preis von 45.000 Euro netto ist eine Kampfansage und liegt fast 20.000 Euro unterhalb eines vergleichbaren Mercedes EQC.